Spannende Sozialstudien aus Balkonien
Gefiederte Charaktere: Von Einzelgängern und geselligen Zeitgenossen
Ich habe die Soziologie als neues Hobby entdeckt. Allerdings steht nicht der Mensch im Mittelpunkt meiner Charakterstudien, sondern eine wesentlich interessantere Spezies: die Vögel. Meine Feldforschungen beschränken sich zwar auf die Futterstelle am heimischen Balkon, doch das reicht für jede Menge spannende Beobachtungen.
Das Sozialverhalten der Piepmätze ist nämlich höchst unterschiedlich: Während die Rotkehlchen meist als Einzelgänger auftreten, lassen sich bei den Spatzen geradezu gruppendynamische Prozesse beobachten. Als kleine Charakterköpfe haben sich wiederum die Meisen erwiesen.
Ein kleiner Pedant ist der Specht: Er pflegt das immer gleiche Verhaltensmuster und fliegt die Futterstelle nur von einer ganz bestimmten Position auf dem Balkongeländer an. Wesentlich unkonventioneller ist da der Kleiber. Er kommt in jeder Lage zurecht und hängt auch gern mal über Kopf ab. Fast immer paarweise erscheint der Gimpel: Herrn und Frau Dompfaff schmeckt es offenbar am besten, wenn sie gemeinsam dinieren.
Bei den Bachstelzen wiederum besteht Nachholbedarf in Sachen Sozialverhalten: Sie stänkern gern und vertreiben andere Vögel von der Futterstelle, obwohl es für alle reicht. Ganz anders der Kernbeißer: Er futtert in trauter Eintracht neben Spatz und Meise und erweist sich als äußerst gesellig.
Erstaunlich, welche unterschiedliche Charaktere Vögel doch haben können. Die bisherige Erkenntnis meiner Studie: Vögel sind eben auch nur Menschen.
Jörg Dammann
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