"Man muss an Wunder glauben"
Gelähmt nach Pool-Sprung
Christian Stern (30) kämpft um ein selbständiges Leben
tp. Stade. „Ihr Sohn wird immer ein Beatmungspatient bleiben“ - mit Schrecken erinnert sich Sabine Atas (47) an die aussichtslose Prognose einer Ärztin für ihren Sohn Christian Stern (30), der nach einem Unfall querschnittsgelähmt ist. Doch heute, elf Monate nach dem Unglück, hat Christian große gesundheitliche Fortschritte gemacht, löst sich aus der Obhut seiner Mutter, die ihm seit dem Unglück Tag und Nacht zur Seite steht, und plant den Umzug in eine eigene Wohnung.
Wie das WOCHENBLATT berichtete, sprang Christian Stern bei einer leichtsinnigen Aktion von einem Trampolin kopfüber in einen Pool, brach sich die Halswirbelsäule, kam - vom Kopf abwärts gelähmt - per Hubschrauber in eine Hamburger Spezialklinik. Nach Abschätzung der Ärzte sollte Christian Stern nie wieder selbständig atmen noch sprechen oder Nahrung zu sich nehmen können - ein Desaster für den lebensfrohen jungen Mann, der Sport liebte und gerne viel unterwegs war.
Das Unglück brach ausgerechnet über die Familie herein, als Christian sein Leben neu geordnet hatte: Er war in der Jugend an falsche Freunde und mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Gerade hatte der handwerklich begabte Lagerist einen Praktikumsplatz als Verputzer mit der Aussicht auf Festeinstellung.
Im Klinikbett erlebte Christian den krassen Kontrast zu seinem alten Leben: unbeweglich, stumm, den Kopf voller dunkler Gedanken. „Ich wollte nicht mehr leben“, sagt Christian Stern. In seiner Not versuchte er, seine Zunge zu schlucken und durch eine Kopfbewegung den Beatmungsschlauch abzudrücken, um Ersticken herbeizuführen. „Ich bat meine Mutter um Sterbehilfe“, sagt Christian Stern. Doch sie dachte nicht daran. „Du musst kämpfen“ - diesen Satz trichterte Sabine Atas ihrem Sohn ein. Täglich fuhr sie von Stade in die Hamburger Klinik, um ihren „Krischan“ zu sehen. „Ich lieh mir Geld für die Fahrkarten“, sagt Sabine Atas, die allein steht, von Sozialleistungen und einem Minijob lebt.
Mithilfe von Ärzten, Logopäden und Physiotherapeuten lernte Christian wieder sprechen, befreite sich von der Beatmungsmaschine und Schläuchen zur künstlichen Ernährung.
Dank der Unterstützung seiner Mutter, Seelsorgern und Psychologen besiegte er seine Depressionen. „Doch wegen der hohen nervlichen Belastung gab es auch Krisen“, erinnert sich Sabine Atas. „Oft lief ich weinend aus dem Krankenzimmer.“
Mutterliebe siegte: Nach der Reha holte Sabine Atas Christian zu sich in ihre kleine Wohnung, wo zwei weitere Geschwister (16 und 17) leben. Unterstützung bei Christians täglicher Pflege - von der Lagerung bis Essen eingeben - bekommen Mutter und Geschwister von Pflegern und dem guten Freund der Familie, Hans-Heinrich Behrmann (61).
„Viel Kraft geben mir meine drei Töchter“, sagt Christian Stern. Von den beiden Müttern der Mädchen lebt er zwar getrennt, doch so oft es geht besuchen Leonie (9), Amelie (3) und Jo-Anne (2) ihren Vater, den sie als starken Kämpfer erleben.
Auch die Freundschaft zu dem Hamburger Popsänger Mehrzad Marashi (32), bekannt durch „Deutschland sucht den Superstar“, gab Christian Aufwind. Mehrzad besuchte Christian zu Weihnachten und stellte ihm aus seiner Stiftung „Himmelswünsche“ eine Rollstuhlrampe und ein internetfähiges Laptop mit Sprachsteuerung zur Verfügung.
Christian Stern hat sich an einen Elektro-Rollstuhl gewöhnt. Er findet langsam in den Alltag zurück und hat sich ein hohes Ziel gesteckt: „Ich will selbstständig werden und in eine eigene Wohnung ziehen.“
• Christian Stern sucht eine ebenerdige Wohnung in Stade. Kontakt: Tel. 0157 - 80658763.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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