Gemeinsam durch dick und dünn: Erste Adipositas-Selbsthilfegruppe im Landkreis Stade
lt. Stade. Im wahrsten Wortsinn durch "dick und dünn" sind Steffanie Suhr (46) aus Drochtersen-Assel und Heidi Dankers-Kloth (54) aus Deinste während ihrer langjährigen Freundschaft schon gegangen. Die beiden Frauen verbindet eine oftmals unterschätzte Erkrankung und Essstörung: die so genannte Fettsucht. Und weil die Freundinnen wissen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind, gründen sie jetzt die erste Selbsthilfegruppe für Menschen mit Adipositas (extremes Übergewicht, siehe Kasten) im Landkreis Stade.
"Wir wünschen uns den Austausch mit anderen Betroffenen und wollen vermitteln, dass niemand allein gegen seine Fettsucht kämpfen muss", sagt Steffanie Suhr. Sie hat Heidi Dankers-Kloth in einer Selbsthilfegruppe in Harburg kennengelernt und diese schließlich auch geleitet, doch der Weg sei auf Dauer einfach zu weit gewesen.
Sowohl Heidi Dankers-Kloth als auch Steffanie Suhr wogen schon in jungen Jahren immer mehr als andere und haben eine jahrzehntelange Abnehm-Odyssee hinter sich. Der Heißhunger auf Süßes und Fettiges war aber immer wieder stärker als der Wille, abzunehmen.
Steffanie Suhr brachte zu Hochzeiten bei einer Körpergröße von 1,67 Meter knapp 200 Kilo auf die Waage. Mit Kleidergröße 68 bekam sie immer wieder verletzende Sprüche zu hören, sagt die Bürokauffrau. Einmal sei sie sogar zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden, weil der Chef sehen wollte, ob sie "wirklich so dick sei, wie auf dem Bewerbungsfoto".
Zu den psychischen Belastungen kamen auch zahlreiche körperliche Beschwerden. Bluthochdruck, Diabetes, beginnende Inkontinenz, Knieprobleme und schmerzende Wassereinlagerungen. Auch Steffanie Suhrs Kinderwunsch blieb unerfüllt.
Heute wiegt die lebenslustige Frau ca. 128 Kilo und schafft im Schwimmbad sogar eine Unterwasser-Rolle. "Mein Ziel ist der Uhu", sagt Steffanie Suhr. Also auf unter hundert Kilo zu kommen.
Geschafft hat sie die enorme Abnehm-Leistung auch mit Hilfe eines Magenbypasses. Die OP veränderte vor sieben Jahren ihr Leben. Ihr neuer kleiner Restmagen kann gar nicht die Mengen aufnehmen, die sie früher gegessen hat.
Dennoch ist sie nach wie vor eine "Naschkatze", sagt Steffanie Suhr und muss den Kampf gegen die Sucht immer wieder neu aufnehmen. "Der Kopf wird ja nicht mitoperiert".
Auch Heidi Dankers-Kloth hat sich vor sieben Jahren den Magen verkleinern lassen und seitdem von 172 Kilo auf knapp 95 Kilo abgespeckt. Sie litt zuletzt unter großen Schmerzen, weil sie drei Bandscheibenvorfälle hatte und kaum noch laufen konnte.
Die Entscheidung, sich operieren zu lassen sei beiden nicht leicht gefallen und definitiv kein Allheilmittel gegen Adipositas, betonen die Freundinnen. Dennoch seien mit dem Schritt endlich die Pfunde ins Rollen gekommen und die Lebensqualität wieder erheblich besser geworden.
"Neben mir ist in der S-Bahn nun endlich wieder ein Platz frei und ich kann sogar meine Beine wieder übereinander schlagen", sagt Steffanie Suhr. Zusammen mit Heidi Dankers-Kloth will sie anderen Betroffenen nun Mut machen und eine Plattform zum Austausch bieten. Auch Angehörige sind in der Selbsthilfegruppe willkommen.
• Das erste Treffen der Adipositas-Selbsthilfegruppe, die mit Unterstützung der Selbsthilfekontaktstelle KIBIS des Paritätischen in Stade gegründet wurde, ist am Donnerstag, 17. August, von 19 bis 21 Uhr im barrierefreien Gemeindehaus der Johannisgemeinde Stade, Sandersweg 69. Das nächste Treffen findet am Donnerstag, 31. August, an gleicher Stelle statt. Kontakt: shg-adipositas-stade@web.de oder über Facebook (SHG Adipositas Stade)
Was ist Adipositas?
Bei der Adipositas (lat. adeps „Fett“), Fettleibigkeit oder Obesitas (selten Obesität), umgangssprachlich auch Fettsucht, handelt es sich um eine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit mit starkem Übergewicht, die durch eine über das normale Maß hinausgehende Vermehrung des Körperfettes mit krankhaften Auswirkungen gekennzeichnet ist. Nach der WHO-Definition liegt eine Adipositas ab einem Bodymassindex (BMI) von 30 kg/m² vor. Ursachen sind u.a. zu viel und falsche Ernährung einerseits sowie zu wenig Bewegung (Energieverbrauch) andererseits.
• Der Bodymassindex lässt sich einfach berechnen z.B. unter <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://www.bmi-rechner.biz">www.bmi-rechner.biz</a>
Redakteur:Lena Stehr |
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