Kofferradio statt Smartphone und Spotify
Helmster erinnert sich an Radtour in den 60ern: Radio mit Dynamo-Antrieb
(jd). "Wellenrauschen statt Radio Luxemburg": So war der Artikel betitelt, in dem der Stader WOCHENBLATT-Redaktionsleiter Jörg Dammann in der vergangenen Samstags-Ausgabe an die gute alte Zeit des analogen Radios erinnert hatte. In seiner Jugendzeit war an Internet-Surfen noch nicht zu denken. Stattdessen ging es mit dem großen Drehknopf auf Sendersuche quer durch die Kanäle von Mittel- und Kurzwelle. Mit dem Artikel war ein Aufruf verbunden: Welche Erlebnisse hatten Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit Ihrem Radio aus Jugendzeiten? Es gab einige Einsendungen. Eine kleine Zusammenschau werden wir in der kommenden Samstags-Ausgabe präsentieren. Einen kleinen Vorgeschmack bietet der Bericht von Reiner Klintworth.
Der Rentner aus Helmste erinnert sich an eine Radtour, die er mit seinem Freund Günther aus Stade-Wiepenkathen im Sommer 1967 unternahm. Die beiden 17-Jährigen beschlossen, in den Ferien Schleswig-Holstein mit dem Fahrrad zu erkunden. Praktischerweise besaß der Freund einen Fahrradanhänger, sodass das Gepäck für eine solche große Tour problemlos verstaut werden konnte. Der Anhänger diente aber noch einem anderen Zweck: Er sorgte für die musikalische Unterhaltung.
"Einen Walkman oder Ähnliches gab es ja noch nicht. Da hatte Günther, der sich in der Lehre als Radio- und Fernsehtechniker befand, eine glorreiche Idee", berichtet Klintworth. Günther installierte am Anhänger eine Halterung für ein Radio vom Typ "Nordmende Stradella". Das kleine Kofferradio des Bremer Herstellers war ein typisches Modell der sechziger Jahre: Das Gehäuse aus Sperrholz gefertigt und mit schwarzem oder braunem Kunstleder bezogen. Die Stromversorgung erfolgte mittels eines Dynamos, der an einem der beiden Reifen des Anhängers befestigt war.
Dass die beiden jungen Leute die Energie höchst umweltfreundlich mit eigener Muskelkraft erzeugten, lag aber nicht an einem besonderen Umweltbewusstsein: "Als Lehrlinge verdienten wird rund 120 D-Mark im Monat und Batterien für das Radio waren teuer", so Klintworth. Wenn sie an der Ampel standen, war die Musik weg. "Beim Anfahren jaulte der Lautsprecher erst ein wenig, bis er genug Strom bekam und dann wieder einwandfrei funktionierte."
Das Radler-Duo scheute trotz Anhänger keine Steigungen. Die beiden Jugendlichen erkundeten die Holsteinische Schweiz, um schließlich in Haffkrug an der Lübecker Bucht ihr Quartier aufzuschlagen. Das Radio leistete auf der Tour gute Dienste.
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