Extreme Witterungsverhältnisse schuld
Im Landkreis Stade verhungern die Jungstörche
jab. Landkreis. Mindestens zwölf Jungstörche sind im Landkreis Stade in den vergangenen Wochen verhungert. Diese schreckliche Nachricht teilte das Naturschutzamt des Landkreises Stade mit. Doch woran liegt es, dass ausgerechnet in einem Jahr, in dem die Zahl der Storchenpaare gestiegen ist, so viele Tiere verenden? Das WOCHENBLATT fragte bei dem ehrenamtlichen Storchenbetreuer Gert Dahms nach.
Insgesamt zwölf Tiere verendet
Das Jahr für die Störche begann im Landkreis zunächst gut. Rund 70 Storchenpaare haben ihre Nester bezogen. Damit sei die Zahl zum vergangenen Jahr um 15 Paare gestiegen, sagt Naturschutzamtsleiter Dr. Uwe Andreas. Doch bereits Ende Juni schlug der Storchenbetreuer Dahms Alarm beim Naturschutzamt. Regelmäßig kontrolliert Dahms die Nester der Störche bzw. hält Kontakt zu den Grundstückseigentümern, die ihm Auffälligkeiten mitteilen. Auch um verletzte Tiere kümmert er sich, damit sie fachkundig versorgt werden. In Stadermoor, Drochtersermoor und Barnkrug, aber auch in Mulsum und Bliedersdorf kam jede Hilfe zu spät. Hier wurden zunächst neun tote Jungtiere gefunden. Dahms sagt, dass es sich bei ihnen um drei bis vier Wochen alte Vögel handele. Diese hätten normalerweise gute Überlebenschancen.
Inzwischen wurden noch drei weitere Jungtiere im Horst am Naturkundemuseum Natureum Niederelbe in Balje gefunden. Und die Zahl der toten Tiere könnte auch noch weiter steigen. Zwar seien nun fast alle Nester kontrolliert, sagt Dahms. Doch eine endgültige Zählung der Jungtiere unternimmt er erst, wenn sich die Störche im August in Richtung Afrika aufmachen.
Zwei der gefundenen toten Störche wurden im Auftrag des Veterinäramtes beim Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) untersucht. Das Ergebnis: Die Jungvögel sind offenbar verhungert. Neben bakteriellen Befunden diagnostizierte der Veterinär „vollständige körperliche Auszehrung“ und „typische morphologische Befunde des Verhungerns“. Wie kann das sein?
Erst Kälte, Starkregen und dann die Trockenheit
"Wenn wir das wüssten", sagt Dahms. Er vermutet, dass der Mai zu kalt und zu nass war, was die Tiere ohnehin geschwächt haben könnte. Die Nester hatten keine Möglichkeit, richtig zu trocknen. Danach folgte die Trockenheit, die das Futterangebot für die Störche reduziert hat. Ende Juni gab es dann noch einen Tag, an dem es ausschließlich und zum Teil stark geregnet hat. Das könnte den geschwächten Tieren zusätzlich zugesetzt haben. Dahms Vermutung wird auch von Naturschutzamtsleiter Andreas gestützt: „Die Befunde zeigen, dass es für die Jungstörche gerade unter extremen Witterungsverhältnissen an Nahrung wie zum Beispiel Fröschen gefehlt hat. Ursache dafür ist vor allem der Verlust von Feuchtwiesen und Gewässern in der Landschaft.“ Auch im Rest Niedersachsens werden Meldungen über tote Jungstörche mit ähnlichen Symptomen bekannt.
Zahl der Paare steigt stetig
Im Jahr 1934 gab es eine landesweite Erhebung der Weißstorchpaare unter der Leitung von Dr. Hugo Weigold (Landesmuseum Hannover) mit beachtlichen Zahlen: Im Landkreis Stade gab es zu dieser Zeit noch 336 Storchenpaare, die 802 Jungvögel aufzogen. Der Brutbestand sank bis 2001 auf den tiefsten Stand seit über hundert Jahren: Nur 14 Brutpaare kamen in den Landkreis. Erst seit 2011 erholte sich der Storchenbestand und nimmt kontinuierlich zu. 2020 wurden 55 Brutpaare und 113 Jungstörche gezählt.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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