Im Reich der Mitte den Fußballtraum erfüllt
Benjamin Duray (39), Ex-Coach von Drochtersen/Assel und VfL Stade, ist Profi-Trainer in China: "Ein besonderer Markt - auch im Sport"
(tp). Dieser Karriereschritt war ein Volltreffer in der bewegten Laufbahn des Fußballtrainers Benjamin Duray (39). Der frühere Coach des VfL Stade und der Co-Trainer der SV Drochtersen/Assel (D/A) ist jetzt für den deutschen Bundesligisten FC Schalke 04 in China auf sportlicher Mission. In der südchinesischen Großstadt Qinhuangdao am Fuße der Chinesischen Mauer trainiert er die Jugend-Elf des Kooperationspartners von Schalke 04, den Erstliga-Club CFFC China Fortune Hebei. Für Duray ist die Vollprofi-Stelle ein Traumjob, der nicht nur auf sportlicher Ebene "den Horizont erweitert".
Neben seiner Ausbildung zum Justizfachangestellten beim Stader Amts- und Landgericht und dem anschließenden Besuch der Fachoberschule Wirtschaft an den Berufsbildenden Schulen in Stade investierte der aus Bremervörde-Hesedorf stammende, ledige Duray, der in seiner Jugend begeisterter Kicker bei Concordia Hesedorf war, viel Zeit und Kraft in seine Karriere als Coach: Trainer-Stationen waren unter anderem beim TuS Heeslingen, D/A in Kehdingen, VfL Stade, Rotenburger SV, Hallescher FC und TSG Neustrelitz. Mit Stolz erinnert er sich an einen "sensationellen Erfolg" als Trainer der Ersten Herren des VfL Stade im Juni 2011: Am letzten Spieltag gelang der Klassenerhalt in der Landesliga Lüneburg.
Als Schalke im Jahr 2017 die Trainerstelle für die U15-Mannschaft in der Nachwuchsakademie Qinhuangdao ausschrieb, bewarb sich Duray mit Erfolg und kündigte dafür seinen alten Job als Sport- und Biologielehrer in Bremerhaven. "Wir sollen in Qinhuangdao ein Nachwuchsleistungszentrum aufbauen", sagt Duray, der seit April im Reich der Mitte ist und mindestens bis Frühjahr 2019 in der 2,9-Millionen-Einwohner-Metropole bleiben wird.
"Die jungen Spieler trainieren hier alle unter Profibedingungen und leben auf einem Riesen-Campus. Die Schule wird den Trainingszeiten angepasst. Meine Hauptaufgabe ist - neben der Trainertätigkeit - der Aufbau von Strukturen", sagt Duray. Dabei gehe es um die Professionalisierung von Abläufen und die Ausbildung von Trainern. Das Hauptaugenmerk liege aber auf der fußballerischen Ausbildung der Kinder und Jugendlichen. China ist derzeit ein boomender Markt: Seit die Sponsoren ihre Geldbörsen geöffnet haben, sind zahlreiche Fußballstars zum Teil von europäischen Spitzenklubs ins Reich der Mitte gewechselt. Der Brasilianer Oscar, der Italiener Graziano Pelle oder Axel Witsel (WM-Dritter mit Belgien), der derzeit mit Borussia Dortmund in Verbindung gebracht wird, haben bestens dotierte Verträge erhalten. Nun gilt es, den Unterbau zu errichten und die chinesische Jugend an internationales Niveau heranzuführen.
"Es gefällt mir gut in China, und für die persönliche Entwicklung und auch die berufliche Perspektive halte ich so ein Projekt für absolut gewinnbringend", sagt der Vollblut-Fußball-Coach, der das Trainer-Gen von seinem Vater Rainer Duray geerbt hat, der seinerzeit den TSV Byhusen bis in die Landesliga führte.
In der Stadt Qinhuangdao seien die Menschen "sehr freundlich, aber nur wenige verstehen Englisch". Auf dem Trainingsplatz steht Benjamin Duray daher der Dolmetscher David zur Seite.
"Die Sportler sind alles liebe Kinder. Sie sind von der Mentalität ruhiger als gleichaltrige Deutsche", berichtet Duray. "Allgemein sind die Kulturen sehr unterschiedlich", sagt der Norddeutsche. Besonders das Essen berge hin und wieder Überraschungen: "Es gibt Speisen, die ich noch nie gesehen oder gegessen habe. Es wird alles verwertet." In der Regel aber seien die Mahlzeiten aus viel Gemüse, Reis, Fleisch, Fisch und Obst "sehr gut und gesund".
Durays Arbeitstag beginnt um 8.30 Uhr mit dem Trainer-Meeting. Es folgen Aufbau auf dem Sportplatz, Training, Büroarbeit, gemeinsames Abendessen im Trainerteam in der Mensa und das Abend-Training. Erst um 21 Uhr ist Feierabend.
Gespielt wird am Sonntagmorgen. "Wenn wir ein Auswärtsspiel haben, reisen wir schon am Freitag an, trainieren am Samstagmorgen vor Ort, haben tagsüber ein Vorbereitungstreffen mit allen Offiziellen aus dem Verband sowie den Schiedsrichtern und Trainern. Es wird versucht, den Spielbetrieb sehr professionell aufzuziehen mit Nationalhymne und Einlaufmusik - ähnlich wie bei einem internationalen Spiel in Deutschland", lobt Duray die optimalen sportlichen Bedingungen in China.
"Zum Vergleich mit Deutschland spielen wir hier in der U15 volle 90 Minuten anstatt 70 Minuten." Der chinesische Fußball stecke aber besonders im Nachwuchsbereich noch in den Kinderschuhen. "Liga-Systeme werden erst aufgebaut. Fußball wird in der Schule als Unterrichtsfach eingeführt - das aber alles so professionell wie möglich."
Das riesige Akademiegelände - dort sind auch andere olympische Sportarten vertreten - sei besser als fast alle Anlagen der deutschen Nachwuchsleistungszentren. "Wir deutschen Trainer wohnen nebenan in einem Apartment-Hotel an der Küste", so Duray. Seine knappe Freizeit verbringt er gerne mit Kollegen am Strand oder versucht, etwas vom Land zu sehen. "Peking ist zwei Stunden mit dem Zug entfernt. Wenn man sich hier eingelebt hat und weiß, wie gewisse Dinge funktionieren, kommt man hier schon gut zurecht. Was die Hilfsmöglichkeiten von Apps und Handy angehen, sind die Leute hier deutlich weiter als in Deutschland", hat Duray festgestellt.
Insgesamt empfindet er seinen Einsatz in China als "absolute persönliche Bereicherung. Prinzipiell habe ich nicht den Eindruck, dass ich arbeite. Und das ist ein fantastisches Gefühl. Von daher hat sich ein Traum erfüllt. Ich wollte schon immer als Trainer die Welt bereisen."
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.