In den heiligen Schrauber-Hallen
Heaven's Gate Garage - die Rolls-Royce-Schmiede mit Welt-Renommee im Dörfchen Brest / Unternehmens-Chef: "Edel-Karossen nicht nur für Reiche"
tp. Brest. Klassisch, britisch, edel, extravagant? Ja. Ein Auto nur für Reiche? Nein. „Einen gebrauchten Rolls-Royce gibt es durchaus schon für 10.000 Euro“, sagt Automobil-Enthusiast Claus Felix Erbrecht (66) und widerlegt ein Vorurteil gegenüber der Luxusmarke. Der Kenner betreibt - von der lokalen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen - im Dörfchen Brest bei Harsefeld die in weit und breit einzige Reparaturwerkstatt für betagte Nobelkarossen von Rolls-Royce und Bentley. In den heiligen Schrauberhallen seiner "Heaven's Gate Garage" lassen Besitzer aus aller Herren Länder ihre rollenden Schätzchen instandsetzen. Gleichzeitig floriert Erbrechts Ersatzteilhandel für die beiden Luxusmarken, der in ganz Europa weitgehend konkurrenzlos ist.
Aus Begeisterung für die Technik schaffte sich Claus Erbrecht 1978 seinen ersten Bentley an. „Seitdem hält die Begeisterung und die Faszination für diese Autos an“, sagt der studierte Germanist. Jahre später erstand Erbrecht seinen ersten Rolls-Royce, einen Ex-Leichenwagen, Typ Phantom III, Baujahr 1937. Der Oldtimer mit bewegter Geschichte befindet sich noch immer in seinem Besitz. Der Wagen ist allerdings seit 15 Jahren in seine Einzelteile zerlegt, denn fürs Basteln am eigenen Fahrzeug hat der aus Hamburg stammende Unternehmer, der früher mit einer Rundfunk- und Fernsehwerkstatt selbständig war, kaum Zeit. Das aus gut zehn Mitarbeitern bestehenden Team ist mit internationalen Aufträgen ausgelastet. Auf dem Hof warten Kundenfahrzeuge mit klangvollen Namen wie Rolls-Royce Silver Dawn, Silver Cloud und Silver Shadow mit dem markanten glänzenden Edelstahl-Grill samt der weltbekannten Kühlerfigur "Spirit of Ecstasy" auf die Reparatur und Wartung.
„Das hatte ich so alles gar nicht geplant“, sagt Claus Erbrecht und blickt auf die Anfänge vor drei Jahrzehnten zurück. Seinerzeit suchte der inzwischen geschiedene Familienvater für seine stattliche Autosammlung mit 16 Fahrzeugen ein neues Domizil. Die Garagenmiete in der teuren Großstadt Hamburg verschlangen fast seine gesamten Monatseinkünfte. Erbrecht richtete die Antennen aufs Umland und wurde im beschaulichen Brest fündig. Mit viel Eigenleistung und einem Haufen Kapital baute er die rund 100 Jahre alte Ex-Bahnhofsgaststätte "Zum Lerchenhof" von einer Ruine zur Heaven's Gate Garage mit Lager und darüber liegender Wohnung um.
Per Mundpropaganda wuchs der überwiegend männliche Kundenstamm, zu dem nicht nur Barone und wohlhabende Unternehmer zählen, stetig an. Erbrecht weitete seine Firma um diverse Nebengebäude, unter anderem einen Stall, aus. Erbrecht könnte weiter expandieren, denn die Auftragslage ist gut. Doch die Knappheit an geeignetem Werkstattpersonal setzt ihm Grenzen: Heutzutage wolle kaum ein Kfz-Mechatroniker die voller Überraschungen und und immer neuer Herausforderungen steckende Schrauberarbeit machen. Die gehen lieber in die Industrie oder in moderne Kfz-Werkstätten, wo Computer bei der Fehleranalyse helfen und defekte Teile größtenteils einfach ausgetauscht statt repariert werden.
Der passionierte Kfz-Mechaniker Christoph Topel (25) und Erbrechts Sohn Kolja (30), der das Geschäft übernehmen wird, hingegen können sich kaum etwas schöneres Arbeit vorstellen als in der Heaven's Gate Garage unter der Hebebühne zu stehen: Wer kann schon von sich sagen: "Ich bin täglich im Schrauberhimmel." (tp). Carl Erbrecht hat die Zehn Gebote für Rolls-Royce- und Bentley-Jünger verfasst - darin heißt es: "Wenn Sie ein Ersatzteil- oder eine Reparaturrechnung bezahlen müssen, denken Sie daran: 99 Prozent der Autos, die zeitgleich mit Ihrem Silver Shadow gebaut wurden, sind längst zu Bierdosen verarbeitet worden." Und: "Glauben Sie nicht, dass es Ihr Selbstbewusstsein hebt, wenn Sie ein solches Auto fahren - Sie sollten eine gute Portion davon mitbringen, um neben Ihrem Rolls-Royce noch sichtbar zu bleiben." Zehn Gebote für PS-Jünger
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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