Umweltminister Meyer kam selbst an die Lühe
Jetzt gibt es endlich Geld für die Geschädigten der Lühe-Flut
Jetzt ist per Amtsblatt offiziell verkündet, worauf die Betroffenen der Lühe-Flut vom Mai 2022 seit fast anderthalb Jahren gewartet haben: Sie sollen endlich eine Entschädigung des Landes Niedersachsen erhalten. Immer wieder waren die Geschädigten vom Land vertröstet worden. Erst mussten sie auf den Gutachter warten, dann auf die Bereitstellung von einer Million Euro für die Schadenersatzzahlungen und schließlich auf die Verkündung der sogenannten Billigkeitsrichtlinie im Ministerialblatt des Landes. Erst mit Inkrafttreten dieser Richtlinie können Gelder freigegeben werden. Immerhin: Der zuständige Umweltminister Christian Meyer (Grüne) kam an diesem Freitag an die Lühe, um persönlich die frohe Kunde zu überbringen, dass die Betroffenen in Kürze Geld erhalten. Nach Ansicht von Stades Landrat Kai Seefried dauerte das alles viel zu lange.
Meyer war ohnehin Richtung Elbe unterwegs, um in Cuxhaven am Festakt zum 20-jährigen Bestehen des Havariekommandos teilzunehmen. Später stand noch ein Gespräch zum Thema Wolf im Stader Kreishaus an. Da passte ein Abstecher an die Lühe in den Zeitplan. Der Minister hatte beim Termin im Rathaus in Steinkirchen die Leiterin der Betriebsstelle Stade des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) dabei. Der NLWKN hatte das Ganze seinerzeit verbockt: Zahlreiche Keller und Teile von Gebäuden standen am 28. Mai 2022 unter Wasser, weil die Tore des Lühe-Sperrwerks nicht rechtzeitig geschlossen wurden (das WOCHENBLATT berichtete mehrfach).
Sperrwerkswärter soll keine Meldung erhalten haben
Für das Sperrwerk ist die Landesbehörde zuständig. Angeblich hatte der zu Hause weilende Sperrwerkswärter damals keine Nachricht erhalten, dass das Hochwasser bedrohlich ansteigt. Es handele sich um einen technischen Fehler und nicht um menschliches Versagen, erklärte der NLWKN und dessen Sprecher raunte geheimnisvoll: "Die Sachverhalte, die zur verspäteten Schließung geführt haben, liegen komplexer, als es sich alle Beteiligten wünschen." Die Rede war von Störsignalen bei der telefonischen Meldekette. Zwischenzeitlich ermittelte sogar die Staatsanwaltschaft gegen den Sperrwerkswärter, stellte das Verfahren aber mangels hinreichenden Tatverdachts ein. Er war nicht nachzuweisen, ob der Sperrwerkswärter Anrufe erhalten hatte oder nicht. Grund dafür soll u.a. das hohe Alter des eingesetzten Handys gewesen sein.
Lesen Sie hier alle Artikel zum Thema "Lühe-Flut"Im Rathaus der Samtgemeinde Lühe in Steinkirchen erläuterte der Minister jetzt gemeinsam mit Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke und dem NLWKN das weitere Prozedere bei den Entschädigungen. "Ich freue mich sehr, dass wir den Betroffenen endlich die vom Land schon 2022 zugesagten Hilfen auszahlen können", sagte Meyer. "Die Anwohnerinnen und Anwohner haben darauf vertraut, dass sie durch das Lühe-Sperrwerk geschützt sind. Das hat leider an diesem Tag nicht funktioniert. Alle Geschädigten, die nicht versichert waren, sollen jetzt durch Billigkeitsleistungen entlastet werden."
Bis zu 50.000 Euro für jeden Geschädigten
Meyer wies darauf hin, dass der Landtag auf seine Initiative im Haushalt eine Million Euro für Entschädigungen nach der Lühe-Flut bereitgestellt habe. "Wir halten als Landesregierung Wort“, so der Minister. "Wir haben immer betont, dass wir die Betroffenen nicht allein lassen und sie bei der Bewältigung der Schäden unterstützen wollen." Alle Betroffenen sollen kurzfristig vom NLWKN über die Richtlinie und das weitere Vorgehen informiert werden.
Die Billigkeitsrichtlinie sieht eine Entschädigung auf freiwilliger Basis vor. Die Hilfen werden für Schäden gewährt, die durch die verspätete Sperrwerksschließung entstanden und nicht durch eine Versicherung abgedeckt sind. Insgesamt können Geschädigte Leistungen des Landes in Höhe von bis zu 50.000 Euro je Haushalt erhalten - beispielsweise für die Instandsetzung von Gebäuden oder die Reparatur bzw. Wiederbeschaffung von Hausrat. Ein Antrag soll in den meisten Fällen nicht mehr erforderlich sein, da die meisten Geschädigten bereits Schadensmitteilungen und Nachweise beim NLWKN eingereicht haben.
Von der Lühe-Flut waren Dutzende Haushalte in den Ortschaften Mittelnkirchen, Guderhandviertel und Horneburg betroffen. Beim NLWKN gingen insgesamt 71 Schadensmeldungen ein. Um einer erneuten Überflutung vorzubeugen, habe man bereits reagiert und vorsorglich zusätzliche Sicherungen in das bis dahin einwandfrei funktionierende Alarmierungssystem am Sperrwerk einbauen lassen, heißt es beim NLWKN. "Wir werden auch weiterhin alles dafür tun, damit sich ein solcher Vorfall in Zukunft nicht wiederholt", versicherte Betriebsstellenleiterin Haack.
Landrat: So sieht keine unbürokratische Hilfe aus
„Ich begrüße es, dass das Umweltministerium jetzt endlich eine Entschädigung der Opfer der Lühe-Flut vornehmen wird“, sagt Landrat Kai Seefried in einer ersten Stellungnahme. Er hatte sich seit dem Flutereignis vehement für eine Entschädigung der Betroffenen starkgemacht und auch zweimal NLWKN-Direktorin Anne Rickmeyer zu einer Kreistagssitzung nach Stade eingeladen. „Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass die Entschädigung erst eineinhalb Jahre nach den Überflutungen erfolgt. Die Betroffenen hätten nicht so lange hingehalten werden dürfen. Schnelle und unbürokratische Hilfe sieht anders aus“, sagt Seefried. Nun müssten auch wirklich alle Schäden abgegolten werden. Noch nicht abschließend geklärt sei zudem die Frage, wie solche Ereignisse in Zukunft verhindert werden sollen. „Die Menschen im Landkreis Stade müssen sich auf die Hochwasserschutzeinrichtungen des Landes verlassen können“, betont der Landrat. Die Lühe-Flut und das lange Warten der Betroffene hätten viel Vertrauen gekostet.
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