Viel wird bereits gegen das Artensterben im öffentlichen und privaten Bereich im Landkreis Stade unternommen, doch es gibt Verbesserungsbedarf
Mehr Blüten und Grün für Insekten
jab. Landkreis Stade. Der Insektenbestand ist stark gesunken. Aussicht auf Besserung gibt es laut dem Biologen Dr. Wolfgang Kurtze, der kürzlich auf einer Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt in Stade einen Vortrag hielt, auch in den kommenden Jahren nicht. Daher müsse dringend gehandelt werden, schließlich seien sie mit ihrer Funktion als Nahrung für andere Tiere und als Bestäuber systemerhaltend. Doch was kann für den Erhalt der Insekten getan werden? Wie können nicht nur Städte und Gemeinden, sondern auch Privatpersonen ihren Teil dazu beitragen? Kurtze zeigte die größten Probleme und ihre möglichen Lösungen auf.
Die Probleme: Damit Insekten ausreichend Nahrung finden, benötigen sie neben nahrhaften Blüten auch Biomasse. Pflanzen in Parks und Gärten seien oft Exoten und die Blüten gefüllt, besitzen somit keinen Nektar oder Pollen als Nahrung. Insektensterben ist die Folge. Bei Bäumen komme es auch auf die Art an. Denn nicht jeder hat einen Nutzen für Insekten. Steingärten und zugepflasterte Flächen wie Parkplätze haben einen negativen Einfluss auf die Umwelt. Sie heizen schneller und intensiver auf und bieten keinen Lebensraum für Insekten. Vermehrt sehe man Nisthilfen, auch in den Steingärten, die häufig aber falsch gebaut und somit nutzlos sind, so Kurtze. Zudem müssen sich im Umkreis von 200 Metern zu den Nisthilfen Bäume Sträucher und Kräuter befinden.
Kurtze ist der Meinung, dass die Stadt Stade schon mit einem guten Vorbild vorangehe, Projekte unterstützt und umsetzt. Allerdings gebe es noch einiges zu verbessern. Dass Blühbeete und Blühstreifen angelegt werden, sieht er positiv. Dennoch müssten die Pflanzen, die dort gepflanzt werden, kritisch hinterfragt werden. "Es sind Farben zu sehen, die für Insekten überhaupt nicht ansprechend sind", so der Biologe. Zudem müssen über den gesamten Vegetationszeitraum hinweg durch zeitliche Staffelung Blüten zur Verfügung stehen. Darauf sollte bei der Wahl des Saatgutes geachtet werden, das am besten von regionalen Anbietern stammt, die sich mit der Umgebung auskennen. Einheimische Wildblumen eignen sich für Insekten besonders gut. "Sonst könnte man auch Petersilie pflanzen."
Auch die Stängel und Blätter sind wichtig für die Insekten. Sie bieten gleichzeitig Schutz und Nahrung. Daher sollte, wenn überhaupt gemäht wird, Abgemähtes nicht gleich weggeräumt werden. "Für die Menschen muss es ersichtlich sein, dass man sich bei Flächen mit vermeintlichem Wildwuchs etwas gedacht hat. Das ist beispielsweise durch klare Mähkanten, die den öffentlichen Raum vom Blühstreifen oder -beet deutlich abtrennen, erkennbar." So können naturnahe Lebensräume geschaffen werden, die außerdem dazu genutzt werden können, um isolierte Lebensräume wie Grüngürtel in Städten zu verbinden.
Bei der Wahl von Gehölzen sollte auch der Aspekt der Insektenfreundlichkeit beachtet werden. Bei Bäumen bieten sich vor allem Eichen, Weiden und Birken an. Allerdings müsse sich anschließend auch um die Bäume gekümmert werden, damit sie ihren positiven Effekt auf die Insektenvielfalt ausüben können.
Gut gedacht heißt nicht gut gemacht
Bei der Debatte um den Insekten- und Artenschutz zeigt sich auch der Landkreis Stade engagiert. Kürzlich fand ein Workshop gegen das Insektensterben im Landkreis statt. Daraus entstanden Handlungsempfehlungen, wie beispielsweise das Erstellen eines Handlungskonzepts zum Nachpflanzen von Bäumen und Hecken sowie die Schaffung von Modellflächen zum Insektenschutz auch an Kreisstraßen. Die insgesamt sieben Punkte betreffen zunächst erst einmal die Theorie. Die Praxis zeigt dagegen etwas anderes - und zwar direkt vor der Haustür des Kreishauses. Vor dem Gebäude in Stade befindet sich ein Beispiel, wie Insektenschutz nicht geht. Ein Steingarten beherbergt den Wegweiser zu den Gebäuden. Es ist gut, dass der Landkreis vermehrt etwas gegen das Insektensterben unternehmen möchte, aber dann sollte er zunächst vor der eigenen Haustür damit beginnen.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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