Zwischen Stenoblock und Computer
Monika Siegel ist seit mehr als 50 Jahren beim Landkreis Stade

Mit der Adler-Schreibmaschine fing alles an: Seit mehr als 50 Jahren arbeitet Monika Siegel in der Kreisverwaltung | Foto: Landkreis Stade / Nina Dede
  • Mit der Adler-Schreibmaschine fing alles an: Seit mehr als 50 Jahren arbeitet Monika Siegel in der Kreisverwaltung
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Monika Siegel ist eine Frau mit Tempo. Die Finger fliegen über die Tasten der alten Adler-Schreibmaschine, das markante „Pling“ am Ende jeder Zeile klingt wie der Takt zu einem Soundtrack aus einer anderen Zeit. Fast genauso schnell wie vor 52 Jahren schreibt sie auf ihrer Schreibmaschine, mit der sie 1972 ihre Ausbildung als Bürogehilfin begann. Der Wandel in der Verwaltung? Den hat sie miterlebt – und sich dabei immer wieder aufs Neue angepasst.

Ein Leben im Dienst der Verwaltung

Nur das erste Jahr ihrer Ausbildung absolvierte Siegel beim Landkreis Grevenbroich, bevor sie als 15-Jährige mit ihrer Familie nach Stade zog und im dortigen Kreishaus ihre Lehre fortführte. Seitdem blieb sie dem Ordnungsamt treu. „Ich habe zum Beispiel hunderte Waffenbesitzkarten neu geschrieben oder die Ausländerbehörde unterstützt“, erinnert sich die heute 66-Jährige. Ihr Weg führte sie schließlich dauerhaft zur Ausländerbehörde, damals ein kleines Team aus einem Abteilungsleiter und drei Bürogehilfinnen. „Wir griffen zum Stenoblock, die Beamten diktierten“, erzählt Monika Siegel. Eine Hierarchie, die damals klar war – doch gleichzeitig war das Miteinander herzlich und verbindend.

Flüchtlingswellen und menschliche Begegnungen

Die erste große Veränderung erlebte Monika Siegel 1978, als die ersten „Boat People“ aus Vietnam Schutz suchten. Seitdem hat sie verschiedene Flüchtlingswellen miterlebt und sich dabei immer wieder angepasst. "Ich bin immer gut mit meinen Ausländerinnen und Ausländern ausgekommen", sagt sie und schmunzelt bei der Erinnerung an eine alte Gewohnheit mit einem Kapitän aus Drochtersen: „Wir haben erstmal eine Zigarette geraucht und über die Familie geplaudert, bevor es ans Geschäftliche ging.“ Heute undenkbar – denn seit vielen Jahren herrscht in den Amtsstuben Rauchverbot.

Technischer Fortschritt und neue Arbeitsweisen

Die Technik entwickelte sich rasant weiter, und Monika blieb am Ball. Telex, Fax und schließlich der Computer mit Disketten – alles wurde selbstverständlich genutzt. Mittlerweile geht sie routiniert mit PC und E-Mails um, doch sie setzt auch weiterhin auf einen Papierkalender und Klebezettel. „Es hat sich sehr viel geändert. Manches davon war eine Herausforderung“, gibt sie offen zu.

Die wohl größte Herausforderung kam 2015, als Tausende Geflüchtete nach Deutschland strömten, viele davon in den Landkreis Stade. Auch der Ukraine-Krieg löste 2022 eine erneute Fluchtbewegung aus. „Ich war wirklich erschöpft und brauchte eine Pause“, erinnert sie sich. Doch schon nach eineinhalb Jahren im Ruhestand fühlte sie das Kribbeln: „Ich hatte nichts mehr, über das ich mich aufregen konnte“, lacht sie. 

Wieder zurück ins Amt

Nach einem zufälligen Treffen mit ihrem ehemaligen Amtsleiter in der Innenstadt war schnell klar: Es geht zurück in die Kreisverwaltung. Seit einem Jahr ist Monika Siegel wieder im Dienst – selbstverständlich im Ordnungsamt. Sie bereitet jetzt die Einbürgerungen vor. Dabei kommt ihr das langjährige Fachwissen in der Ausländerabteilung zugute: „Ich habe die Änderungen des Ausländerrechts jahrzehntelang miterlebt. Davon profitiere ich sehr – ebenso wie ihr Team und die Bürgerinnen und Bürger. „Ich mache jetzt aus ‚meinen‘ Ausländerinnen und Ausländern deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Das passt.“ Der berufliche Kreis schließt sich damit.

Endgültig mit dem Berufsleben abschließen will Monika Siegel hingegen längst noch nicht. Vielleicht feiert sie ein weiteres außergewöhnliches Dienstjubiläum. Als sie auf 50 Jahre im öffentlichen Dienst zurückblicken konnte, musste eine Urkunde extra angefertigt werden. Das Land sieht eigentlich solch ein Jubiläum nicht vor. Doch die Zeiten ändern sich eben, während manches nicht in Vergessenheit gerät, wie etwa das Schreiben auf der Adler.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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