Kindern in Not ein neues Zuhause geben
Pflegeeltern werden immer gesucht
tk. Landkreis. Hamburg sucht händeringend Pflegeeltern, die ein Kind in Not dauerhaft oder vorübergehend bei sich aufnehmen. Auch in anderen Bundesländern wird über den Mangel an Pflegeeltern geklagt und Infokampagnen sollen Freiwillige ansprechen. Wie sieht es in unserer Region aus? Einen Notstand gibt es in den Landkreisen Harburg und Stade derzeit nicht. Doch die insgesamt drei Jugendämter in den beiden Kreisen freuen sich über jeden, der bereit ist, sich als Pflegeeltern zu bewerben. "Wir brauchen engagierte Menschen, die diese wichtige Aufgabe übernehmen", sagt Stades Sozialdezernentin Susanne Brahmst.
Ein Blick auf die Zahlen: Im Zuständigkeitsbereich des Stader Jugendamtes gibt es 220 Dauerpflegeplätze, die sich auf 180 Pflegestellen verteilen. Im Landkreis Harburg sind es 156 Pflegeverhältnisse. Wieso Werbung für diese Art des Engagements wichtig ist, machen Zahlen aus dem Kreis Harburg deutlich: "Pro Jahr melden sich nur sieben bis acht Paare an, um den erforderlichen Vorbereitungskursus zu absolvieren", sagt Winsens Kreissprecherin Katja Bendig. Die Stader Dezernentin Susanne Brahmst ergänzt: "Auch die Pflegeeltern werden älter, sodass wir Nachwuchs brauchen." Als Faustregel gilt: Wer ein Kind in Vollzeitpflege hat, sollte nicht älter als 63 sein, wenn das Kind volljährig ist.
Auch wenn sich alle Jugendämter über das Interesse von potenziellen Pflegeeltern freuen, warnt Susanne Brahmst vor einer falschen Einschätzung oder Motivation als Ausgangslage. Mitunter würden sich kinderlose Paare melden, die eigentlich ein Kind adoptieren möchten. Allerdings ist bei der Vollzeitpflege auch eine Rückkehr zu den leiblichen Eltern immer eine Option. "Dann ist Trennungsschmerz programmiert", sagt die Dezernentin. Daher sei es wichtig, und werde auch bei den Vorbereitungskursen immer wieder thematisiert, über die eigene Motivation selbstkritisch nachzudenken. Hinzu komme, dass Pflegeeltern manchmal mit Vorurteilen oder auch harscher Kritik von außen konfrontiert werden. Der Grund: Ihre Pflegekinder verhalten sich aufgrund ihrer jeweiligen Vorgeschichte mitunter anders als Altersgenossen.
Auch wenn Eltern für Vollzeitpflege Geld bekommen (in Niedersachsen aktuell zwischen 805 und 954 Euro je nach Alter des Kindes), "macht das definitiv niemand wegen der Bezahlung", betont Susanne Brahmst. Die Herausforderungen seien teilweise groß, denn alle Kinder und Jugendlichen, die aus ihrer Familie herausgenommen werden, bringen ihre Vorgeschichte in die neue Familie mit.
Das sei auch ein Grund dafür, warum Vollzeitpflege nicht immer die beste Lösung sei, ergänzt Andrea Lange-Reichardt, die in der Buxtehuder Stadtverwaltung den Fachbereich Jugend und Familien samt dem stadteigenen Jugendamt leitet. Wenn die Probleme innerhalb der Pflegefamilie zu groß werden, das Pflegeverhältnis abgebrochen werden müsse, sei das für die Kinder eine weitere traumatische Erfahrung. "Potenzielle Pflegeeltern sollten bedenken, dass dadurch nicht das eigene Familiensystem gesprengt werden darf", sagt Andrea Lange-Reichardt.
"Wir freuen uns über jeden, der Interesse hat", ist die Kernbotschaft aus den drei Jugendämtern. Egal ob im Kreis Stade oder Harburg: "Jeder wird auf diese anspruchsvolle Aufgabe gut vorbereitet und auch weiterhin begleitet", betont Susanne Brahmst.
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