Sanfte Würger in Expertenhand
Entwarnung nach Schlangen-Alarm: Fund-Pythons sind beim Reptilien-Kenner André Weseloh in Kehdingen
tp. Drochtersen. Reptilien-Experte André Weseloh (37) gibt Entwarnung: "Für Menschen völlig ungefährlich" und von ruhigem, sanftem Wesen seien die Königspythons, die ein Unbekannter Mitte vergangener Woche nahe des Tierheims in Stade-Steinbeck ausgesetzt hatte. Wie das WOCHENBLATT berichtete, herrschte in der Öffentlichkeit und selbst bei der Polizei Aufregung und Verunsicherung wegen des Exotenfunds, den eine Passantin beim Spaziergehen machte: eine verschlossene Styroporbox mit der Aufschrift "Achtung Würgeschlangen!"
Ein paar Stunden lagerte die "heiße Kiste" am Mittwoch bei der Polizei, bevor das Kreis-Veterinäramt sie in die Hände des bewährten Tier-Allrounders André Weseloh gab. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Anne (31) betreibt er eine Agentur für Filmtiere inklusive des Angebotes der tiergestützten Therapie. Erst kürzlich zog die vierköpfige Familie Weseloh samt ihres Privatzoos von Neu Wulmstorf auf einen großen Bauernhof in Drochtersen.
Dort verbrachten die Würgeschlangen in einem sauberen, mit Holzspänen gepolsterten Kunststofffbox vor einem Heizkörper in Weselohs Büro die ersten Tage. Bei 30 Grad plus fühlen sich ursprünglich aus Afrika stammenden Königspythons, deren Beute kleine Nager sind, am wohlsten.
Es sind ingesamt vier Schlangen - statt der zunächst angenommen zwei Pythons, wie sich nach gründlicher Sichtung der rätselhaften Schangenkiste herausstellte. Eine der Pythons war in einem Stoffbeutel, die andere hatte sich unter ihren beiden Artgenossen verkrochen.
Noch einige Tage verbringt das Python-Quartett zum Gesundheitschutz der anderen Reptilien in Weselohs Bestand in Quarantäne, bevor es in eines der geräumigen und gepflegten Terrarien im klimatisierten Keller des Anwesens umzieht. Die obere Naturschutzbehörde muss noch formal ihr Einverständlis erteilen. Dies gilt aber als sicher, da André Weseloh den erforderlichen Sachkundenachweis und die Halteerlaubnis hat.
Die Weselohs beitzen bereits einige Königspythons, darunter einen seltenen Albino.
Tier-Kenner André Weseloh schätzt den Gesundheitszustand der Tiere als gut ein. Die Haut, die sich wie feines Glattleder anfühlt, ist frei von Verletzungen. Typische Krankheitssymptome wie Schleim an Maul und Nasenlöchern oder Verkrustungen am After fehlen völlig.
Lediglich der Ernährungszustand einer der vier Schlangen, die wohl aus deutscher Nachzucht stammen, sei mangelhaft, so André Weseloh. Der Kenner zieht daraus den Schluss, dass dem Halter eventuell das Geld für das Futter fehlte: Jede der rund einen bis anderthalb Meter langen Schlangen (drei Männchen und ein Weibchen) benötige einmal pro Monat je vier Futtermäuse à fünf Euro aus der Zoohandlung. Die Tiernahrung plus Heiz- und Stromkosten für Wärmelampen sei manchem Halter auf Dauer zu kostspielig, weiß Weseloh.
Er verweist in diesem Zusammenhang auf ein bei Haustieren wie Hunde und Katzen verbreitetes Phänomen: Bei Trennung vom Partner, Wohnungswechsel oder Jobverlust seien Halter mit den Tieren räumlich oder finanziell überfordert und müssten sie loswerden. Von Schuldzuweisungen sieht er allerdings ab - im Gegenteil: Weseloh heißt es gut, wenn Besitzer in besonderen Lebenssituationen ihre Tiere verantwortungsbewusst in neue Hände geben.
Im Fall der vier Stader Pythons kiritisiert er aber, dass sich der Halter anonym seiner Exoten entledigte: "Das war dumm und feige. Er hätte sich direkt an das sehr hilfsbereite Veterinäramt wenden sollen."
Vom Schlangenbesitzer fehlt weiter jede Spur: Der Fall wird wohl wegen der unübersichtlichen Lage ungeklärt bleiben, denn nach Weslohs Angaben ist die Python-Haltung verbreitet. Im Umkreis von 50 Kilometern gebe es allein bei e-Bay rund 70 Verkaufsangebote.
Die vier Königspythons werden voraussichtlich in der Therapie eingesetzt: Tiere buchstäblich "hautnah" zu erleben, so André Weseloh, sei ein elementares Bedürfnis Menschen jeden Alters.
http://www.zgweseloh-events.de/
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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