Betroffene berichten von ihren Erfahrungen
Selbsthilfegruppen im Landkreis Stade geben Betroffenen Halt und Unterstützung
jab. Stade. Sie geben sich gegenseitig Halt und Unterstützung: die Teilnehmer der verschiedenen Selbsthilfegruppen im Landkreis Stade. Doch wegen Corona waren persönliche Treffen lange nicht mehr möglich. Durch die derzeitigen gelockerten Vorgaben zur Corona-Pandemie wollen sie nun wieder durchstarten. Auch neue Gruppen stehen bereits in den Startlöchern. Das Angebot sei bunt gemischt und reiche von ADHS bei Erwachsenen über Depressionen bis zu Neurodermitis, sagt Ulrich Brachthäuser, Leiter der KIBIS des Paritätischen, Selbsthilfekontaktstelle im Landkreis Stade.
Eine erste Anlaufstelle bieten
"Es fehlte in den vergangenen Monaten einfach das Persönliche", sagt Kay G.* (52) aus Stade. Er hat kurz vor Beginn der Pandemie die Gruppe "Flüsterstube" für psychisch Erkrankte - ohne Spezialisierung auf ein Krankheitsbild - gegründet. Die Gruppe befinde sich quasi noch immer in der Gründungsphase, sagt G. Zwar wurde mit den Teilnehmern via WhatsApp und Telefon kommuniziert, aber das könne ein Treffen niemals ersetzen. "Das Nonverbale ist essentiell, um bei den Problemen zu helfen." Viele seien daher auch ein wenig auf der Strecke geblieben. Seine Hoffnung: Dass bald die Räume im Krankenhaus wieder für die Gruppe geöffnet werden können.
Denn im Krankenhaus entstand auch die Idee. Er selbst war wegen Depressionen und Angstzuständen einige Wochen in der Psychiatrie. "Man wird gut betreut, aber danach ist man wieder auf sich gestellt", sagt er. Die Gruppe sollte daher eine Anlaufstelle werden, um nach der Behandlung Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Die Gruppe sei mehr eine Übergangslösung, sagt G. "Wir nehmen die Teilnehmer an die Hand und helfen, in das normale Leben zurückzukehren, und zeigen Möglichkeiten auf, wo es weiterführende Hilfe oder spezialisierte Selbsthilfegruppen gibt."
Sich verstanden fühlen, ohne erklären zu müssen
Anders ist es bei der Selbsthilfegruppe für Cluster-Kopfschmerz, der auch Selbstmord-Kopfschmerz genannt wird. Dass diese Bezeichnung durchaus zutrifft und nicht übertrieben ist, zeigt das Beispiel von Marc S.** (43) aus Buxtehude. Er leidet bereits seit 13 Jahren immer wieder an diesem "vernichtenden Schmerz". Zur Verdeutlichung: Auf der Schmerzskala von eins bis zehn wird Cluster-Kopfschmerz bei neun bis zehn angesetzt, Migräne dagegen bei sieben bis acht. Zwei Jahre dauerte es, bis S. die richtige Diagnose erhielt. Denn die Krankheit ist relativ selten. "Rein rechnerisch sind trotzdem mehrere Hundert Menschen im Landkreis betroffen", sagt er.
Da die Krankheit noch relativ wenig bekannt sei, sei auch die Akzeptanz gering, berichtet S. Dadurch ergebe sich noch zusätzlich ein hoher Leidensdruck. Zur Vorbeugung nimmt er Medikamente, die allerdings auch Nebenwirkungen haben. Auch der Stress durch die Krankheit belastet seinen Körper zusätzlich, die Bauchspeicheldrüse ist bereits zerstört. Depression, Panikattacken gehen oftmals, wie auch bei S., mit Cluster-Kopfschmerz einher. S. weiß, wie es sich anfühlt, am Tiefpunkt angekommen zu sein. Auch wenn er sonst Lebensfreude verspürt, wenn der Schmerz kommt, will er einfach nicht mehr. "Es ist die Hölle." Um anderen seine Odyssee zu ersparen, hat S. die Selbsthilfegruppe gegründet. Er möchte aufmerksam machen und Betroffenen Mut geben. "Sie sind nicht allein. Bei uns können sie sich verstanden fühlen, ohne etwas erklären zu müssen."
Auch G. rät allen Menschen: "Macht den ersten Schritt für ein besseres Leben. Bekennt euch dazu, dass ihr Unterstützung benötigt, und geht zu Leuten, die euch verstehen." Für ihn selbst sei es wie ein Befreiungsschlag gewesen. Wer Kontakt möchte oder selbst eine Gruppe gründen möchte kann sich unter der Rufnummer 04141-3856 oder per E-Mail an kibis-stade@paritaetischer.de wenden.
* Name der Redaktion bekannt
** Name von der Redaktion geändert
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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