Höhere Fallzahlen wegen Corona
Sexueller Missbrauch von Kindern wird auch in Stade steigen
jab. Stade. Immer mehr sexuelle Gewalttaten gegen Kinder werden in Deutschland verzeichnet. Das macht die Polizeiliche Kriminalstatistik 2019 deutlich. Deutschlandweit liegt die Fallzahl bei 13.670. Das macht einen Anstieg zum Vorjahr um 10,9 Prozent. Im Landkreis Stade sind 167 Fälle von Sexualdelikten bekannt, drei mehr als noch 2018. Darin enthalten sind 57 Fälle von sexueller Gewalt gegen Minderjährige. Der Landkreis Harburg meldete 2019 211 Sexualdelikte (2018:131), bei denen 74 Kinder und Jugendliche betroffen waren. Und die Corona-Pandemie wird die Zahlen wohl noch weiter steigen lassen, so die Experten. Beispielhaft fragte das WOCHENBLATT bei Helga Hansen, Leiterin der Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt in Stade, nach. Auch sie rechnet in der Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen mit einem erheblichen Anstieg der Fälle.
Zu den Sprechzeiten wieder vor Ort
Seit Mitte März waren alle Geschäftsstellen der Stadt Stade geschlossen, somit auch die Beratungsstelle in der Salzstraße. Telefonberatungen wurden hier dennoch nach Terminvereinbarung durchgeführt. Allerdings mit den Personen, die bereits in der Beratungsstelle bekannt waren. Neue Fälle seien zwar auch hinzugekommen, allerdings sei ein Erstgespräch per Telefon nicht üblich, so Hansen. "Ab dieser Woche sind wir aber wieder zu den Sprechzeiten vor Ort erreichbar."
Nach der Isolation werden Fallzahlen steigen
Sobald die Schüler wieder die Schulen, aber auch Vereine besuchen können, werden auch die Zahlen der Anfragen bei der Beratungsstelle steigen, ist sich Hansen sicher. Derzeit befinden sich Kinder und Jugendliche häufig in sozialer Isolation, Merkmale von Missbräuchen, z.B. Verhaltensauffälligkeiten oder blaue Flecken, werden von Außenstehenden weniger beobachtet. Die Betroffenen haben kaum jemanden, dem sie sich anvertrauen können.
Kinder digital schützen
Hinzu käme vermehrt das Cybergrooming, so die Leiterin. Dabei sprechen Personen via Internet, beispielsweise über die sozialen Medien oder Online-Spiele, gezielt Minderjährige an, erschleichen sich ihr Vertrauen mit dem Ziel, sie zu sexuellen Handlungen zu bringen oder pornographische Fotos oder Videos zu erhalten bzw. sogar zu erpressen. Durch die Corona-Lage nutzten viele Minderjährige häufiger digitale Medien, oft allein in ihren Zimmern. Das macht es den Tätern noch leichter. Hansen: "Eltern sollten daher immer wieder Einblick nehmen, was ihre Kinder im Internet machen, um rechtzeitig einschreiten zu können."
Beratung und Hilfestellung
Beratung gegen sexuelle Gewalt gibt es u.a. bei folgenden Einrichtungen:
- Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt für Kinder und Jugendliche (Stadt Stade): Rufnummer 04141-43646
- Beratungsstelle Lichtblick für Jugendliche ab zwölf Jahren und Erwachsene (Stadt Buxtehude und Landkreis Stade): Rufnummer 04161-714715, E-Mail: lichtblick@awostade.de
- Dunkelziffer e.V. für Kinder und Jugendliche (Landkreis Harburg): Rufnummer 040-421070010
- Hilfetelefon Sexueller Missbrauch (kostenfrei und anonym): Rufnummer 0800-2255530, www.hilfetelefon-missbrauch.de
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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