So urig wohnten Stades frühe Bauern
Sensationsfund aus dem Mittelalter: Pfostenhaus und Grubenbau / Stadtarchäologe Andreas Schäfer vermutet: Gebäude gehörten zur Burg Schwedenschanze
tp. Stade. Mit 20 Metern Länge, gewölbten Außenwänden und einem steilen Strohdach hatte es eine hallenhafte Raumweite und bot somit reichlich Platz für die bäuerliche Großfamilie samt Vieh und Futter: Archäologen legten bei einer Grabung an der Harsefelder Straße/Klarer Streck die Reste von Stades ältestem Bauernhaus frei. Direkt in der Nachbarschaft des etwa aus dem achten Jahrhundert stammenden Pfostenhauses liegt ein uriges, rund sechs Meter langes Grubenhaus, das in den Boden eingelassen war. Die Bewohner standen also bis zur Hüfte in der Erde.
Das geräumige Pfostenhaus, dessen tragende Ständer wie bei einer römischen Basilika parallel durch den sechs Meter breiten Innenraum verliefen, gilt als ein Vorläufer des ähnlich konstruierten Niederdeutschen Hallenhauses, kurz "Niedersachsenhaus".
In der Realität bestehen die Funde lediglich aus einigen kleinen Feldsteinen und schwarzen Flecken, die sich als Hausgrundrisse in weißem Sand abzeichnen. Stadtarchäologe Dr. Andreas Schäfer spricht von einem seltenen Fund und geht davon aus, dass sich um die bislang 7.000 Quadratmeter große Grabungsstelle, einem künftigen Neubaugebiet, die Konturen weiterer historischer Gebäude befinden. Er betrachtet die Häuser als möglichen Teil einer Vorburg zur Schwedenschanze, also als eine zu der historischen Stader Ringburg gehörenden Bauernsiedlung. Die vor 13 Jahren entdeckte Schwedenschanze in dem gut zwei Kilometer entfernten Ortsteil Groß Thun gilt als Keimzelle der Stadt Stade.
Wie berichtet, wurde bereits in den Jahren 2011 und 2012 bei Bauarbeiten in der Heidesiedlung Riensförde ein zur Burg passendes Gräberfeld freigelegt. Vor zwei Jahren dann wurde an der Schwedenschanze zwei Grubenhäuser, die als Webhäuser fungierten, ausgegraben. Sie ähneln den jetzt am Klaren Streck gefundenen Bauten.
Noch bis Oktober laufen die Ausgrabungen. Zwischenzeitlich wurden Bodenproben für eine Phosphatanalyse entnommen. Mit dieser Labormethode können organische Spuren an der Grabungsstelle bestimmt und daraus Rückschlüsse auf die Hausnutzung gezogen werden. Somit können Experten feststellen, welche Bereiche z.B. als Viehstall, Feuerstelle oder Abfallhalde dienten.
Das Team um Grabungsleiterin Andrea Finck fand auch Bruchstücke zahlreicher Alltagsgegenstände, unter anderem eine Keramik-Scherbe von einem Gefäß aus der Ära der sogenannten Mayener Töpfereien in Rheinland-Pfalz aus dem achten Jahrhundert. Mayener Ware war in weiten Teilen Europas verbreitet.
Die Grabungen dauern voraussichtlich noch bis Oktober an.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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