Es gibt noch viel zu tun
Stade ist alles andere als barrierefrei
Nach diesem Spaziergang steht fest: Um ein barrierefreies Stade zu erreichen, muss seitens der Stadtverwaltung viel getan werden. Hintergrund: Die Stader SPD und die Aktion „…fair geht vor!“ hatten zu einem Stadtrundgang eingeladen – mit dabei waren auch Schüler und Schülerinnen der BBS 2 Stade – und gemeinsam festgestellt, dass Stade nicht gerade einen hohen Grad an Barrierefreiheit aufweist.
Davon überzeugen konnte sich auch die neue SPD-Landtagsabgeordnete Corinna Lange, die sich zu Beginn der Tour in der Holzstraße eine Augenmaske aufsetzte und den Rundgang mit einem Blindenstock begann. Begleitet und gecoacht wurde sie dabei von der sehbehinderten Luisa Weber, die auch Mitglied im Sozialverband ist.
Schon kleine Barrieren erschweren den Weg
Schnell wurde festgestellt, dass schon kleinere Barrieren den Weg für Blinde erschweren. Beispiel: In den Lücken zwischen den Pflastersteinen bleibt die rollende Spitze am Ende des Langstocks immer wieder stecken. Das Pflaster bereite auch Rollstuhlfahrern und Rollator-Benutzern enorme Schwierigkeiten, sagt Rollstuhlfahrer Max Prigge. Denn man bleibe immer wieder an Kanten hängen.
Problempunkt: der Busbahnhof am Pferdemarkt mit seinen „Haltestellen-Inseln“, die schwer überwindbar seien, so „…fair geht vor!“-Sprecher Uwe Kowald. Hier fehle auch ein Leitsystem für Behinderte.
Eine weitere Herausforderung: der Weg zur Sparkasse. „Viel zu steil für Rollifahrer“, kritisiert Wilfried Vagts vom VdK und weist auf ein weiteres Problemfeld hin. „An Markttagen ist es besonders schlimm. Da werden jede Menge Stromkabel ausgelegt und mit Matten bedeckt. Die verrutschen aber ständig." Sein Wunsch: stabile Brücken aus Kunststoff.
Halt machte die Crew auch beim Rathaus und stellte weitere Mängel fest. Das Hinweisschild für Rollifahrer, den Eingang des Neuen Rathauses zu benutzen, ist kaum lesbar. Dann die unglaublich schwere Pendeltür, die in die Eingangshalle führt. „Überhaupt fehlt ein Leitstreifen, um sich zurechtzufinden", so Kowald. Am Fischmarkt zeigte Vagts auf die Salzstraße, eine „Einfallstraße für Tagestouristen“. In der Hochsaison kommen täglich zehn bis zwölf Busse mit Gästen, zumeist ältere Menschen. Aber mit Rollatoren käme man hier nur schlecht durch. Das Gleiche beim „Wasser West“. Hier seien zwar links und rechts Fußwege erstellt worden. Diese würden jedoch von der Außengastronomie genutzt.
Weitere kritische Punkte: viel zu wenig Behindertenparkplätze, die öffentlichen Toiletten am Sande sind für Rollstuhlfahrer zu eng. Schließlich die E-Tankstelle dort, die so platziert wurde, dass Rollifahrer sie nicht benutzen können.
Die Probleme öffentlich machen
Corinna Lange zeigte sich nach dem Rundgang beeindruckt. Ihr sei nicht bewusst gewesen, wie viele Hürden es für Menschen mit Einschränkungen gibt. Und sie sei froh über Luisas Unterstützung.
Wie geht es weiter? „Mit unserem Fußmarsch soll auf Alltagsprobleme im Fußverkehr, die mobilitätseingeschränkte Personen zusätzlich zu ihrer Behinderung oder Beeinträchtigung tagtäglich behindern, aufmerksam gemacht werden“, betont Kowald. Planungen müssten ausgehend von den Bedürfnissen der Personen mit den größten Mobilitätseinschränkungen gemacht werden – also Kinder, Senioren, Menschen mit Rollstuhl und Rollator, mit Sehbehinderung oder Eltern mit Kinderwagen. Inklusion, also Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für alle Menschen, werde erst durch eine barrierefreie Mobilität ermöglicht. Kowalds Wunsch: einen Seniorenbeirat gründen. Den gibt es nämlich in Stade noch nicht. Das sei einmalig und traurig. Kai Köser, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, wünscht sich ebenfalls ein Beratungsgremium. Und: In Stade würden in den kommenden Jahren viele Projekte realisiert. Dabei müssen dann die festgestellten Probleme in den Blick genommen werden.
Redakteur:Dirk Ludewig aus Stade |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.