Geheime Botschaften aus dem Äther
Stader Musiker: Sounds aus Zahlencodes und Synthesizer-Klängen
Dieses Musikprojekt namens "Tannheuser" ist kein Mainstream: Der Musiker Jörg von der Fecht verleiht Synthesizer-Klängen eine ganze neue Dimension, indem er sie mit monotonen Stimmen aus dem Radio kombiniert. Bei Freunden der "Electronic music" dürfte dieser spezielle Sound für Begeisterung sorgen. Die Klänge sind durchdringend und fesselnd. Acht Tracks hat der Stader jetzt zu einem virtuellen Album gebündelt, das sich im Internet herunterladen lässt.
Zahlensender funken auf der Kurzwelle
Der Titel des Albums ist dabei Programm: "Numbers and Noises". Hinter dem Begriff "Numbers" verbirgt sich einer der Bestandteile, aus denen der Musiker seine Songs zusammengefügt hat. "Es geht um sogenannte Zahlensender", erläutert von der Fecht. "Dieser sendet Zahlencodes als verschlüsselte Nachrichten rund um den Globus - hauptsächlich auf der legendären Kurzwelle." Diese scheinbar zufälligen Zahlenfolgen, die meist von einer automatisierten Stimme vorgetragen werden, dienen oft militärischen Zwecken. In Zeiten des Kalten Kriegs wurden auf diese Weise auch Spione instruiert.
Im Internet-Zeitalter gilt diese Methode als veraltet, wird aber weiterhin genutzt - ist sie doch sicher vor Cyberangriffen und Hacker-Attacken. Zudem sind die Zahlencodes nur schwer zu knacken. Von der Fecht haben diese geheimnisvollen Botschaften schon als Kind fasziniert - so wie das gesamte Kurzwellen-Universum. Das war Ende der siebziger Jahre. Damals tummelten sich noch unzählige Stationen aus aller Welt auf den Frequenzen. Das Knistern und Rauschen bei der Sendersuche, das Piepen und Summen in immer wiederkehrenden Tonfolgen habe für ihn fast melodisch geklungen, so der 53-Jährige.
Kinder-Comic weckte Radio-Begeisterung
Die Begeisterung des Staders für die Ätherwellen wurde durch ein Kinder-Comic geweckt, das inzwischen fast Kultstatus hat: "Yps mit Gimmick". "Einem Heftchen war als Zugabe der Bausatz für ein kleines Plastikradio beigefügt." Später erfolgte der Umstieg auf das klassische Kofferradio. Die kindliche Begeisterung für das Radio und seine vielen Möglichkeiten hat bei von der Fecht wohl auch den späteren Berufswunsch geprägt. Er studierte Nachrichtentechnik, hat darin seinen Diplom-Ingenieur gemacht.
Zurück zur Musik und damit zum zweiten Begriff, den "Noises": Der gebürtige Kehdinger, der als Jugendlicher mit seiner Familie nach Stade gezogen ist, begeisterte sich früh für die Töne, die per Synthesizer erzeugt werden. "Musikalisch geprägt hat mich der Synthie-Rock von Gruppen wie Depeche Mode." Was andere als "noise" - also als Krach oder Geräusch - empfinden, ist für von der Fecht ein Sound, der besonders klar und einprägsam ist. Und die synthetischen Klänge besitzen sogar eine gewisse Analogie zum Radio, da sie ebenfalls auf Wellenformen basieren.
Komponieren erfolgte ganz spontan
Nachdem von der Fecht viele Jahre mit seiner E-Gitarre in der Metal-Szene unterwegs war und mit der Band Bleeding drei Alben herausgebracht hat, besinnt er sich mit seinem neuen elektronischen Musikprojekt auf seine Wurzeln. Die acht Titel für "Numbers and Noises" sind vorwiegend mit Synthesizer-Emulationssoftware am Computer entstanden. Die Zahlencodes hat er mit Online-Kurzwellenempfängern (priyom.org) aufgezeichnet und diese mit passenden synthetischen Vibes unterlegt. "Das Komponieren erfolgte ganz spontan - je nachdem, welche Assoziationen die jeweiligen Stimmen bei mir bewirkten." Der Musiker will sich jetzt wieder verstärkt elektronischen Klängen widmen.
Digitales Album veröffentlicht
Sein digitales Album hat von der Fecht auf der Musik-Plattform "bandcamp" veröffentlicht (tannheuser.bandcamp.com). "Das ist wie früher in einem Schallplattenladen - nur eben online", sagt der Musiker. "Man kann sich jeden Titel bis zu dreimal gratis anhören." Für 8 Euro lässt sich das komplette Album downloaden. Gerne würde er "Numbers and Noises" auch auf Vinyl pressen lassen. Aber er winkt ab: "Die Kosten dafür bekäme ich nicht wieder rein."
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.