Kuchen gibt es auch nicht mehr
Stader Seniorinnen sind sauer: Bingo-Termin wird einfach gestrichen
Bingo spielen an einem Montagnachmittag im Café "Schöne Zeit" in der Stader Altstadt: Viele Seniorinnen - manchmal sind auch ältere Herren dabei - fiebern dem Spielvergnügen mit den Loskugeln und den Zahlenkärtchen bereits seit Tagen entgegen. Seit Kurzem muss die Vorfreude auf den nächsten Bingo-Nachmittag allerdings eine Woche vorhalten. Den Senioren wurde der zweite Bingo-Termin am Freitag gestrichen. Schon darüber ärgern sich viele. Was aber den Spielspaß am Bingo derzeit vollends vermiest: Es wird kein Kuchen mehr gereicht. "So muss man mit uns alten Menschen doch nicht umgehen", meint eine ältere Dame aus der Bingo-Runde. "Jetzt nimmt man uns noch die letzten Dinge, an denen wir Freude haben."
Mit "man" sind die Stader Betreuungsdienste gemeint. Das stadteigene, gemeinnützige Unternehmen, das vorwiegend im Bereich der Seniorenpflege tätig ist, betreibt das Café "Schöne Zeit", kommt für die laufenden Kosten auf und stellt die Räumlichkeiten für Vereine oder Veranstaltungen zur Verfügung. Die Begegnungsstätte mit ihren offenen Angeboten gibt es schon seit Jahrzehnten in der Hansestadt, einige der Bingo-Spielerinnen erzählen, dass bereits ihre Mütter das Café regelmäßig besucht haben. Sie berichten aber auch davon, dass das Programm in den vergangenen Jahren immer weiter zusammengestrichen wurde. Auch das warme Mittagessen, das zweimal wöchentlich zum Preis von jeweils 6 Euro serviert wurde, wird nicht mehr angeboten.
Bingo-Spielerinnen sind verärgert
Bisher haben die Seniorinnen alles klaglos hingenommen. Die Streichung des zweiten Bingo-Nachmittags und der Wegfall des Kuchens lassen jetzt aber die Emotionen hochkochen - ebenso wie die Entscheidung der Betreuungsdienste, beim Bingo keine Trostpreise mehr herauszugeben. "Uns wurde das alles kurzfristig mitgeteilt, ohne mit uns über die Gründe zu sprechen", ärgert sich Ingrid Schröder. Der Kuchen sei schließlich kein Almosen gewesen. "Wir haben dafür immer bezahlt und wollen das auch weiter bezahlen." Das gelte auch für den Spielenachmittag am Donnerstag, bei dem die Seniorinnen nun ebenfalls auf den Kuchen verzichten müssen.
Viele aus der Bingo-Runde befürchten, dass dies nur der Anfang ist und es bald gar keine Angebote mehr im Café "Schöne Zeit" geben wird. "Wo können wir Senioren in Stade dann überhaupt noch hin?", fragt sich Monika Johannsen. Sich mit anderen in einer Bäckerei oder sogar in einem Restaurant zu treffen, könne man sich angesichts der schmalen Rente kaum leisten. 4 Euro für Kaffee und Kuchen satt im Café "Schöne Zeit" sei hingegen für die meisten drin, findet Elvira Helbig. Sie übt allgemein Kritik am Umgang der Hansestadt Stade mit alten Menschen: "Im Radio oder Fernsehen hört man immer, was in anderen Städten alles für die Senioren getan wird. Aber in Stade wird immer nur gekürzt." Dieser Ansicht ist auch Erika Woitanowsky, die mit 97 Jahren älteste Teilnehmerin der Bingo-Runde: "Stade macht einfach nicht genug für uns alte Menschen."
Brief an die Geschäftsführung
In einem Brief an die Geschäftsführerin der Stader Betreuungsdienste, Katharina Goedicke, haben die Seniorinnen auf ihre Sorgen und Nöte aufmerksam gemacht. Das Café sei für viele ein wichtiger Treffpunkt, heißt es in dem Schreiben: "Wir sind alle alleinstehend und brauchen diesen Treffpunkt, um Kontakte zu pflegen. Mit dem Abbau der Aktivitäten werden wir wieder in unsere Einsamkeit zurückgeschickt. Wir möchten Sie bitten, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken."
STATEMENT der STADER BETREUUNGSDIENSTE
Das WOCHENBLATT hat in diesem Zusammenhang einen Fragenkatalog an die Stader Betreuungsdienste gerichtet. Die Fragen wurden zwar nicht im Einzelnen beantwortet. Die Redaktion erhielt aber eine Stellungnahme der Geschäftsführerin. Deren Inhalt wird in diesem Artikel redaktionell bearbeitet wiedergegeben:
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