Alte Fenster werden zur Keimzelle
Staderin Birte Flemme baute ein Gewächshaus aus Wildmüll
jab. Stade. "Aus Alt mach Neu" lautet das Motto von Birte Flemme (45) aus Stade. Nicht nur aus alten Jeans oder sogar Schokoladenpapier stellt die 45-Jährige neue Taschen und Etuis her. Auch aus Wildmüll, der im Landkreis Stade immer wieder ein Ärgernis ist, hat sie jetzt noch etwas Schönes gezaubert: ein Gewächshaus für ihren Schrebergarten.
Im Kleingartenverein Lotsestieg darf Flemme seit Sommer 2019 eine 370 Quadratmeter große Parzelle ihr Eigen nennen. Es ist ein Ausgleich zu ihrer Bürotätigkeit, der sie seit Corona im Homeoffice nachgeht. Sich selbst mit Obst und Gemüse zu versorgen, ist ein kleiner Traum der Staderin. Regionaler als aus dem eigenen Garten geht es schließlich nicht. In ihrem Selbstversorger-Garten gibt es neben Pflaumen- und Apfelbäumen, Johannisbeersträuchern und Weinreben auch Kürbisse und Blumenkohl. Zu ihrem Glück fehlte allerdings noch ein kleines Gewächshaus, in dem sie Gurken und Tomaten anpflanzen kann. Im Internet holte sie sich Inspiration, aber: "Ich wollte nicht viel Geld ausgeben", sagt Flemme. In den Kleinanzeigen suchte sie nach Material, wurde aber nicht fündig.
Schrottfenster am Wegesrand gefunden
Nur einen Tag nach der intensiven Suche meldeten sich ihre Eltern bei ihr. Fassungslos berichteten sie davon, dass nahe dem Quartier Benedixland Bauschutt entsorgt wurde - inklusive zehn Fenstern. Ein glücklicher Zufall. "Wahrscheinlich hat jemand gerade sein Haus saniert und den Müll dann einfach dort abgeladen", sagt Flemme. Sie schaltete sofort und rief bei der Stadt Stade an, um den Wildmüll zu melden, aber auch um sich zu erkundigen, ob sie die Fenster für ihr Vorhaben dort wegholen durfte.
Nach dem Okay der Verwaltung, holte Flemme den vermeintlichen Müll mit einem Anhänger ab. "Daraus entstand ein richtiges Vater-Tochter-Projekt", sagt sie. Stundenlang tüftelte ihr Vater, wie die Fenster am besten zu einem Gewächshaus verbaut werden konnten. Für eine Unterkonstruktion bekamen sie noch Holz geschenkt. Lediglich das Dach und die Winkel musste die Hobbygärtnerin dazukaufen. Nach drei Tagen stand schließlich das kleine Glashaus. Da ein Fenster noch übrig geblieben war, wurde noch eine Anzuchtkiste gebaut. Mit etwas Farbe sorgte Flemme noch für die idyllische Schwedenhaus-Optik.
Dennoch Ärger über Wildmüll
So groß die Freude über ihr Gewächshaus ist, die Umweltverschmutzung des Müllsünders heißt sie in keinster Weise gut. Sie bedauert sehr, dass es immer wieder achtlose Menschen gebe, die ihren Müll in der Natur entsorgen. Die "Aus den Augen, aus dem Sinn"- und "Nach mir die Sintflut"-Einstellung könne sie nicht nachvollziehen. Die Person hätte doch einfach die Fenster als zu verschenken inserieren können. Dennoch freut sie sich, dass sie in diesem Fall alten Dingen ein neues Leben schenken konnte.
In der Anzuchtkiste dürfen im Übrigen bereits verschiedene Sorten Salat wachsen. Im Gewächshaus selbst hat Flemme den Versuch gestartet, Rotkohl großzuziehen. Die Tomaten- und Gurkenpflanzen müssen dagegen noch bis nach den Eisheiligen auf der heimischen Fensterbank wachsen, bis sie ebenfalls ins Beet dürfen.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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