Staderin kann wieder lachen
Durch eine Angstneurose war Birgit Wolfs Leben 30 Jahre sehr stark eingeschränkt
jab. Stade. Drei Jahrzehnte litt Birgit Wolf (53) aus Stade unter einer Angst- und Panikstörung. Vor rund acht Monaten schaffte sie es schließlich, der Krankheit die Stirn zu bieten. Mit ihrer Geschichte möchte sie jetzt anderen Betroffenen Mut machen.
Es begann ganz plötzlich, während sie abends mit Freunden in der Kneipe saß: Herzrasen, Schweißausbrüche, Todesangst. Zu dieser Zeit hatte sie sich mit ihrem damaligen Mann gerade selbstständig gemacht - ein Stressfaktor, der für Wolf zunächst eine Erklärung für diesen Anfall war. Wie sie später erfuhr, war das ihre erste Panikattacke. Nach ein paar Tagen folgte die nächste. Von Mal zu Mal wurde es immer heftiger. Die Attacken traten immer häufiger auf.
"Meine Welt wurde immer kleiner", sagt Wolf. Schließlich ist auch ihre Ehe zerbrochen, was sie zusätzlich belastete. Die heute 53-Jährige zog sich immer weiter zurück, igelte sich ein. Sie entwickelte eine Angst vor der Angst - ein Teufelskreis begann. Ihr Haus wurde ihre Festung, aus der sie sich nicht mehr herauswagte. Wenn sie es doch tat, dann nur in Begleitung. Autofahren, einkaufen, all das war nicht mehr möglich. "Ich brauchte immer eine Art Babysitter", so Wolf. Ihr Alltag musste komplett durchgeplant sein, damit sie nicht allein war. "Das hat niemand verstanden, denn man sieht einem die Krankheit nicht an." Es gab immer wieder Phasen in ihrem Leben, da kämpfte die Staderin gegen ihre Krankheit an, aber es kamen immer wieder Rückschläge. In der Zeit, als sie sich um ihre kranke Mutter kümmerte, musste sie sich zwar aufraffen, aber sie war so gleichzeitig auch abgelenkt und die Angst nicht so stark. Körperlich zeigte sich der Stress durch Verspannungen und Schmerzen. Birgit Wolf suchte Hilfe bei Ärzten, Psychologen, Therapeuten. Sogar zum Besprechen war sie, leider ohne Erfolg. Auch die verschriebenen Psychopharmaka schafften kaum Erleichterung. "Ich war immer müde und gar nicht mehr ich selbst", so Wolf.
Als sie sich ihren ersten Hund anschaffte, gab es einen kleinen Lichtblick. Immer wenn es zum Hundetraining ging, war die Konzentration darauf so stark, dass die Krankheit für einen Moment in den Hintergrund trat. Schließlich konnte sie sich so weit zusammennehmen, dass sie vor sechs Jahren eine Ausbildung zur Hundetrainerin absolvierte. Der Kontakt zu Menschen, insbesondere zu Fremden, fiel ihr aber auch in der Zeit sehr schwer.
Über Umwege kam Wolf zum Mentalcoaching, durch das ihr schließlich vor acht Monaten die Angst genommen werden konnte. Auch wenn es zwischendurch einmal zu einem kleinen Rückschlag gekommen sei, sei es ihr möglich, weitestgehend angstfrei zu leben.
"Ich habe so sehr an Lebensqualität gewonnen", meint Wolf. Jeden Tag lerne sie wieder etwas Neues - wie ein Kind. "Ich war überrascht, was ich alles kann", sagt sie. Das erste Mal wieder Autofahren war für sie ein unfassbar tolles Gefühl. Sie arbeitet sich so immer weiter Stück für Stück in das Leben zurück und genießt ihre wiedergewonnene Freiheit. Inzwischen geht sie sogar allein mit ihren zwei Hunden spazieren und die Nähe zu anderen Menschen macht ihr wieder Freude.
Angst- und Panikstörungen
Unter einer Angst- bzw. Panikstörung wird eine ständige oder wie bei einer Attacke auftretende Angst verstanden, die nicht immer einen erkennbaren Grund, wie Gefahr oder die Angst vor Tieren, hat. Symptome sind u.a. Herzrasen, Schweißausbrüche, Zittern, Übelkeit, Atemnot bis hin zu Todesangst. Ohne eine Behandlung, die auf verschiedene Arten erfolgen kann, klingt die Krankheit nur in den seltensten Fällen von allein wieder ab. In Deutschland gehört die Angststörung zu den häufigsten psychischen Krankheiten, rund 15 Prozent der Bevölkerung leiden laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde darunter.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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