Trockener Spieler Wolfgang A.: „Ich hab‘ gelogen und betrogen“

Wolfgang A. möchte anderen Menschen helfen, gar nicht erst spielsüchtig zu werden | Foto: Montage: MSR/Foto: Fotolia/Lsantilli
  • Wolfgang A. möchte anderen Menschen helfen, gar nicht erst spielsüchtig zu werden
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bc. Stade/Wischhafen. Wolfgang A.* hat eine Botschaft zu verkünden. Seit fast sieben Jahren ist der 56-jährige Mann aus Wischhafen trockener Spieler. Früher hat er täglich am Automaten gezockt, heute sagt er: „Das war für den Arsch. Ich habe meine Frau belogen und betrogen, mehr als 100.000 Euro verspielt. Ich kann nur jedem Spielsüchtigen raten, eine Therapie zu beginnen.“

Das ist die Geschichte von Wolfgang A.: Schon als Schuljunge war er regelmäßig in Kneipen unterwegs, schaute seinem Opa beim Spielen an den „Groschengräbern“ über die Schulter. Als Anfang der 1980er Jahre die erste Spielhalle am Pferdemarkt in Stade eröffnete, zog es ihn aus Neugierde in die anonyme „Automaten-Burg“. Der Anfang vom Ende. „Ich habe gleich beim ersten Mal 50 D-Mark gewonnen. Für damalige Verhältnisse ein Riesen-Betrag“, erzählt der gelernte Industriekaufmann.

Mehr und mehr zogen die klingelnden bunten Kästen Wolfgang A. in den Bann. „Mein ganzes Leben war aufs Spielen ausgerichtet. Ich habe gemeint, die Automaten überlisten zu können. Ich war süchtig nach den Glückshormonen, die mein Körper ausschüttete, wenn ich gewann“, sagt A.. Das Problem: Der Gewinn war meistens am nächsten Tag wieder futsch. Die Spielerei nahm Überhand. A. stahl sich immer öfter unter fadenscheinigen Vorwänden von der Arbeit weg. Er plünderte die Familienkasse. Über die gesamte Zeit seiner Spielsucht verzockte A. einen Betrag im Wert eines Einfamilienhauses: „In Spitzenzeiten habe ich bis zu 500 Euro am Tag verspielt.“

Erst 2005 begab er sich in Therapie. Freiwillig, wie Wolfgang A. betont. Seine Frau hielt trotz allem immer zu ihm. Sie war die einzige, die die Ausmaße seiner Sucht kannte. „Klar gab es Streit. Klar hat sie auch mal gedroht, mich zu verlassen. Aber sie ist nie gegangen“, sagt er.

16 Wochen dauerte die stationäre Behandlung. Danach blieb Wolfgang A. bis 2007 trocken. Erst als er seinen Job als Industriekaufmann verlor, kam der Rückfall. Ein Jahr hat es gedauert, bis er endgültig den Absprung schaffte. Am 28. Mai 2008 hob er die letzten 200 Euro vom Sparbuch ab und steckte sie in den Automaten. Auch das Geld war weg. „Da habe ich gemerkt: Es geht nicht mehr. Spielsucht ist eine Krankheit“, erzählt Wolfgang A. Heute kann er problemlos an Automaten vorbeigehen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, diesen wieder mit Münzen und Scheinen zu füttern. „Es juckt mich nicht mehr.“

Wolfgang A. befindet sich in Psychotherapie. Seine Arbeitslosigkeit hat ihn depressiv werden lassen. Er wünscht sich, bald einen neuen Vollzeitjob antreten zu können. Derzeit arbeitet er nur in Teilzeit.

Der Ex-Spieler möchte seinen Beitrag dazu leisten, potenziell Süchtige zu bekehren. Mit dem Verein für Sozialmedizin in Stade hat er bereits Kontakt aufgenommen. Seine Hoffnung: „Vielleicht kann ich präventiv wirken. Zumindest kann ich als abschreckendes Beispiel dienen.“

* Name geändert

Redakteur:

Björn Carstens aus Buxtehude

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