Bearbeitungsstau beim Landkreis Stade
Ukraine-Flüchtlinge: Mit 100 Euro drei Wochen auskommen
(jd). Die russische Armee hat mit ihrer Offensive im Südosten der Ukraine begonnen. Es ist daher mit weiteren Flüchtlingen zu rechnen. Schon jetzt haben mehr als fünf Millionen Ukrainer ihr Land wegen des russischen Angriffskrieges verlassen. In Deutschland sind bisher 362.000 Geflüchtete erfasst. Sie können sich gemäß der sogenannten EU-Massenzustromrichtlinie als Vertriebene registrieren lassen und erhalten einen vorerst auf zwei Jahre befristeten Aufenthaltstitel. Doch wie ist überhaupt die Situation im Landkreis Stade? Das WOCHENBLATT fragte im Kreishaus nach.
Mehr als 1.700 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine werden nach Angaben von Kreis-Pressesprecher Daniel Beneke bis Ende der Woche offiziell als Vertriebene registriert sein und erhalten damit einen Anspruch auf Sozialleistungen. Derzeit gelten für sie noch die Regelungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, ab dem 1. Juni sind sie dann deutschen Hartz-IV-Empfängern gleichgestellt. Aufgrund der EU-Richtlinie dürfen die Ukrainer auch - im Gegensatz zu Asylbewerbern - sofort eine Arbeit aufnehmen. Ein Asylantrag ist bisher von keinem der im Landkreis Stade lebenden Ukrainer gestellt worden.
Zunächst gibt es nur 100 Euro
Allerdings warten noch viele ukrainische Flüchtlinge auf einen Termin bei der Ausländerbehörde des Landkreises, um sich registrieren zu lassen. Wer visumfrei eingereist und zunächst privat untergekommen ist, muss sich selbst um einen Termin bemühen - im Gegensatz zu denjenigen, die von der Landesaufnahmebehörde zugewiesen werden und mit dem Bus nach Stade gebracht werden. Die Termine können nur per E-Mail an abh@landkreis-stade.de gebucht werden. Wer die E-Mail - möglichst mit Kopie des Reisepasses im Anhang - abgeschickt hat, muss sich derzeit mindestens drei Wochen gedulden. "Bei den E-Mails beträgt der Rückstau zwei Wochen, hinzu kommt ein Vorlauf von einer Woche auf einen Termin", erläutert Kreis-Sprecher Beneke.
Bevor die Registrierung erfolgt ist, gibt es auch kein Geld. Die Geflüchteten müssen mit den 100 Euro auskommen, die sie als "Überbrückungsgeld" bei der Anmeldung ihres (vorläufigen) Wohnsitzes in den Rathäusern der jeweiligen Kommunen erhalten. Derzeit werden pro Woche rund 200 bis 250 Vertriebene registriert. Bislang ist es dem Landkreis trotz Sonderöffnungszeiten noch nicht gelungen, den mehrwöchigen Rückstau bei der Registrierung abzuarbeiten.
Aktuell sind 25 Mitarbeiter aus der Ausländerbehörde und dem Sozialamt mit dem Thema Ukraine-Flüchtlinge befasst. Dies erfolge "neben dem Alltagsgeschäft, welches so weit wie möglich reduziert wurde", so der Pressesprecher. Hinzu kommen noch die Sprachmittler und Beschäftigte anderer Abteilungen und Behörden, die meist dann unterstützen, wenn wieder ein Bus aus der Landesaufnahmebehörde ankommt. Für diese Bus-Ankömmlinge hat der Landkreis in einer ehemaligen Bankfiliale in Nähe des Kreishauses ein Ankunftszentrum eingerichtet.
Fingerabdrücke werden abgenommen
Trotz der terminlichen Engpässe geht der Landkreis offenbar höchst akribisch bei der Erfassung der Flüchtlinge vor. Die Vorlage von Reisepässen oder anderen Ausweisdokumenten reicht nicht. Es werden Fingerabdrücke von allen zehn Fingern genommen. "Die erkennungsdienstliche Behandlung erfolgt aufgrund gesetzlicher Vorgaben aus Sicherheitsgründen und zur Vermeidung von Mehrfachregistrierungen", erklärte Beneke. Offenbar werden hier Lehren aus der Flüchtlingswelle von 2015/16 gezogen. Damals hatten etliche Flüchtlinge erklärt, ihre Ausweise auf der Flucht verloren zu haben. Viele verschleierten so ihre Identität und nutzen dies, um mehrfach Sozialleistungen zu kassieren. Den Ukrainern dürfte man solche Absichten wohl kaum unterstellen können: Sie haben fast alle ihre Papiere dabei. Laut Landkreis handelt es sich nur um Einzelfälle, wenn jemand ohne irgendwelche Dokumente zu Registrierung erscheint.
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