Warum ein Stader nicht wählen durfte
Wählerfrust: Briefwahlunterlagen strandeten bei der Post
Wir leben in einer Demokratie und können uns glücklich schätzen, dass es hierzulande freie und geheime Wahlen gibt. Das Wahlrecht gehört in Deutschland zu den bürgerlichen Ehrenrechten. Umso schlimmer ist es dann, wenn jemand daran gehindert wird, dieses Recht wahrzunehmen. Frank B.* aus Stade wollte bei der Landtagswahl im Oktober gern sein Kreuzchen machen. Aber er durfte nicht. Zurück bleibt ein verärgerter Bürger, dessen Vertrauen in staatliche Institutionen erschüttert ist.
"Ich hatte Briefwahl beantragt, weil ich nicht wusste, ob ich am Wahlsonntag zu Hause bin", sagt B. Das sei etwa 14 Tage vorher gewesen. Der 9. Oktober rückte näher - aber die Wahlunterlagen kamen nicht. Nach den WOCHENBLATT-Berichten über die Dauer-Probleme bei der Postzustellung war ihm klar: Das wird nichts mehr mit der Briefwahl.
Im Wahllokal abgewiesen
Daher suchte B. am Wahlsonntag sein Wahllokal in Haddorf auf, um dort seine Stimme abzugeben. Der Wahlvorstand wies ihn darauf hin, dass er in der Wählerliste bereits als Briefwähler vermerkt sei. "Trotz mehrfacher Bitte wurde mir der Stimmzettel nicht ausgehändigt", berichtet B. Da er hartnäckig gewesen sei, habe der Wahlvorstand noch mit dem Stader Rathaus telefoniert. Es blieb aber dabei: B. durfte nicht wählen.
So machte sich der verhinderte Briefwähler auf den Weg ins Rathaus, um die Sache direkt zu klären. Die Eingangstür war zugesperrt. Er klingelte. "Schließlich kam ein genervter Mitarbeiter", berichtet B. Er trug sein Anliegen erneut vor, sei aber noch an der Tür barsch abgewiesen worden. "Sie haben eben Pech gehabt", soll der Rathaus-Mitarbeiter laut B. gesagt haben - und das in einem sehr frechen Ton. Auf weitere Diskussion soll sich B.s Gegenüber nicht mehr eingelassen haben. "Der Rathaus-Mitarbeiter drohte mir, die Polizei zu rufen, wenn ich nicht sofort gehe", berichtet B.
Der Haddorfer zog unverrichteter Dinge ab - mit einer Riesenwut im Bauch: "Das Benehmen des Rathaus-Mitarbeiters war eine bodenlose Frechheit. Solch ein Verhalten ist nur peinlich." B. wandte sich mit seinem Frust nun selbst an die Polizei - in der Hoffnung, sein Wahlrecht womöglich doch noch durchsetzen zu können. Aber der Beamte am anderen Ende der Leitung habe nur erklärt, dass die Polizei nicht zuständig sei. Was aber interessant war, so B.: "Der Polizist sagte mir, dass ich nicht der Erste gewesen sei, der sich wegen der Probleme mit der Briefwahl gemeldet habe."
Wie ist die rechtliche Lage?
Doch wie stellt sich die Rechtslage in Sachen Briefwahl überhaupt dar? "Verlorene Wahlscheine werden nicht ersetzt", heißt es in der niedersächsischen Landeswahlordnung - und weiter: "Versichert eine wahlberechtigte Person glaubhaft, dass ihr der beantragte Wahlschein nicht zugegangen ist, so kann ihr bis zum Tag vor der Wahl, 12 Uhr, ein neuer Wahlschein erteilt werden." Der Wahlschein ist elementarer Bestandteil der Briefwahlunterlagen. Ohne diesen ist eine Briefwahl gar nicht möglich.
Somit wäre für B. der Zug am Sonntag ohnehin abgefahren gewesen. Er hätte nur bis Samstagmittag eine Chance gehabt, an neue Briefwahlunterlagen zu kommen. Wäre er über die rechtliche Lage sachlich und in einem vernünftigen Ton informiert worden, hätte er sich wohl auch nicht so geärgert, meint B. Im Stader Rathaus wollte man den Vorfall weder bestätigen noch kommentieren: "Zu Einzelfällen, bei denen wir von unserem Hausrecht Gebrauch machen müssen, äußern wir uns nicht", erklärte Pressesprecher Stephan Voigt.
Übrigens: Zwei Wochen nach der Landtagswahl steckten B.s Briefwahlunterlagen endlich im Briefkasten. Immerhin: Das Schreiben ging bei der Post nicht verloren.
* Name der Red. bekannt
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