Pläne für Bahn-Elbquerung werden abgebügelt
50 Jahre "Staufalle" Elbtunnel: Pendlern ist nicht nach Feiern zumute
Was für ein Jubiläum: 50 Jahre Elbtunnel! Mit großen Worten wurde am heutigen Freitag (10. Januar) die „Erfolgsgeschichte moderner Verkehrsinfrastruktur in Hamburg“ gefeiert. Doch während Hamburger Politiker - allen voran Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) - und Autobahn-Verwaltung den Tunnel hochleben ließen, gab es für Pendler und Umlandbewohner keinen Grund zum Feiern. Sie verbinden mit dem Elbtunnel keine Erfolgsgeschichte, sondern eher den Begriff "Staufalle". Der Elbtunnel, der einst als verkehrstechnisches Meisterwerk galt, ist mittlerweile ein Symbol für den chronischen Verkehrskollaps rund um Hamburg und für die unzureichende Anbindung des südlichen Hamburger Umlands. Kürzlich wurde die im Prinzip vernünftige Idee, diese Region per ÖPNV mittels eines Bahntunnels im Hamburger Westen anzubinden, wieder verworfen worden.
Dauernd Staus vor dem Elbtunnel
Täglich quälen sich mehr als 120.000 Autos durch den Tunnel. Besonders die Pendler aus dem Landkreis Stade und anderen Teilen des Hamburger Südwestens sind genervt von den langen Staus. Eine Alternative für diejenigen, die aus dem Stader Bereich regelmäßig zur Arbeit in die Hamburger City oder in einen der Stadtteile pendeln, ist die Bahn. Doch wegen der Bauarbeiten im Streckennetz zwischen Harburg und dem Hauptbahnhof wird es in kommenden Jahren regelmäßig zu Gleissperrungen und Zugausfällen kommen. Eine mögliche Lösung wäre eine neue Bahnverbindung, die von Buxtehude über Finkenwerder unter die Elbe nach Altona führt. Eine solche Strecke könnte den Verkehr entlasten und Pendlern eine direkte Verbindung ins Hamburger Zentrum bieten.
Schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis
Doch eine aktuelle Studie, die vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben und von Fachleuten unter Federführung der TU Hamburg erstellt wurde, erklärt dieses Vorhaben für unwirtschaftlich. Der Kosten-Nutzen-Faktor von 0,3 bis 0,4 sei schlicht zu schlecht. Der Faktor muss bei der Zahl eins liegen, um wirtschaftlich zu sein. Kritiker sagen nun, dass in der Studie bewusst auf eine bestimmte Weise mit Zahlen jongliert wurde, damit am Ende ein negativer Wert hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit herauskommt. So wirft die Bürgerinitiative "Prellbock Altona" den Autoren der Studie vor, anhand von "völlig realitätsfernen und politisch vorgegebenen Rahmendaten" gerechnet zu haben. "Der Studie ist anzumerken, dass das Endergebnis politisch in die gewünschte Richtung bewegt worden ist", so die Meinung der BI.
Falsche Grundannahmen?
Moniert wird beispielsweise, dass im Gutachten der Bau der umstrittenen Autobahn A26-Ost, die den Autoverkehr quer den Hamburger Süden und den Hafen lenken soll, als gesetzt angenommen wird. Dabei steht noch in den Sternen, ob und wann diese Querachse kommen wird. Dennoch floss in die Studie die Annahme ein, dass viele Pendler später die A26-Ost nutzen werden. Die Gutachter mussten auf einer Diskussionsveranstaltung einräumen, dass bei einem Wegfall des A26-Ost-Szenarios mehr Pendler die potenzielle Bahnquerung im Westen Hamburgs nutzen würden. Doch das würde angeblich das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht wesentlich verbessern.
Nachfrage bewusst kleingerechnet?
Das soll laut den Machern der Studie angeblich auch nicht in Hinblick auf die geplanten Neubaugebiete in den südlichen Hamburger Elbvororten wie Neugraben oder Neuwiedenthal oder hinsichtlich des Airbus-Werkes in Finkenwerder gelten. Die hier angenommenen zusätzlichen 25.000 Fahrgäste pro Tag sollen ebenfalls keine wesentliche Bedeutung für die Berechnung haben. Auch in diesem Punkt gibt es Kritik: Der Wert sei viel zu niedrig, wenn man bedenkt, dass südlich der Elbe nicht nur immer mehr Menschen wohnen werden, sondern auch Industrieansiedlungen wie Airbus täglich tausende Pendler generieren. Es dränge sich der Verdacht auf, dass die Nachfrage bewusst kleingerechnet wurde.
Zeitersparnis und gut für den Klimaschutz
Die Aussage der Gutachter, die Nachfrage nach einer westlichen Bahnquerung sei "verschwindend klein", dürfte für die Bewohner des Landkreises Stade wie blanker Hohn wirken. Vor allem die Berufspendler haben längst die Nase voll von den Dauerbaustellen auf den Linien S3 und S5 sowie auf der Start-Strecke. Eine westliche Elbquerung wäre gerade für diese Pendler eine enorme Erleichterung. Weniger Autos auf der Straße, weniger Stau im Tunnel – eine neue Bahnstrecke würde nicht nur Pendler, sondern auch die Umwelt entlasten.
Nach der großen Jubiläumsfeier bleibt daher ein bitteres Fazit: Während der Elbtunnel als technisches Wunderwerk der 1970er-Jahre gefeiert wird, bleiben die Menschen aus dem Umland auf der Strecke – im wahrsten Sinne des Wortes. Wie lange will Hamburg sich noch davor verschließen, dass der Landkreis Stade und weite Teile des Hamburger Südwestens dringend eine moderne, effiziente Anbindung benötigen? Der Elbtunnel wird dieses Problem nicht lösen – und er hat es auch nie getan. Er kann allenfalls als ein Denkmal längst überholter Verkehrspolitik herhalten.
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