"Dann nehmen Sie kein Billig-Grab"
Erneut Zoff um Grabschmuck-Verbot: Jetzt haben Friedhofsgärtner die Blumenvasen auf dem Kieker
tp. Stade. Die umstrittene Deko-Sperre auf dem Schlichtgräber-Feld des städtischen Geestberg-Friedhofes in Stade treibt seltsame Blüten: Nachdem die Friedhofsgärtner zahlreiche Schmuckgegenstände wie gerahmte Bilder, Ton-Herzen und Engelsfiguren radikal abgeräumt haben, beseitigen sie jetzt auch Pflanzen: Witwe Käthe Habeck (75) vermisste jüngst einen kleinen Topf Erika, mit dem sie das Grab ihres verstorbenen Ehemannes Helmut Habeck (78†) geschmückt hatte.
Wie mehrfach berichtet, machte die Stadt kürzlich auf einem bestimmten Friedhofs-Areal mit einfachen flachen Grabmalen, den sogenannten Kissensteinen, "klar Schiff" und räumte sämtliche Ziergegenstände ab. Mehrere Betroffene protestierten. Die Stadt erklärte die für viele Hinterbliebene überraschende Maßnahme mit Bestimmungen aus der Friedhofssatzung und verwies auf den verhältnismäßig günstigen Preis der von Rasen umgebenen Gräber, die von kommunalen Arbeitern maschinell gepflegt werden und von Angehörigen nur mit einer Blumen-Steckvase geschmückt werden dürfen.
Witwe Käthe Habeck glaubte, alles richtig zu machen, als sie einen Topf mit violett blühender Heide in die Blumenvase am Grab ihres Mannes stellte. Doch nach ein paar Tagen war das Heidekraut verschwunden. Friedhofsgärtner hatten den bepflanzten Topf aus der Vase genommen und an einen Baum gestellt.
Zwischenzeitlich hat Käthe Habeck die Erika in die Vase zurück getan. Diesmal allerdings schnitt sie die Heide-Pflänzchen ab und stellte sie mit anderen Blumen ins Wasser. Die Friedhofsgärtner ließen das Grab in Ruhe.
Das Vorgehen der Gärtner scheint inkonsequent. Auf Nachbargräbern finden sich zum Teil üppig bepflanzte, mit Erde befüllte Blumen-Steckvasen. Auch gibt es mehrere Kissensteingräber mit Plastikblumen. "Doch Kunststofflumen sind ausdrücklich unerwünscht", sagt Käthe Habeck, die sich die Satzung gründlich durchgelesen hat.
Empört ist die Witwe über den angeblichen Kommentar eines Mitarbeiters des Friedhofsbüros. Als sie sich bei ihm beschwerte, habe er ihr mit dem abschätzigen Kommentar "dann hätten Sie kein Billig-Grab nehmen müssen", eine Abfuhr erteilt. Im Namen der Verstorbenen hofft Käthe Habeck auf ein Einlenken der Stadt: "Denn allmählich wird aus einer Ruhestätte ein Kriegsschauplatz", bedauert sie.
In dem sich zu einer Provinzposse entwickelnden Deko-Zoff scheinen sich die Kontrahenten im Kreis zu drehen: Denn Stadtbaurat Kersten Schröder-Doms verweist in Habecks Fall erneut auf die Satzung, nach der in den Kissensteinabteilungen nur das Aufstellen einer Grabsteckvase zulässig sei. "Weiterhin hat sich Frau Habeck in dem Erwerbsschein der Grabstelle ausdrücklich mit den detaillierten Dekorationsbedingungen einverstanden erklärt."
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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