Landrat fordert mehr Geld für Küstenschutz
Deichschau-Bilanz im Kreis Stade: Nur ein "Sturm-Flütchen"
"Unsere Deiche sind in einem guten, wehrfähigen Zustand" - so fasst Landrat Kai Seefried das Ergebnis der elf Deichschauen an der Elbe und ihren Nebenflüssen im Landkreis Stade zusammen. Diese positive Nachricht wird aber getrübt von der Sorge, was die Zukunft bringt: Nicht zuletzt wegen des Klimawandels müssen die Deiche zwingend erhöht werden. Doch die Verantwortlichen in Hannover und Berlin reagieren viel zu träge. Das bringt den Landrat in Rage. Er hat längst selbst die Initiative ergriffen und will künftig mehr Druck aufbauen, damit ausreichend Geld in den Küstenschutz fließt und das Tempo beim Deichbau erhöht wird.
Lediglich eine kleinere Sturmflut
Eine wirkliche Herausforderung stellte der vergangene Winter für die 76 Kilometer Hauptdeichlinie an der Elbe und die insgesamt knapp 107 Kilometer langen Schutzdeiche an Oste, Schwinge, Lühe und Este allerdings nicht dar. Die Sturmflutsaison fiel fast gänzlich aus. Nur ein "Sturm-Flütchen" habe das Wasser in der Elbe auf 1,55 Meter über dem mittleren Tide-Hochwasser ansteigen lassen, so Stephanie Wischkony von der Unteren Deichbehörde des Landkreises. Auch die Maulwürfe hätten dem Deichkörper längst nicht so zugesetzt wie in anderen Jahren. Und die Deichverbände und Deichschäfer seien eifrig dabei gewesen, für die Grasnarbe schädliche Unkräuter wie Ampfer oder Distel zu beseitigen.
"Unsere größte Baustelle am Hauptdeich ist derzeit der Anleger für das LNG-Terminal in Stade-Bützfleth", berichtet Wischkony. Auch die Mammutaufgabe Deicherhöhung ist zaghaft gestartet: In Jork-Hinterbrack wird das Siel saniert und es laufen vorbereitende Arbeiten für die Aufstockung des Deiches. Der erforderliche Planfeststellungsbeschluss liegt allerdings noch nicht vor. Richtig losgelegt werden kann wohl erst 2024. Bei dieser Geschwindigkeit dürften Jahrzehnte ins Land gehen, bis alle 76 Kilometer Elbdeich im Landkreis Stade um bis zu 2,10 Meter erhöht sein werden.
Keine langfristige Planung
Den Landrat, der für seine zupackende Art bekannt ist, bringt das Schneckentempo beim Deichbau auf die Palme: "Nach wie vor dauert das alles viel zu lang. Es gibt vom Land und seinen zuständigen Behörden keine konkreten Zeitabläufe, welcher Abschnitt wann erneuert werden soll, und es steht auch nicht ausreichend Geld zur Verfügung." Was ihn zusätzlich aufregt: Die Finanzmittel für den Küstenschutz werden den Deichverbänden weiterhin nur jährlich bereitgestellt. "In diesem Jahr kam wieder mal erst Ende April die Info vom Land, welche Summe bereitsteht. Das ist viel spät, um Aufträge für Maßnahmen an den Deichen zu vergeben. Die Arbeiten müssen ja Ende September vor Beginn der Sturmflutsaison abgeschlossen sein", kritisiert Seefried.
Der Landrat fordert die Umstellung auf eine langfristige Planung beim Küstenschutz - vor allem in finanzieller Hinsicht. "Die Deichverbände müssen rechtzeitig wissen, wie viel Geld ihnen zur Verfügung steht." Er denke bereits darüber nach, Maßnahmen beim Deichbau notfalls durch den Landkreis zwischenzufinanzieren, bevor etwas am Geld scheitert, so Seefried. "Das würde nur unterstreichen, welch hohe Bedeutung der Küstenschutz für unsere Region hat."
• Trotz der Abfuhr von Niedersachsen Umweltminister Christian Meyer (Grüne) will Seefried an einem "Generalplan Elbe" festhalten (das WOCHENBLATT berichtete). Dafür soll jetzt ein Entwurf ausgearbeitet werden.
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