Neuregelung in der niedersächsischen Kommunalverfassung macht es möglich
Den Stader Rat per Video tagen lassen? Diskussion um Antrag eines SPD-Ratsherrn
jd. Stade. Corona macht es möglich: In Niedersachsen können die Räte und ihre Ausschüsse jetzt per Videokonferenz tagen. Entweder tagen alle Rats- bzw. Ausschussmitglieder von zu Hause aus vor dem Monitor oder aber es wird einzelnen Mitgliedern ermöglicht, an einer Sitzung per "Videoschalte" teilzunehmen. Diese Neuregelung ist Mitte Juli in das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) aufgenommen worden - unter dem neuen Paragrafen 182 mit dem Titel "Sonderregelungen für epidemische Lagen". Von der Regelung möchte nun der Stader SPD-Politiker Oliver Kellmer Gebrauch machen. Nach WOCHENBLATT-Informationen zum Unmut der Stader Verwaltungsspitze. Denn die Umsetzung erfordert einigen technischen Aufwand und verursacht zusätzliche Kosten. Die Rede ist von mindestens 6.000 Euro.
Er habe bei der Vorsitzenden des Ausschusses für Kinder, Jugendliche und Soziales (KJS) beantragt, dass während der Ausschusssitzungen künftig eine entsprechende Videotechnik zum Einsatz komme, erklärt Kellmer auf WOCHENBLATT-Nachfrage. Kellmer gehört dem KJS an und betrachtet die Möglichkeiten, die der Corona-Sonderparagraf des NKomVG einräumt, als sinnvolle Schutzmaßnahme gegen eine Infektion, insbesondere vor dem Hintergrund einer möglichen zweiten Corona-Welle.
Allerdings sieht es das Gesetz vor, dass nur der Ratsvorsitzende oder die Ausschussvorsitzenden die Schaltung einer Videokonferenz "anordnen" können. "Ein Recht des einzelnen Abgeordneten auf Online-Teilnahme gibt es leider nicht", so Kellmer.
Fest steht bereits, dass es auf der KJS-Sitzung am kommenden Mittwoch keine Zuschaltung per Videokonferenz geben wird. Laut Stadt-Sprecher Thorben Völker reicht die Zeit bis dahin nicht aus, um die erforderliche Hardware zu besorgen. Außerdem befinde sich die Verwaltung zu diesem Thema noch im Gespräch mit der Politik.
Ein Ergebnis ist hier nicht absehbar, denn in den Parteien gibt es unterschiedliche Standpunkte zur Notwendigkeit solcher Videokonferenzen für den Rat oder die Ausschüsse. So hält Carsten Brokelmann von der Wählergemeinschaft (WG) angesichts der niedrigen Corona-Zahlen im Landkreis eine Videoschaltung für nicht erforderlich. Wenn sich jemand gefährdet fühle, könne er sich in den Ausschüssen problemlos von Fraktionskollegen vertreten lassen.
Auch die CDU-Fraktionsvorsitzende Kristina Kilian-Klinge sieht derzeit keine Erfordernis. Ihre persönliche Meinung zu diesem Thema: Wenn nach dem Wiederanlaufen des Schulbetriebs von Schülern und Lehrern sowie allgemein von Arbeitnehmern erwartet werde, ihre normalen Tätigkeiten unter Beachtung der Corona-Regeln auszuüben, dann "kann das auch von den gewählten Mitgliedern des Stadtrates erwartet werden".
Eine andere Sichtweise vertritt Wolfgang Ehlers, Fraktionschef der "bunten Gruppe". Er hält die Zuschaltung per Video grundsätzlich für eine sinnvolle Maßnahme, gerade wenn ein Ratsmitglied einer Risikogruppe angehört. Ehlers wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, warum die Stadt die Politik gar nicht über diese neue Option informiert habe. "Diese neue Regelung besteht bereits seit sechs Wochen und die Verwaltung hat es nicht nötig, uns davon in Kenntnis zu setzen." Es sei peinlich, erst indirekt durch Oliver Kellmers Antrag davon zu erfahren.
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