Diese Flüchtlinge kommen mit dem Flugzeug
Die meisten Asylsuchenden im Landkreis Stade stammen aktuell aus Kolumbien

Abflug in eine besser Zukunft? Die Flüchtlinge aus Kolumbien kommen mit dem Flugzeug | Foto: Adobe Stock/Who is Danny
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Diese Flüchtlinge erreichen Deutschland nicht nach einer gefahrvollen Überfahrt über das Mittelmeer oder über eine Fluchtroute quer durch Vorderasien und den Balkan. Sie kommen bequem mit dem Flugzeug und können dank Visa-Freiheit problemlos einreisen. Gemeint sind Asylbewerber aus Kolumbien. Bereits vor einem halben Jahr vermeldete das WOCHENBLATT, dass Kolumbianer bereits den dritten bzw. vierten Platz hinsichtlich der Zahl der neu registrierten Asylsuchenden in den Landkreisen Stade und Harburg einnahmen (die Ukrainer werden aufgrund ihres Sonderstatus nicht mitgerechnet). Inzwischen führt Kolumbien im Landkreis Stade das Ranking der Herkunftsländer vor Syrien, der Türkei und Afghanistan an. 

Flüchtlingsquote im Kreis Stade mit 162 Prozent übererfüllt

Auch europaweit unter den ersten Fünf

Dabei hat sich im Prinzip nichts geändert für Asylsuchende aus dem südamerikanischen Land: Ihre Chance auf Anerkennung als Asylberechtigte tendiert weiter gegen Null. Dennoch strömen immer mehr Kolumbianer nach Europa und auch nach Deutschland. Auch europaweit gehört Kolumbien zu den "Top Five". Die Asylagentur der Europäischen Union registrierte im ersten Halbjahr 2023 fast 34.000 Asylbewerber von dort. Zielland der allermeisten Kolumbianer ist aufgrund der Sprache (und wegen der Direktflugverbindungen) Spanien. Doch auch in Deutschland stellen immer mehr Kolumbianer Antrag auf Asyl. In diesem Jahr hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits mehr als 1.500 Asylanträge registriert. 

Abgeschoben nach Georgien: Die andere Story

Niedersachsen ist Erstaufnahme-Land 

Den Kolumbianern wurden bisher aufgrund einer Vereinbarung mit dem BAMF zunächst Erstaufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen zugewiesen. Das mag eine Erklärung dafür sein, dass die Zahl kolumbianischer Flüchtlinge in niedersächsischen Landkreisen wie Stade relativ hoch ist. Rund 3.000 Asylbewerber aus dem südamerikanischen Land befinden sich derzeit in einem laufenden Asylverfahren. Fast alle dürften mit einer Ablehnung ihres Antrages rechnen. Die Anerkennungsquote der vergangenen Jahre lag deutlich unter einem Prozent. Noch immer dürfte die Aussage des Stader Landkreis-Pressesprechers Daniel Beneke gelten, wonach Asylanträge von Kolumbianern durchweg negativ beschieden werden und auch Klagen keine Aussicht auf Erfolg haben.

Als Grund für den starken Zustrom kolumbianischer Flüchtlinge vermuten deutsche Behörde eine gezielte Anwerbepraxis krimineller Organisationen. Menschen würden mit dem Versprechen auf ein besseres Leben nach Europa gelockt, wobei ihnen ohne nennenswerte Gegenleistung viel Geld abgeknöpft wird. Da Kolumbianer visafrei in die EU einreisen dürfen, gibt es für sie so gut wie keine Hürden auf dem Weg nach Europa. Dieser Praxis sollte ein Riegel vorgeschoben werden, heißt es inzwischen aus der Politik. Wenn keine anderen Lösungen greifen, könnte sich Deutschland dafür einsetzen, dass die EU wieder die Visumpflicht für Kolumbianer einführt. 

25.000 ausländische Staatsbürger leben im Landkreis Stade

Flucht vor wirtschaftlichem Elend

Es ist davon auszugehen, dass die allermeisten Flüchtlinge Kolumbien aus wirtschaftlichen Gründen den Rücken kehren. Behördliche Statistiken zu den bei den Asylverfahren vorgetragenen Fluchtgründen gibt es nicht. Gegenüber den Medien berichteten Flüchtlinge aus Kolumbien wiederholt, dass sie in ihrer Heimat von kriminellen Bänden bedroht würden. Solche Aussagen lassen sich kaum überprüfen. Fest steht: Aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise im Land sind viele Menschen ohne Arbeit und damit ohne Zukunftsperspektive. Die Krise wird dadurch verstärkt, dass das Land mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aus dem Nachbarland Venezuela aufgenommen hat.

Innenpolitisch kam Kolumbien nach dem Friedensschluss zwischen der Regierung und einer Guerillaarmee zur Ruhe, auch wenn immer wieder bewaffnete Konflikte auflodern. Nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe zählt der südamerikanische Staat zu den Ländern mit den meisten Binnenvertriebenen weltweit. Ende 2022 waren es 6,8 Millionen Menschen, die im eigenen Land auf der Flucht waren. Deutschland hat ein Programm für abgelehnte Asylbewerber aufgelegt: Wer freiwillig nach Kolumbien zurückkehrt, bekommt die Reisekosten bezahlt und erhält eine Einmalzahlung als finanzielle Starthilfe.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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