Fahne des Reichsbanners
Die Stader SPD besitzt ein ganz besonderes "Erbstück"
jd. Stade. Die Sozialdemokraten haben seit jeher die Fahne der Demokratie hochgehalten. So war es beispielsweise die SPD-Fraktion im Reichstag, die 1933 als Einzige gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt hat. Eine Fahne, die in den krisengeschüttelten Jahren vor dem Anbruch der Nazi-Herrschaft im wahrsten Sinner des Wortes hochgehalten wurde, wird sorgfältig in der Stader SPD-Geschäftsstelle verwahrt. Dort liegt eine Fahne des "Reichbanners" aus den 1920er Jahren. In dieser Organisation hatten sich in der Weimarer Republik die demokratischen Kräfte zusammengeschlossen. Doch die Fahne ist in einem schlechten Zustand. Sie soll nun nach Berlin kommen, um sie dort fachgerecht einzulagern. So will man verhindern, dass der lädierte Stoff weiter zerfällt.
"Diese Fahne hat eine bewegte Vergangenheit", berichtet der Stader SPD-Vorsitzende Kai Koeser. Das "Reichsbanner" wurde 1924 gegründet. Wahrscheinlich entstand in diesem Jahr auch in Stade eine Gruppe, die dann die Fahne in Auftrag gegeben hat. Diese ist in Samt und Seide ausgeführt und kunstvoll bestickt. Auf der einen Seite ist der Schriftzug "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold - Ortsverein Stade" auf die Deutschlandfahne mitsamt Wappenadler gestickt. Auf der anderen Seite prangt das Stader Wappen, umrankt von den Worten des Deutschlandliedes: "Einigkeit und Recht und Freiheit".
"Diese Fahne ist ein Symbol der Demokratie", sagt Koeser. Sie stehe mit ihren Farben in der Tradition der 1848er-Revolution - in Abgrenzung zum Schwarz-Weiß-Rot des Kaiserreiches, das die Feinde der Weimarer Republik weiterführten. Dem "Reichsbanner" gehörten hauptsächlich Sozialdemokraten an, neben der SPD wurde es von der Zentrumspartei und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) unterstützt. Zu den Mitgliedern zählten die späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss und Gustav Heineman.
Das "Reichsbanner" bot den rechten und nationalistischen Kampfbünden wie der SA und dem "Stahlhelm" Paroli. Gegen Ende der Weimarer Republik, als sich die politische Auseinandersetzung immer mehr auf die Straße verlagerte, war das "Reichsbanner" häufig in Straßenkämpfe mit den NS-Schergen verwickelt.
Fahne wurde vor den Nazis versteckt
Die Stader Fahne wurde nach dem Verbot des "Reichbanners" durch die Nazis bei Privatleuten versteckt. "Der Legende nach soll sie auch einige Zeit in einem Puppenhaus verwahrt worden sein", berichtet Koeser. Nach dem Krieg ging die Fahne in den Besitz der wiedergegründeten SPD über. Das "Reichsbanner" wurde ebenfalls neu gegründet, erlangte aber in der Bundesrepublik nicht ansatzweise die frühere Bedeutung zurück.
Bis 2018 hing die Fahne in einer Vitrine des Stader SPD-Bürgerbüros. "Bis wir einen Wasserschaden hatten, bei dem die Fahne völlig durchnässt wurde", berichtet Koeser. Das wertvolle Tuch kam zum Trocknen ins Stadtarchiv. Doch mehr konnte dort nicht getan werden. Die SPD wandte sich an eine Restauratorin aus Hamburg, die auf Stoffe spezialisiert ist. "Der Kostenvorschlag belief sich auf 13.000 Euro", so der Stader SPD-Chef. "Das konnte niemand finanzieren."
Über Parteifreunde aus dem Bund hat Koeser Kontakt zur Gedenkstätte Deutscher Widerstand geknüpft. Dort kann die Fahne nun gut geschützt eingelagert werden, bis die Finanzierung für eine Restaurierung steht. "Sie bleibt Eigentum der Stader SPD und kann nach Voranmeldung jederzeit im sogenannten Schaudepot besichtigt werden", so Koeser.
Ihm ist es wichtig, dass dieses Symbol der Demokratie nicht in irgendwelchen Magazinkellern verschwindet. Koeser ist dankbar für jegliche Unterstützung, damit die Fahne restauriert werden kann. Wer helfen möchte, wendet sich an folgende E-Mail-Adresse: kontakt@spd-stade.de.
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