Eisiges Klima an der Armutsgrenze
Zoff um Wohlstands-Reste in der Diakonie-Möbelhalle
tp. Stade. Die Schere zwischen Arm und Reich ist weit geöffnet. In Deutschland gibt es rund 430.00 Millionäre. Gleichzeitig leben in der Bundesrepublik 4,5 Millionen Menschen von Hartz IV-Leistungen. Während die Wohlhabenden ihren Luxus genießen, kommt es am unteren Einkommensgrenze zu Neid und Konflikten um einfache Dinge des täglichen Gebrauchs - Beispiel Diakonie-Möbelhalle in Stade: Laut WOCHENBLATT-Informant Thomas L.* (49) sollen Mitarbeiter des sozialen Kaufhauses Einrichtungsgegenstände an der Kundschaft, die zum Großteil aus Bedürftigen besteht, vorbeischleusen, in dem sie Ware privat verkaufen. Das Team dementiert die Vorwürde.
In der Möbelhalle des Diakonieverbandes Buxtehude-Stade arbeitet eine Gruppe aus rund zehn Männern, teils als "Ein-Euro-Jobber", teils ehrenamtlich. Sie holen gespendete Gebrauchtmöbel und Haushaltsgeräte aus Privathaushalten ab und verkaufen sie in der Möbelhalle günstig an jedermann. Eine moderne, gut erhaltene Wohnzimmerschrankwand ist für 150 Euro erhältlich. Lieferung und Aufbau erledigt das Team gegen einen geringen Aufpreis.
Doch Thomas L.*, der von Hartz IV lebt, will eine Ungerechtigkeit beobachtet haben. Einzelne Möbelhallen-Mitarbeiter sollen die wenigen hochwertigen Stücke wie antike Möbel, Porzellangeschirr oder Waschmaschinen außerhalb der Diakonie-Einrichtung verkaufen und sich so persönlich bereichern. Den Schaden schätzt er auf einige hundert Euro pro Monat. "Das ist unfair gegenüber den Bedürftigen und in meinen Augen Betrug", sagt der Insider. Die Vorwürfe sind nicht neu: Bereits vor rund drei Jahren berichtete das WOCHENBLATT von ähnlichen Beschuldigungen gegenüber dem Möbelhallen-Team.
Die Mitarbeiter des Gebrauchtmöbelhauses wehren sich gegen die Anschuldigungen: Früher habe es vielleicht vereinzelt solche Fälle gegeben, seit mindestens zwei Jahren sei dies aber vorbei, so das Team unisono. "Ganz im Gegenteil sogar", beteuert Mitarbeiter Moritz Rotter. Vielfach würden die Möbelhallen-Mitarbeiter sozial schwachen Kunden entgegenkommen, indem sie Möbel zum Teil verschenken, kostenlos und auch nach Feierabend ausliefern und aufbauen. Besondere Hilfe ließen sie vor allem allein stehenden Müttern, Asylbewerbern, mittellosen Rentnern auf dem Land oder Frauen, die nach einem Frauenhaus-Aufenthalt eine neue Wohnung beziehen, zuteil werden, so die Mitarbeiter. "Doch nicht selten wird uns unsere freiwillige Unterstützung von anderen Bedürftigen zum Vorwurf gemacht", sagt Mitarbeiter Enrico Guth. "Am unteren Ende der Gesellschaft wird das soziale Klima immer eisiger." Guth, der selbst nur das Nötigste zum Leben hat, fühlt sich von der Politik im Stich gelassen.
*Name von der Redaktion geändert
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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