Umbenennung steht nicht mehr zur Diskussion
Erinnerung an Nazi-Zeit: Ostmarkstraße in Stade erhält Gedenktafel

Über den NS-belasteten Namen der Ostmarkstraße wurde in der Stader Politik häufiger diskutiert. Jetzt soll dort eine Gedenktafel mit einem Hinweistext errichtet werden | Foto: jab
  • Über den NS-belasteten Namen der Ostmarkstraße wurde in der Stader Politik häufiger diskutiert. Jetzt soll dort eine Gedenktafel mit einem Hinweistext errichtet werden
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Die Ostmarkstraße in Stade stand schon öfter im Mittelpunkt intensiver politischer Diskussionen. Die letzte Debatte wurde 2019 geführt, nachdem die CDU die Umbenennung der Straße beantragt hatte. Hintergrund war der NS-Bezug des Straßennamens. Die Straße erhielt ihren Namen im Jahr 1938, als dort eine Siedlung für verdiente SA-Mitglieder errichtet wurde. Der Straßenname "Ostmark" entspringt der nationalsozialistischen Terminologie. Die Nazis bezeichneten Österreich, das damals per Handstreich annektiert wurde, als Ostmark. Jetzt soll in Stade endlich ein Schlussstrich unter den Straßen-Streit gezogen werden: In der Ostmarkstraße soll ein Mahnmal errichtet werden, das an die NS-Vergangenheit der Straße erinnert. Eine eigens zu diesem Thema eingerichtete Arbeitsgruppe hat einen Text für eine Gedenktafel erarbeitet. Dieser Textvorschlag fand nun Zustimmung im Kulturausschuss. 

SPD setzte sich für Beibehaltung des Straßennamens ein

In der Diskussion innerhalb der Stader Kommunalpolitik über den Umgang mit dem NS-belasteten Straßennamen hat sich damit die SPD durchgesetzt. Die Genossen schlugen vor, den Namen beizubehalten und stattdessen mit einer Informationstafel auf den historischen Hintergrund hinzuweisen. Auch die Anwohner der Straße sprachen sich damals mehrheitlich gegen eine Umbenennung aus und starteten eine Unterschriftenaktion. Befürworter der Gedenktafel-Lösung argumentierten, dass eine bloße Umbenennung einer historischen Aufarbeitung entgegenstünde. Eine Tafel mit einem Hinweistext, der den Sachverhalt kritisch aufarbeitet, würde hingegen die Möglichkeit bieten, die Erinnerung an die Nazizeit präsent zu halten und ein Mahnmal gegen das Vergessen zu schaffen.

Lesen Sie hier alle bisherigen Artikel zum Thema Ostmarkstraße

Dieser Text ist für die Gedenktafel an der Ostmarkstraße vorgesehen:

Gedenktafel an der Ostmarkstraße

Der Name der Ostmarkstraße geht zurück auf das Jahr 1938 und verwendet die damalige Bezeichnung für das wenige Monate zuvor völkerrechtswidrig vom Deutschen Reich annektierte Österreich.

Der Begriff „Ostmark“ ist in seiner deutschen Übersetzung erst im 19. Jahrhundert gebräuchlich. In völkisch-nationalistischen Veröffentlichungen und der Geschichtsschreibung der Kaiserzeit bezeichnet er alle östlichen Grenzregionen des Deutschen Reiches. Schon zu dieser Zeit war der Begriff politisch gefärbt im Sinne einer Abwehr der slawischen Nachbarvölker.

Die Nationalsozialisten haben diesen politischen Kampfbegriff bewusst auf das österreichische Territorium beschränkt, um damit die Eigenständigkeit des Landes zu leugnen und die von ihnen beanspruchte Zugehörigkeit des Landes zum Deutschen Reich deutlich zu machen.

In diesem Sinne hat der damalige Stader Bürgermeister Dr. Dr. Carl Nörtemann im November 1938 für die Straßenbenennungen in der neuen „Dankopfersiedlung“ der SA die Namen Ostmarkstraße und Sudetenstraße nach den kurz zuvor einverleibten Gebieten des Deutschen Reiches ausgewählt.

Die von der SA zu Hitlers Geburtstag als „Dankopfer der Nation“ gesammelten Geldspenden wurden hier für den Bau von 25 Wohnhäusern durch eine Siedlungsgesellschaft verwendet. Die nationalsozialistische Siedlungspolitik sah neben den Häusern mit großem Garten zur Selbstversorgung auch ein nicht gebautes „Scharhaus“ vor. 20 Siedlerstellen waren für „bewährte Partei- und SA-Leute“ vorgesehen, fünf Siedlerstellen für Kriegsbeschädigte des Ersten Weltkriegs. Nach Kriegsende wurden sechs zusätzliche Kleinsiedlerstellen bebaut.

Seit den achtziger Jahren entwickelte sich mehrfach eine Diskussion darüber, ob der Name Ostmarkstraße wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit geändert werden sollte. Nach einer langen Debatte entschied der Rat der Hansestadt Stade sich im Dezember 2019 für die Beibehaltung des Namens und seine geschichtliche Erklärung.

Diese Tafel soll zur Auseinandersetzung mit der Geschichte anregen und dient dem mahnenden Erinnern an das menschenverachtende Terrorregime. Im Gedenken an dieses Unrecht distanzieren sich Rat, Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger von jeglichem rassistischen, nationalistischen und gewaltverherrlichenden und menschenverachtenden Gedankengut. Möge sich das damalige Unrecht niemals wiederholen!

Unter dem Text soll ein QR-Code angebracht werden, der auf die Homepage der Hansestadt Stade verweist. Dort werden weitere Informationen zum Thema hinterlegt. Das Mahnmal soll als Metallstele errichtet werden. Auf der Stelle wird dann die Hinweistafel angebracht.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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