Gegen das Dauerblinken: Auf der Geest wird über die Errichtung eines Radarturms diskutiert
lt. Mulsum. Die wenigsten sind gegen Ökostrom - doch inbesondere beim Thema Windparks gibt es bei vielen Bürgern diffuse Ängste. Waren es zunächst Bedenken wegen möglichem Infraschall, gibt es nun von einigen Seiten Misstrauen in Bezug auf eine neue Technologie, die die Akzeptanz von Windparks bundesweit erhöhen könnte.
Mit Hilfe einer sogenannten "bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung" (BNK) werden die rot blinkenden Lichter an den Windrädern erst beim Herannahen eines Flugobjektes eingeschaltet (das WOCHENBLATT berichtete mehrfach). Das nächtliche Blinken, an dem sich viele Menschen stören, würde damit auf zehn Prozent des bisherigen Umfangs reduziert.
Doch genau gegen die Errichtung einer solchen Anlage gehen nun Bürger in der Samtgemeinde Fredenbeck auf die Barrikaden. Der Grund: Die von der Quantec Sensors GmbH angepriesene Technologie beruht auf Radar.
"Es wäre schön, wenn das Blinken nachts aufhören würde, aber nicht auf Kosten unserer Gesundheit", sagt Wilfried Beckmann aus Schwinge. Er ist davon überzeugt, dass u.a. auch Krebsfälle mit der Strahlung in Verbindung zu bringen sind, die von Radartürmen ausgeht. Er kritisiert, dass es keine unabhängigen Gutachten oder Versuche zu der neuen Technologie gebe.
Obwohl die Aufstellung eines Radarturmes bereits in diesem Jahr in der Samtgemeinde Apensen gescheitert ist, da der Gemeinderat das Vorhaben weitgehend ablehnte (das WOCHENBLATT berichtete), ist Jürgen Millhoff von der Quantec Sensors GmbH überrascht, dass sich nun auch in der Samtgemeinde Fredenbeck Widerstand regt.
Die Radaranlage sei auf dem technisch neuesten Stand und unterliege dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Mit einer Reichweite von 17 Kilometern könnten mehrere Windparks im Landkreis Stade - von Ahlerstedt bis Drochtersen - gesteuert werden. Die Firma Quantec investiere rund eine Mio. Euro, um die Bürger nachts von dem nervigen Dauerblinken zu entlasten, so Millhoff.
Die Anlage wäre die erste ihrer Art in der Region. Drei Anlagen seien bereits erfolgreich in der Wesermarsch, in Brandenburg und bei Bremerhaven in Betrieb.
Für die Errichtung des Radarturms in Mulsum gebe es bereits einen Nutzungsvertrag mit dem Grundstückseigentümer. Der Bauantrag soll in Kürze gestellt werden.
Der Gemeinderat nehme die Bedenken der Bürger ernst, sagt der Kutenholzer Bürgermeister Gerhard Seba auf WOCHENBLLATT-Nachfrage. Man werde das Thema öffentlich behandeln und diskutieren, bevor man eine Stellungnahme zu dem Bauantrag abgeben werde. Die endgültige Entscheidung liege aber ohnehin beim Landkreis, betont Seba.
Man müsse sich auch darüber im Klaren sein, dass man inzwischen überall einer gewissen Strahlung ausgesetzt sei. Er könne sowohl die Bürger verstehen, die nicht noch mehr Strahlung in ihrem Umfeld wollen als auch diejenigen, die das "Disco-Blinken" statt haben. Im Rathaus gehen wöchentlich immerhin rund zehn Beschwerden von Betroffenen ein, die sich durch das rote Licht in der Nacht gestört fühlen.
Und das sagt das Bundesamt für Strahlenschutz: "Beeinträchtigungen für die Bevölkerung sind nicht zu erwarten", erklärt das BfS in seiner Stellungnahme gegenüber dem WOCHENBLATT. Eine Radaranlage, die der Flugraumüberwachung diene, strahle ihre Energie nach oben in den Luftraum ab. Die Einwirkungen der vom Radar ausgehenden elektromagnetischen Felder auf öffentlich zugängliche Bereiche seien gering, so das BfS. Es verweist auf Messungen an Wetterbeobachtungs-Radaranlagen, die in Großbritannien durchgeführt wurden. Eine Gefährdung durch Röntgenstrahlung gebe es laut BfS nicht.
• Wilfried Beckmann lädt ab Donnerstag, 27. September, immer donnerstags um 19.30 Uhr zur Diskussionsrunde in den Gasthof Deutsches Haus nach Mulsum ein.
Kommentar:
Sofort auf die Barrikaden
Viele Menschen wollen offenbar keine Veränderungen und gehen - sobald etwas Neues geplant wird - sofort auf die Barrikaden. Und das häufig, ohne sich vorher umfassend informiert zu haben. So werden z.B. wie jetzt bei dem geplanten Radarturm in Mulsum leichtfertig Ängste vor Krebs geschürt und eine Entwicklung torpediert, die für viele Menschen eine deutliche Entlastung darstellen könnte.
Es ist zwar richtig und wichtig, dass Bürger Dinge kritisch hinterfragen - aber es ist ärgerlich, wenn dadurch am Ende jegliche Chance auf eine Weiterentwicklung vertan wird. Lena Stehr
Redakteur:Lena Stehr |
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