Was kommt auf Immobilienbesitzer zu?
Grundsteuer: Bürger in den Kreisen Stade und Harburg sind in Sorge

Viele Immobilienbesitzer dürften im kommenden Jahr erstaunt sind, wie hoch die Grundsteuer für sie ausfällt | Foto: AdobeStock / TimeShops
  • Viele Immobilienbesitzer dürften im kommenden Jahr erstaunt sind, wie hoch die Grundsteuer für sie ausfällt
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Wie viel Grundsteuer muss ich künftig bezahlen? Diese Frage bewegt derzeit viele Bürger. Eine verbindliche Antwort werden sie erst im Januar erhalten, wenn sie den neuen Grundsteuerbescheid in den Händen haben. Zuvor müssen die Städte und Gemeinden noch die neuen Hebesätze festlegen. Nicht wenige Haus- und Grundeigentümer haben aber schon jetzt ein ungutes Gefühl: Sie fürchten, dass deutlich höhere Steuerforderungen als bisher auf sie zukommen. Wie etwa Gerd Pillip, dem in Regelbostel (Landkreis Harburg), ein historisches Reetdachhaus gehört. Wie die meisten Hausbesitzer hat er bereits den Bescheid mit dem neuen Grundsteuermessbetrag erhalten. Dieser Betrag verheißt für Pillips nichts Gutes.

Aktuell zahlt Pillips nach dem bisherigen Hebesatz seiner Gemeinde (400 Prozent) jährlich 346 Euro an Grundsteuer. Der neue Messbetrag liegt aber bereits bei 267,72 Euro und muss noch mit dem neuen Hebesatz multipliziert werden. Zwar ist der neue Hebesatz noch nicht bekannt, aber Pillip ist schon jetzt klar: Er wird künftig mehr Grundsteuer zahlen müssen, wahrscheinlich sogar deutlich mehr. "Es könnte auf den dreifachen Betrag hinauslaufen", befürchtet der Regesbosteler.

"Wenn kein Bürger nach der Grundsteuerreform, wie vorher zugesagt, schlechter dastehen soll, müsste die Gemeinde den Hebesatz bei mir persönlich auf 129 Prozent senken", meint Pillip. "Das ist illusorisch." Mit dieser Einschätzung dürfte er recht behalten. Falsch liegt der Regesbosteler allerdings mit der Grundannahme, dass die Höhe der Grundsteuer für den einzelnen Steuerpflichtigen gleich bleiben sollte. Das ist von der Politik nie behauptet worden. "Die neue Grundsteuer kann einzelnen Hauseigentümern richtig wehtun", sagt Carsten Brokelmann, der in der Verwaltungsspitze des Stader Rathauses für die Finanzen zuständig ist.

Das WOCHENBLATT fragt seine Leser:

Das WOCHENBLATT möchte von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wissen: Was halten Sie von der neuen Grundsteuer? Was sind Ihre Sorgen und Befürchtungen? Fühlen Sie sich von den Behörden gut informiert? Berichten Sie von Ihrem Fall und schreiben Sie uns Ihre Meinung unter: red-bux@kreiszeitung.net.

Die neue Grundsteuer gilt ab 2025. Zwar haben Bund und Länder im Zuge der Grundsteuerreform immer wieder betont, dass die neue Grundsteuer "im Ergebnis aufkommensneutral" sein soll. Diese Aussage wird aber häufig missverstanden: Viele Haus- und Grundeigentümer leiten daraus die Annahme ab, dass sich unterm Strich für sie bei der Höhe der Steuer nichts oder nur wenig ändert. Das ist aber ein Irrglauben, wie Carsten Brokelmann vom Verwaltungsvorstand der Hansestadt betont. Im Stader Rathaus wird - wie wohl derzeit in den meisten Kommunen - gerade geprüft, wo die Reise in Sachen Grundsteuer hingeht. Denn den letzten Schritt für die Festsetzung der Grundsteuer müssen die Städte und Gemeinden machen, indem sie den Hebesatz festlegen.

Noch keine neuen Hebesätze

"Wir Kommunen verschicken im Januar die neuen Grundsteuerbescheide", sagt Brokelmann. Wer dann erst gegen die Höhe der Grundsteuer Einspruch erhebt, sei im Prinzip zu spät dran. "Maßgeblich für die individuelle Berechnung ist der Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes, den die allermeisten bereits erhalten haben dürften." Für viele dürfte hier der Zug bereits abgefahren sein, da die einmonatige Einspruchsfrist schon verstrichen ist. Aufgabe der Städte und Gemeinden ist es nur noch, den im Bescheid des Finanzamtes genannten Grundsteuermessbetrag mit dem jeweiligen Hebesatz zu multiplizieren. Allerdings hat Brokelmann noch von keiner Kommune in der Region gehört, die bereits einen neuen Hebesatz festgelegt hat. "Ich rechne damit, dass die neuen Hebesätze in den meisten Städten und Gemeinden erst im vierten Quartal von den Räten beschlossen werden." Erst dann dürfte überall eine verlässliche Datenbasis vorliegen.

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Nur eine einzige Stellschraube

Um der Vorgabe - rechtlich gesehen ist es eher eine Empfehlung - des Bundes nachzukommen, dass sich ihre Grundsteuereinnahmen durch die Reform nicht erhöhen, haben die Kommunen als einzige Stellschraube nur diesen Hebesatz. "Um den neu festlegen zu können, müssen wir aber sämtliche Zahlen aus den Grundsteuermessbescheiden auf dem Tisch haben." In Stade hat das Finanzamt aktuell die Daten von 95 Prozent der insgesamt 19.452 Steuerobjekte (Grundstücke und Gebäude) an die Stadtverwaltung übermittelt. Der "aufkommensneutrale" Hebesatz kann nun - vereinfacht erklärt - dadurch berechnet werden, indem das bisherige Grundsteueraufkommen (in Stade waren es zuletzt 10,5 Millionen Euro) durch den Gesamtwert aller Messbescheide geteilt wird.

Keine großen Abweichungen

Brokelmann hält sich mit konkreten Aussagen aber zurück: "Da die fehlenden fünf Prozent der Grundstücksobjekte immerhin 20 Prozent der Steuereinnahmen ausmachen, sind noch keine seriösen Angaben möglich." Brokelmann wagt aber eine vorsichtige Prognose: "Derzeit gibt es für mich keine Anhaltspunkte, dass der künftige Hebesatz sehr stark von den bisherigen 490 Prozent für Stade abweicht." Anhaltspunkte, ob es sich nach oben oder unten entwickeln wird, habe er noch nicht. Fest stehe aber: Wer gehofft habe, dass sich der neue Hebesatz drastisch reduziert, wird enttäuscht sein. Das dürfte nicht nur für Stade, sondern auch für die meisten anderen Kommunen gelten.

Auch auf der Homepage des Bundes-Finanzministeriums findet sich der klare Hinweis, dass es zu "individuellen Belastungsverschiebungen" kommen kann: "Einige Eigentümerinnen und Eigentümer werden also mehr Grundsteuer bezahlen müssen, andere weniger." Diese Einschätzung teilt auch Brokelmann: "Es wird Gewinner und Verlierer der Reform geben."

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Niedersachsen hat ein eigenes Berechnungsmodell

Die neue Grundsteuer berechnet sich nicht mehr wie bisher nach dem Einheitswert (in den alten Bundesländern auf Basis der Werte von 1964). Stattdessen werden bei der Berechnung jetzt Faktoren wie der Wert des Bodens (sogenannter Bodenrichtwert), Grundstückgröße und Gebäudefläche zugrunde gelegt. Dabei nutzte Niedersachsen den gesetzlichen Spielraum, ein anderes Berechnungsmodell als der Bund anwenden zu dürfen. Beim niedersächsischen Flächen-Lage-Modell wird hervorgehoben, dass es einfach zu berechnen ist und nur wenige Angaben zum jeweiligen Grundstück zu machen sind. Wer die Eckdaten kennt, kann die Rechenformel relativ einfach nachvollziehen. Die grundsätzlichen Berechnungen nimmt das Finanzamt vor. Es ermittelt den Grundsteuermessbetrag. Die Kommunen legen dann einen Hebesatz fest, mit dem der Messbetrag multipliziert wird. Daraus ergibt sich die zu zahlende Grundsteuer.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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