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Umstrittene Klinikreform auch im Bundesrat bestätigt - ländliche Kliniken nun in Sorge

Hans-Hermann Ott: Nach 40 Jahren ist Schluss

Verfolgte schon als Kind leidenschaftlich gerne politische Debatten im Radio: Hans-Hermann Ott hier mit seiner Frau Hannelore | Foto: bc
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bc. Stade. Wer mehr als 40 Jahre in der Stader Kommunalpolitik mitgemischt hat, kann nur schwer von heute auf morgen abschalten. So wird es auch Hans-Hermann Ott ergehen, dem 75-jährigen CDU-Urgestein aus Bützfleth. Und trotzdem ist jetzt Schluss. Am Montag wurde Ott von Bürgermeisterin Silvia Nieber in der letzten Ratssitzung seiner politischen Karriere verabschiedet. „Vor fünf Jahren konnte ich noch nicht aufhören, aber jetzt ist wirklich Schluss“, sagt Ott mit einem Augenzwinkern. Das WOCHENBLATT traf den sympathischen Senior einige Tage zuvor in seinem Haus in Abbenfleth.
Es ist Hans-Hermann Ott anzumerken, dass ihm die Politik fehlen wird. Nicht immer „up to date“ zu sein - das wird er vermissen, gibt er freimütig zu. Wie sollte es auch anders sein nach so einer langen Zeit. Im März 1976 rückte der Landwirtschaftsmeister in den Ortsrat Bützfleth nach. Seit 1981 sitzt Ott ununterbrochen im Kreistag, seit 1991 auch im Stadtrat. Von 1991 bis 2001 war er Ortsbürgermeister in Bützfleth, danach von 2001 bis 2006 der letzte ehrenamtliche Bürgermeister Stades. Eine spannende Zeit, in der u.a. die Gründungsphase des CFK-Valley und noch viele andere Dinge fielen. „Ich wollte immer mehr machen als nur die Stadt repräsentieren“, erzählt Ott.
Geduld, räumt er ein, gehöre nicht zu seinen Stärken: „Ich möchte, dass Beschlüsse schnell umgesetzt werden, damit man sieht, dass es vorangeht.“ Deswegen schlägt Hans-Hermann Ott hinter den Kulissen schon mal deutliche Worte an, wie Stadtbaurat Lars Kolk jüngst verriet: „Es ist gut, wenn die Verwaltung auch mal kritisiert wird. Und es ist auch gut, dass Herr Ott dies hinter den Kulissen getan hat.“
Ein Projekt, das Ott definitiv zu lange dauert, ist der geplante Hotel-Neubau des Londoner Investors Victor Dahdaleh (AOS). Auch nach mehr als zehn Jahren Planung steht das Hotel neben dem Stadeum noch nicht - obwohl Ott bereits vor einem Jahrzehnt mit dem früheren Stadtdirektor Dirk Hattendorf in der britischen Metropole mit Dahdaleh verhandelte. Auch die stockende Entwicklung beim ehemaligen Technik- und Verkehrsmuseum ist ihm ein Dorn im Auge: „So etwas gefällt mir nicht.“
Ott wollte immer ein Macher sein - kein „Schnacker“. Sein Steckenpferd war die Sozialpolitik, „Hilfe zur Selbsthilfe“ sein Credo. Viele Projekte in der Behindertenarbeit schob Ott an. Sicherlich auch, weil er als Vater einer behinderten Tochter selbst betroffen ist. Manchmal wurde ihm aus den eigenen Parteireihen vorgeworfen, dass er derart sozial eingestellt sei, warum er nicht gleich zur SPD wechsele. Aber das stört den überzeugten Christen („Nächstenliebe ist ganz wichtig“) nicht: „Es ging mir immer um die Sache und nicht um Parteipolitik.“
Dass aus dem kleinen Hans-Hermann aus Assel mal ein gestandener Politiker wird, war als Jugendlicher nicht abzusehen. „Ich war sehr schüchtern“, erinnert er sich. Auf dem Schulhof sei er als einziger Brillenträger - Ott hat seit Geburt nur 25 Prozent Sehkraft auf dem rechten Auge - extrem gehänselt worden: „Ich durfte mit meiner Brille nie Fußball spielen.“
Selbstbewusster wurde er erst in der Lehre auf einem Bauernhof in Wedel bei Fredenbeck: „Wenn man da nicht mit den Wölfen heult, geht man unter.“ Nach Jahren des Tingelns über die Höfe pachtet Ott 1968 einen eigenen Hof in Abbenfleth. Er baut eine Rinderzucht auf, kümmert sich um elf Hektar Obstbäume. Mit seiner Ehefrau Hannelore bekommt er drei Kinder, mittlerweile hat er auch vier Enkel. 1983 gibt er den Hof auf, wird Handelsvertreter und später staatlich geprüfter Fleischbeschauer auf einem Schlachthof in Bremen.
Langweilig dürfte Hans-Hermann Ott in seiner politischen Rente nicht werden. Auf der Festung Grauerort, um die er sich mit einem Förderverein kümmert, gibt es immer genug Arbeit: „Ich würde mir wünschen, wenn sich mehr Leute in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren.“

Redakteur:

Björn Carstens aus Buxtehude

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