Terminal immer noch nicht im Betrieb
In Stade kam bisher kein einziger Kubikmeter LNG an

Die "Energos Force" liegt seit März im Stader Energiehafen. Sie soll zum Winter als schwimmendes LNG-Terminal in Betrieb gehen | Foto: DET
  • Die "Energos Force" liegt seit März im Stader Energiehafen. Sie soll zum Winter als schwimmendes LNG-Terminal in Betrieb gehen
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  • hochgeladen von Stephanie Bargmann

Das schwimmende LNG-Terminal liegt bereits seit Mitte März im neuen Stader Energiehafen. Der Hafen, ein sogenannter Anleger für verflüssigte Gase (AVG), wurde im Eiltempo errichtet, damit das vom Bundes-Wirtschaftsministerium gecharterte Spezialschiff "Energos Force" so früh wie möglich zum Einsatz kommt. Das Terminal sollte helfen, die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten und die gestoppten russischen Gasimporte teilweise zu ersetzen. Mit einer Investition von 300 Millionen Euro ist der Anleger das größte Bauprojekt in der Geschichte der landeseigenen Hafengesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts). Doch bis heute hat das Terminal keinen einzigen Kubikmeter Gas importiert.

Hohe Kosten ohne Einnahmen
Ursprünglich hieß es, dass das Terminal nach einer mehrwöchigen Testphase in Betrieb gehen würde. Aus mehreren Wochen sind inzwischen mehrere Monate geworden. "Wir rechnen mit der Inbetriebnahme noch in diesem Jahr", teilt der Terminal-Betreiber, die Deutsche Energy Terminal GmbH (DET) auf WOCHENBLATT-Anfrage mit. Noch seien nicht alle Arbeiten an den Hafenanlagen (Verladearme, Leitungen) abgeschlossen. Zum Winter soll die Anlage startklar sein, hieß es zuletzt von der DET, die im Auftrag des Bundes-Wirtschaftsministeriums die Kapazitäten der Terminals in Stade, Brunsbüttel und Wilhelmshaven vermarktet.
Doch die Kosten für das für zehn Jahre gecharterte Spezialschiff "Energos Force" laufen weiter. Experten schätzen die Charterkosten für ein schwimmendes LNG-Terminal auf 120.000 bis 200.000 Euro - pro Tag. Konkrete Zahlen gibt es nicht. Die Verantwortlichen verweisen auf die staatliche Geheimhaltung. "Als Betreiber kritischer Infrastruktur kommunizieren wir keine geschäftlichen Details", erklärt DET-Pressesprecher Dirk Lindgens gegenüber dem WOCHENBLATT. Immerhin: Die DET antwortet wenigstens - ganz im Gegensatz zu ihrem Auftraggeber, dem Bundes-Wirtschaftsministerium. Das Haus von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ließ eine umfangreiche Anfrage unserer Zeitung unbeantwortet.

Vertrauliche Verschlusssache
Die Bundesregierung hält sich ohnehin bedeckt, was die genauen Kosten betrifft. "Die Charterverträge enthalten verfassungsrechtlich geschützte Geschäftsgeheimnisse", hieß es bereits 2023 auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Zwar machte die Regierung Angaben zu den ungefähren Gesamtkosten, die bis 2038 voraussichtlich zehn Milliarden Euro betragen sollen, doch die genaue Höhe der täglichen Charterraten für die einzelnen schwimmenden LNG-Terminals ist als vertrauliche Verschlusssache eingestuft.
Das Bundes-Wirtschaftsministerium rechnet damit, dass durch die Regasifizierungstarife für die Terminalkunden, also die Gaskonzerne, bis 2027 Einnahmen von 690 bis 930 Millionen Euro erzielt werden können. Doch selbst hochgerechnet auf die folgenden Jahre wird deutlich, dass die schwimmenden LNG-Terminals kaum wirtschaftlich betrieben werden können. Ohne den Einsatz von erheblichen Summen an Steuergeldern wird es nicht gehen. Das scheint Habecks Ministerium aber auch von Anfang an einkalkuliert zu haben. Schließlich gehe es um die "Gewährleistung der Gas-Versorgungssicherheit" und nicht um eine "betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Betrachtung".

Notwendigkeit angezweifelt
LNG um jeden Preis, damit die Gasversorgung gesichert ist: Diese Argumentation hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bereits im Frühjahr angezweifelt. Eine Gasmangellage bestehe in Deutschland gar nicht, so das DIW. Die bereits bestehenden schwimmenden LNG-Terminals seien nur zur Hälfte ausgelastet. Tatsächlich zeigen aktuelle Zahlen zur Einspeisung von regasifiziertem LNG ins deutsche Gasnetz, dass die Kapazitäten der LNG-Spezialschiffe an den meisten Tagen bei Weitem nicht genutzt werden. Dies wirkt sich auch auf die Einnahmen aus, die weiterhin hinter den Erwartungen zurückbleiben.

Ausnahme beim Kajegeld
Die Mindereinnahmen betreffen aber nicht nur den Bund. Auch NPorts dürfte Geld verloren gehen. Für jedes Schiff, das im Stader Hafen Waren anlandet, müssen die Reedereien Gebühren an NPorts entrichten. Diese Gebühr ist zweigeteilt: Einmal ist das Hafengeld zu zahlen, das erhoben wird, wenn ein Schiff in den Hafen einläuft bzw. dort liegt. Dies richtet sich nach der Größe des Schiffes. Als zweite Gebühr wird das Kajegeld für den Umschlag der Ladung fällig. Es wird nach Gewicht bzw. Volumen berechnet. Doch beim Kajegeld gilt für LNG eine Ausnahme: Das verflüssigte Erdgas kann als einziges Handelsgut am Stader Hafen kostenlos umgeschlagen werden.
Vom WOCHENBLATT nach den Gründen für diese Ausnahmeregelung befragt, erklärt NPorts-Sprecherin Dörte Schmitz: "Die DET zahl ein fixes jährliches Nutzungsentgelt als Äquivalent zum Kajegeld." Auch bei NPorts gibt man sich zu konkreten Zahlen bedeckt: Zum Schutz der Kunden würden keine Vertragsdetails veröffentlicht. Wäre das Sta-der Terminal - wie damals angekündigt - nach wenigen Wochen in Betrieb gegangen, hätte NPorts bisher schätzungsweise eine Million Euro an Hafengeld kassieren können - bei angenommenen 20 LNG-Tankern, die bis jetzt angelegt hätten. Doch im Vergleich zu den Gesamtkosten von 10 Milliarden Euro für das "Abenteuer" schwimmende LNG-Terminals wäre das auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Milliardenprojekt startet: Erster Spatenstich für Stader LNG-Terminal
Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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