Junge Union Wiepenkathen: "Wir hatten ein Monopol"
bc. Stade. Es herrscht Wahlkampf. In wenigen Wochen will CDU-Mann Oliver Grundmann wieder für den Wahlkreis Stade I/Rotenburg II in den Bundestag einziehen. Fragt man alte Weggefährten aus Grundmanns Anfangszeiten in der Jungen Union (JU) Wiepenkathen, zeichnete sich seine Polit-Karriere schon früh ab - eine Zeit Mitte der 1980er Jahre, in der die JU im kleinen, pechschwarzen Dorf Wiepenkathen die stärkste im gesamten Landkreis war.
Oliver Grundmann und frühere JU-Kollegen schwelgen im Wohnzimmer von Karsten Behr in Erinnerungen. Das WOCHENBLATT ist mit dabei. Behr, von 1994 bis 2008 Mitglied des Niedersächsischen Landtags, ist ebenfalls ein Kind der JU Wiepenkathen. „Wir hatten als Junge Union damals - neben dem Sportverein - eine Monopolstellung in Wiepenkathen“, erzählt Behr.
Immer mittwochs trafen sich die JU'ler in der Kneipe von Horst Deede am Sportplatz. Fast 100 Mitglieder gehörten in den 1980er und 1990er Jahren zur JU Wiepenkathen. Kein Vergleich zur Gegenwart. Heute gibt es gar keinen eigenen Ortsverband mehr in Wiepenkathen. Und: Im gesamten Landkreis gibt es derzeit nur rund 200 JU-Mitglieder. Behr: „Es ist aber nicht fair, Vergleiche zu ziehen. Die Zeiten haben sich geändert.“
50 Prozent Politik - 50 Prozent Spaß. Damals wie heute das offizielle Motto der JU. Die Ju'ler in Wiepenkathen trugen Jahr für Jahr Buschwerk für das alljährliche Osterfeuer zusammen, organisierten Müllsammelaktionen und setzen sich gegen die Verschmutzung der Elbe ein. „Umweltschutz war zentrales Thema bei uns. Wir haben die Ärmel hochgekrempelt“, erinnert sich Jürgen Balzer, in den 1980er Jahren Kreischef der JU.
Viel und intensiv sei seinerzeit diskutiert worden, so Balzer. Dabei legte man sich durchaus auch mit Gleichgesinnten der „großen“ CDU an. Egal, ob es die Parteikollegen im Orts-, Stadt- oder Kreisverband waren. „Wir waren klar und kantig, haben nie ein Blatt vor den Mund genommen“, sagt Jürgen Balzer. Unter anderem forderten die Nachwuchspolitiker ein schärferes Asylrecht. Außerdem wollten sie Verkrustungen innerhalb der Kreis-CDU aufbrechen. Platzhirsche sollten vertrieben werden. Es könne nicht sein, dass Partei-Politiker und Mandatsträger an ihren Sesseln kleben, hieß es in einer JU-Pressemitteilung Anfang der 1990er Jahre an das WOCHENBLATT. Eine echte Diskussionskultur vermisst Jürgen Balzer heutzutage bei der jungen Generation: „Das Smartphone verhindert oft eine tiefgründige Diskussion.“
Einer, der neben Karsten Behr immer an vorderster Front mitdiskutierte und auch in jungen Jahren schon lautstark Position bezog, war Oliver Grundmann. Mit 16 Jahren trat der Teenager aus Hahle 1987 in die JU Wiepenkathen ein. „Seinen Ehrgeiz und seine Professionalität konnte man schon früh erkennen“, sagt Carsten Hilck, ein Wiepenkathener JU'ler, der heute nicht mehr aktiv in der Politik unterwegs ist und in Frankfurt für ein weltweit operierendes Unternehmen arbeitet.
Behr, Balzer und Hilck erinnern sich an den berühmten Aktenkoffer, der Grundmann als junger Kerl zu den JU-Sitzungen begleitete. „Wir wussten: Der hat noch Größeres vor“, erzählt Carsten Hilck mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Es stimmt, dass ich immer darauf hingearbeitet habe, mehr Einfluss zu bekommen. Durch unsere Arbeit in der JU wurden uns Türen geöffnet, die sonst verschlossen geblieben wären. Wir durften interessante Unternehmen besichtigen oder konnten mit bekannten Politikern sprechen. Berufspolitiker zu werden, war aber früher nie mein Ziel“, stellt Grundmann klar.
Geprägt habe ihn vor allem die deutsche Wiedervereinigung. „Der Mauerfall war ein Schlüsselerlebnis für mich“, so Grundmann. Mit drei Bussen reisten die JU'ler aus Stade am 3. Oktober 1990 nach Berlin, um zu feiern. Grundmann: „Wir hatten ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Das hat uns damals stark gemacht.“
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.