Vom Kreis Stade beauftragtes Gutachten liegt vor
Keine Windkraft im Alten Land, Photovoltaik mit Einschränkungen
Nach den Vorgaben von Bund und Land zum Ausbau der Windkraft muss der Landkreis Stade bis Ende 2026 zusätzliche Flächen für Windräder ausweisen. Insgesamt sollen knapp 3,7 Prozent des Kreisgebietes als Vorranggebiete für die Windenergie ausgewiesen werden. Welche Bereiche im Landkreis Stade für weitere Windparks infrage kommen, wird derzeit geprüft. Besonders genau unter die Lupe genommen wird dabei das Alte Land. Das Land hinter dem Deich gilt wegen seiner historischen Bedeutung als Holler-Kolonie (Eindeichung durch holländische Siedler) und seines Status als Welterbe-Kandidat als sogenanntes "kulturelles Sachgut". Diese Einstufung ist durch das niedersächsische Landesraumordnungsprogramm (LROP) erfolgt und rechtlich bindend. Das bedeutet letztlich, dass die Errichtung von höheren Windrädern im Prinzip unzulässig ist. Ob damit der Ausbau der Windkraft im Alten Land komplett ausgeschlossen ist, sollte ein Gutachten klären, das der Landkreis in Auftrag gegeben hat und das jetzt vorliegt. Die Expertise befasste sich auch mit dem Thema Photovoltaik.
13 "Traditionskerne" sind zu berücksichtigen
Das Gutachten der Firma DKC Kommunalberatung aus Köln hat sich damit befasst, inwieweit Windräder und Photovoltaikanlagen sich mit den Belangen des Alten Landes als eine in kultureller Hinsicht besonders schützenswerte Region unter einen Hut bringen lassen. Das erfolgte vor allem aus dem Blickwinkel heraus, dass das Alte Land eine herausragende Bedeutung als historische Kulturlandschaft hat. Für die (bisher erfolglose) Bewerbung als UNESCO-Weltkulturerbestätte sind im gesamten Alten Land 13 "Traditionskerne" identifiziert worden. Diese Kernzonen umfassen Kirchen, Gutshöfe, Deiche sowie landschaftliche Besonderheiten. Zielsetzung des Gutachtens ist es, hier auf mögliches Konfliktpotenzial zwischen dem Ausbau neuer Energien und dem Schutzstatus des Alten Landes hinzuweisen.
Vorranggebiet "kulturelles Sachgut"
In Hinblick auf den Bau von Windrädern sind die Aussagen der Experten ziemlich eindeutig: "Im Ergebnis konnte hier für einen Großteil des Alten Landes die Möglichkeit eines 'enormen Beeinträchtigungspotenzials' ermittelt werden", heißt es in dem 129 Seiten umfassenden Papier. Der größte Teil der Region gelte als Vorranggebiet „kulturelles Sachgut“. Damit sei die Errichtung von größeren Windenergieanlagen mit Höhen ab 100 Metern ausgeschlossen. Diese Feststellung überrascht nicht wirklich. Bereits im Vorfeld war man im Kreishaus und in der Politik davon ausgegangen, dass eine Windkraftnutzung im Alten Land im größeren Umfang kaum möglich sein wird.
Auch keine Windräder auf der Geestkante
Doch das Gutachten geht noch einen Schritt weiter: Auch Windräder auf der Geest südlich des Alten Landes wären demnach tabu. Es werden "noch weitere Gebiete entlang der Geestkante und teilweise recht deutlich über das Alte Land hinaus für einen Ausschluss empfohlen", schreiben die Gutachter. "Dies betrifft vor allem die Hansestädte Stade und Buxtehude sowie die Samtgemeinde Horneburg." Außerdem sollen Windpark-Projekte fast im gesamten Südkreis unter dem Aspekt möglicher Beeinträchtigungen für das Alte Land genau geprüft werden. Bei den Kleinwindenergieanlagen (KWEA) unter 50 Meter sieht es anders aus: Für Anlage der Klasse A (unter 30 Metern) stehe ein "Großteil des Alten Landes ... potenziell zur Verfügung". Bei der Klasse B (30 bis Meter) werde jedoch "eine zwingende Einzelfallprüfung empfohlen".
Mehr Potenzial bei der Photovoltaik
Für Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) zeigt die Untersuchung, dass insbesondere im Bereich Agri-Photovoltaik Potenzial besteht. Dabei ist jedoch auf ausreichende Abstände zu den historischen "Traditionskernen" zu achten, um die "visuelle Integrität" des Alten Land zu wahren. Im Klartext bedeutet dies: Die Region soll nicht durch solche Anlagen verschandelt werden. Problemlos wären aus Sicht der Gutachter größere Freiflächenanlagen entlang der Autobahn A26. Auf jeden Fall sollten aber spiegelnde Oberflächen ebenso vermieden werden wie zu hohe Konstruktionen. "Darüber hinaus sind die Strukturen und Geometrien des Alten Landes zwingend zu respektieren", so die Expertise. Photovoltaik-Dachanlagen sind weniger stark reglementiert. Einschränkungen gelten hauptsächlich in der Nähe der Ortskerne, während für Baudenkmäler im gesamten Alten Land strengere Vorgaben empfohlen werden.
Die Politik berät auf der Sitzung des Ausschusses Klimaschutz, Umwelt und Regionalplanung am Mittwoch, 4. September, um 8.30 Uhr im großen Sitzungssaal des Kreishauses (Am Sande 2 in Stade) über das Gutachten.
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