"Keiner traute mehr dem anderen"
Nach Rathaus-Razzien in Oldendorf und Himmelpforten: Ermittlungen gegen Samtgemeinde-Chef Holger Falcke eingestellt / Es bleiben Fragen
tp. Himmelpforten. Psychischer Stress durch Verdächtigungen und die lange Zeit der Ungewissheit hat die 43 Mitarbeiter der Rathäuser in Oldendorf und Himmelpforten arg belastet: Nach 22 Monaten stellte die für Korruption zuständige Staatsanwaltschaft Verden ihre Ermittlungen jetzt zwar ein - die Justizbehörde sah keinen der rund 30 Vorwürfe gegen Samtgemeinde-Chef Holger Falcke und sieben seiner Mitarbeiter bestätigt -, doch Fragen bleiben offen. Welche Anschuldigungen genau waren es, die die Polizei auf Betreiben des Ex-Rathausmitarbeiters und Vorsitzenden des Personalrates, Frank. S.*, am Rosenmontag 2017 zu Rathaus-Razzien in Oldendorf und Himmelpforten veranlassten? Ausführliche Antworten hatten sich Journalisten von einem Pressegespräch erwartet, zu dem Falcke Anfang der Woche einlud. Doch die Informationen fielen spärlich aus.
Erst auf beharrliches Drängen ging Holger Falcke - nach Beratung hinter verschlossener Tür - in einigen Punkten ins Detail: "Zum Schutz seiner Mitarbeiter" nahm er ausdrücklich nur zu Vorwürfen Stellung, die sich vor allem gegen ihn persönlich richteten. Festgestellt worden sei, so der Samtgemeinde-Bürgermeister, dass es keine Anweisungen von ihm zur bewussten Falschabrechnung gegenüber verschiedenen Behörden gegeben habe. Ferner habe es keine Verstöße gegen Vergabevorschriften bei Anschaffungen und Bauten gegeben. Auch habe kein Subventionsbetrug für öffentliche Vorhaben unter Vorspiegelung falscher Tatsachen stattgefunden, teilte Falcke später schriftlich mit.
Wie berichtet, stellte die Staatsanwaltschaft Verden bereits im vergangenen Monat sämtliche Ermittlungen gegen die Mitarbeiter der Samtgemeinde ein. Die persönliche Mitteilung an ihn sei am Dienstag, 24. April, erfolgt, so Falcke. Aus gesundheitlichen Gründen (Operation), beraumte er - in Ergänzung einer seinerzeit verfassten knappen aktuellen Pressemitteilung - die ausführliche Pressekonferenz nun mit rund dreiwöchiger Verzögerung an.
Falcke nutzte den Termin am Montag hauptsächlich, um seine Entlastung zu kommunizieren und den Blick nach vorne zu richten: "Die Justizbehörde fand in keinem einzigen Punkt einen hinreichenden Verdacht eines Fehlverhaltens. Damit ist jetzt auch behördlich festgestellt worden, dass die Mitarbeiter der Samtgemeinde, auch ich, korrekt und gesetzeskonform gehandelt haben. Damit können wir endlich einen Schlussstrich unter einen Vorgang ziehen, der vielen Mitarbeitern enorm zugesetzt hat." Mit seinen "unhaltbaren Anschuldigungen" und mit seinem Verhalten gegenüber eigenen Kollegen habe der ehemalige Mitarbeiter Angst geschürt und Misstrauen gesät, so Falcke: "Was die tatsächlichen Beweggründe angeht, stehen wir immer noch vor einem Rätsel."
"Jetzt werden wir uns wieder auf den bestmöglichen Service für unsere Bürger und das Wachstum der Samtgemeinde konzentrieren", so der Rathaus-Chef mit Blick auf die geplante Entwicklung weiterer Flächen für Wohnraum und Windkraft oder das neue Begegnungszentrum.
Die Redebeiträge der zum Pressegespräch hinzugeladenen Verwaltungsmitarbeiter bargen keine Überraschungen: Die Personalratsvorsitzenden Wolfgang Trauth und Bernd Wellm schlossen sich Falckes Ausführungen an.
Sekretärin Susanne Schulze sagte, keiner habe mehr dem anderen getraut. Alle seien "erleichtert" gewesen, als der besagte Mitarbeiter "nicht mehr bei uns war".
Holger Falcke betonte indes: "Ich habe keinen Maulkorb vergeben."
Bereits im November hat sich die Samtgemeinde von Frank S. nach einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht getrennt. Die Stelle wurde im Rahmen von Umstrukturierungen mit einer jungen Mitarbeiterin neu besetzt.
In den Rathäusern wurden die Datenschutzvorkehrungen der EDV u.a. mit PC-Passwörtern und Bildschirmschonern sowie einem ständigen Berater verschärft.
Da das Betriebsklima litt, führte die Verwaltung, laut der Ersten Samtgemeinderätin Ute Kück, mit einem externen Coach ein Krisenmanagement mit Mitarbeitergesprächen durch.
*Name der Redaktion bekannt Auf WOCHENBLATT-Nachfrage sagt der Ex-Mitarbeiter Frank S.: Die Beendigung der Ermittlungen sei nur "eine Einstellung zweiter Klasse".
Ex-Mitarbeiter Frank S: "Komplexe Fälle"
Diverse Punkte der Anschuldigung seien seiner Meinung nach wegen Verjährung nicht weiter verfolgt worden, andere in ihrer Komplexität möglicherweise von den Ermittlern nicht verstanden worden, bei weiteren Fällen wiederum sei lediglich der "Vorsatz nicht nachweisbar".
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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