Aktion in Stade soll wachrütteln
Kliniken in der Region schlagen Alarm: Zu wenig Geld und Personal
Die Folgen von Corona, die galoppierende Inflation sowie der Fachkräftemangel treffen auf eine unzureichende Finanzierung: Die Krankenhäuser geraten immer mehr in eine wirtschaftliche Schieflage. Aufgrund der erheblichen Kostensteigerungen bei Energie, medizinischen Produkte, Medikamenten sowie Lebensmitteln wird die finanzielle Situation bei den Kliniken immer schwieriger. Anders als in der freien Wirtschaft können die Krankenhäuser diese Mehrkosten aber nicht in Form von Preiserhöhungen weitergeben. Sie machten auf ihre schwierige Lage jetzt im Rahmen einer landesweiten Aktion aufmerksam. In Stade wurde ein Transparent zwischen zwei Lkw gespannt, um deutlich zu machen: Die Krankenhäuser stehen vor einer Zerreißprobe.
Vertreter von acht Klinikstandorten hatten sich vor den beiden Lastern postiert, um gemeinsam Alarm zu schlagen. Ihre Botschaft: Die Lage in den Kliniken ist extrem schwierig und es besteht dringender Handlungsbedarf. Mit dabei waren die Elbe Kliniken, die Klinik Dr. Hancken aus Stade, das OsteMed Klinikum Bremervörde sowie drei weitere Krankenhäuser aus der Region. Die zwei Lkw zogen symbolisch ein Krankenhausbett auseinander, um so auf sinnbildliche Weise die enormen personellen und finanziellen Belastungen darzustellen, denen die Krankenhäuser derzeit ausgesetzt sind.
"Die Situation der Krankenhäuser ist so angespannt wie nie zuvor", betont Siegfried Ristau, Geschäftsführer der Elbe Kliniken und der OsteMed, in seiner Funktion als Vorsitzender der Bezirksarbeitsgemeinschaft Elbe-Weser der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG). „Die Pandemie, der Fachkräftemangel, die Inflation, die unzureichende Finanzierung und viele weitere Faktoren belasten die Kliniken in einem bedrohlichen und teils existenzgefährdenden Ausmaß." Die Politik müsse zügig handeln, bevor es zu spät sei. Ristau merkte an, dass die finanziellen Einbußen aufgrund der Pandemie seit dem ersatzlosen Auslaufen des Corona-Rettungsschirms im Juni nicht mehr abgefedert werden.
Der Klinikchef verweist auf Umfragen der NKG, wonach inzwischen mehr als drei Viertel der niedersächsischen Krankenhäuser mittel- bis langfristig in ihrer Existenz bedroht sind. Wie die stationäre Versorgung unter den gegenwärtigen Bedingungen künftig flächendeckend und in der gewohnt hohen Qualität gewährleistet werden kann, ist fraglich. Nicht zuletzt angesichts einer erneut drohenden Pandemie-Welle im Herbst und Winter ist kurzfristig ein Inflationsausgleich zur wirtschaftlichen Absicherung der Krankenhäuser erforderlich.
Über solche akuten Hilfsmaßnahmen hinaus wird von den Klinik-Vertretern gefordert, dass das System der Krankenhausfinanzierung mittelfristig durch den Bund reformiert werden muss. Angesichts eines Investitionsstaus von 2,5 Mrd. Euro für Krankenhausbauprojekte in Niedersachsen sei darüber hinaus eine dauerhafte Erhöhung der Mittel durch das Land erforderlich. Neue politische Weichenstellungen müssten auch hinsichtlich einer besseren Personalausstattung erfolgen. Die Beschäftigten seien im dritten Jahr der Pandemie mit ihren Kräften am Ende. Wiederholte Phasen extremer Belastung hätten angesichts dünner Personaldecken deutliche Spuren bei den Mitarbeitern hinterlassen.
Auch Daniela Aevermann, Geschäftsführerin der Klinik Dr. Hancken Stade, macht sich hinsichtlich der personellen Situation Sorgen: "Seit Beginn der Pandemie arbeiten unsere Mitarbeiter unter schweren Bedingungen, um unsere besonders vulnerablen onkologischen und palliativen Patienten, von denen viele mit einem sehr schwachen Immunsystem leben müssen, vor einer Corona-Infektion zu bewahren." Trotz aller Vorsicht würden Mitarbeiter an Corona erkranken, was zu weiterer Belastung der übrigen Beschäftigten führe. Verschärft werde der Personalnotstand in den Kliniken durch die Abwanderung von Pflegekräften in andere Branchen.
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