So will man den Ärztemangel beseitigen
Kooperation mit Universität aus Riga: Mediziner-Campus an den Elbe Kliniken geplant
Praxen schließen, weil Hausärzte in den Ruhestand gehen und keinen Nachfolger finden. Auch in vielen Krankenhäusern ist die Situation schwierig. Es fehlt der Mediziner-Nachwuchs. Allein in Niedersachsen werden pro Jahr 1.500 Berufsanfänger benötigt. Doch es gibt viel zu wenig Absolventen. Zwar sind die Kapazitäten an den drei niedersächsischen Hochschulstandorten, an denen Humanmedizin gelehrt wird, aufgestockt worden - auf aktuell 789 Studienplätze. Aber das reicht nicht. Im Landkreis Stade will man den Ärztemangel nicht länger hinnehmen. Statt nur zu jammern, wird gehandelt: Angeschlossen an die Elbe Kliniken soll ein Gesundheitscampus Stade entstehen - als Außenstelle der Stradins Universität Riga (Lettland). Die Mediziner-Ausbildung soll ab Herbst 2023 beginnen. Einige der jungen Ärztinnen und Ärzte will man anschließend möglichst in der Region halten.
Dass der Stader Mediziner-Campus als Satellit einer Universität aus dem Baltikum gegründet werden soll, hat ganz praktische Erwägungen. Die Einrichtung einer neuen medizinischen Fakultät wäre allein wegen des hohen finanziellen Aufwands kaum zu realisieren. Wesentlich kostengünstiger ist hingegen die Ansiedlung einer Uni aus dem EU-Raum, die bereits über eine entsprechende Zulassung verfügt. Die Elbe Kliniken haben dabei den Blick auf die baltischen Staaten gerichtet. Diese sind bekannt für ihre gute Ausbildungsqualität. Ähnliche Kooperationen zwischen deutschen Krankenhäusern und ausländischen Hochschulen gibt es bereits in anderen Bundesländern, in Niedersachsen allerdings noch nicht.
Landrat Kai Seefried hat sich seit Monaten an für das Projekt engagiert. Klinik-Geschäftsführer Siegfried Ristau und der für die Ärzteausbildung zuständige Chefarzt Prof. Dr. Holger Schmidt als Initiator des Vorhabens hatten die Pläne kürzlich im nicht-öffentlich tagenden Kreisausschuss vorgestellt. Dort wurden sie einstimmig abgesegnet.
Start zum Wintersemester 2023/24 geplant
Vorgesehen ist, dass die Studierenden der Stradins Universität an den Elbe Kliniken das vierte und fünfte Studienjahr (7. bis 10. Semester) sowie abschließend das Praktische Jahr absolvieren. Gestartet werden soll im Wintersemester 2023/24 mit zunächst 24 Studierenden, bis zum Sommersemester 2025 soll die Zahl der Studienplätze auf 96 erhöht werden. Später wird diese Zahl möglicherweise noch verdoppelt. Zunächst ist eine Laufzeit von 15 Jahren angepeilt.
Sprachliche Hürden dürfte es kaum geben: Ein Großteil der Studierenden an der Stradins Universität im Fach Humanmedizin sind Deutsche, die hierzulande wegen des Numerus Clausus keinen Studienplatz bekommen haben. Geplant ist, dass die Medizinstudenten auch ihren Abschluss in Stade machen können. "Wenn danach zehn bis 15 Prozent in der Region bleiben, wäre das ein schöner Erfolg", meint Seefried. So könnte die Ärzteversorgung deutlich verbessert werden.
Neubau für zusätzliche Fachräume
Daher will der Landkreis Stade das Vorhaben auch mit rund 4,5 Mio. Euro unterstützen. Denn die Gründung des Gesundheitscampus ist zwingend mit baulichen Maßnahmen verbunden. Für die akademische Ausbildung der angehenden Ärzte werden entsprechende Fachräume benötigt. Bei 96 Studierenden besteht bei den Elbe Kliniken ein zusätzlicher Raumbedarf von rund 580 Quadratmetern. Kostenpunkt: 3,85 Mio. Euro. Es gibt Überlegungen, einen gemeinsamen Neubau mit der medizinischen Fachschule der Elbe Kliniken zu errichten. Das jetzige Fachschulgebäude ist sanierungsbedürftig.
Auch um die Unterbringung der Studierenden hat man sich bereits Gedanken gemacht. Ein Wohnheim, das auch Platz für andere Azubis der Elbe Kliniken bieten könnte, könnte ihnen die mühsame Suche nach einem WG-Zimmer ersparen, zumal der Stader Wohnungsmarkt in dieser Hinsicht wenig zu bieten hat. Bei 100 Plätzen würden die Baukosten für ein solches Wohnheim bei 16,5 Mio. Euro liegen. Womöglich ließe sich hier ein privater Investor finden.
Junge Ärzte mit Stipendien in der Region halten
Um Absolventen des Stader Gesundheitscampus später längerfristig an die Region zu binden, schlägt die Kreis-CDU vor, ein Stipendien-Programm aufzulegen.
"Im Kern muss es darum gehen, die Studenten nach ihrer Ausbildung im Landkreis Stade zu halten und für eine Tätigkeit in den Kliniken oder auch in den Arztpraxen zu gewinnen", heißt es in einem Antrag der Christdemokraten. Die Stipendien könnten in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung oder auch in Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden vergeben werden.
Denkbar sei aber auch, an das bereits umgesetzte Projekt "Landgang" anzuknüpfen, bei dem Medizinstudenten und Ärzte in der Weiterbildung finanzielle Unterstützung erhalten, wenn sie sich dazu verpflichten, zumindest für einen bestimmten Zeitraum in der Region als Arzt tätig zu sein.
Eine weitere Überlegung besteht darin, eine Stiftung zu gründen. Diese könnte finanzielle Mittel für den laufenden Betrieb des Hansecampus bereitstellen und ggf. ebenfalls Stipendien vergeben. Hier ist es denkbar, auch die Wirtschaft mit ins Boot zu holen.
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