Stader Landrat spricht von Katastrophe
Landkreis Stade ist Schlusslicht bei der Unterrichtsversorgung

Sie sind mittlerweile eine rare Spezies: Lehrer fehlen fast überall an den Schulen. Besonders schlimm ist die Situation im Landkreis Stade | Foto:  Adobe Stock/contrastwerkstatt
  • Sie sind mittlerweile eine rare Spezies: Lehrer fehlen fast überall an den Schulen. Besonders schlimm ist die Situation im Landkreis Stade
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Unterricht fällt aus, weil Lehrer fehlen: Die miese Unterrichtsversorgung ist an vielen Schulen mittlerweile Alltag. Doch Kultusministerium und Landesschulbehörde reden das Problem klein, Schulleiter und Lehrer schweigen offenbar aus Angst vor Disziplinarmaßnahmen und die jeweils regierenden Parteien machen die Vorgängerregierungen für die Misere verantwortlich. Kürzlich hatte das WOCHENBLATT das Thema aufgegriffen. Daraufhin meldete sich der Stadtelternrat Buxtehude und lieferte Fakten, mit denen dem Schöngerede aus dem Kultusministerium widersprochen wird. Jetzt hat die Politik noch einmal mit harscher Kritik nachgelegt: Stades Landrat Kai Seefried (CDU) fordert Ministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) in einem Schreiben auf, für eine gerechtere Verteilung der Lehrkräfte innerhalb Niedersachsens zu sorgen.

Unzureichende Unterrichtsversorgung an Schulen

Letzter Platz in Niedersachsen

Grund für den Brandbrief ist nicht zuletzt die bittere Erkenntnis, dass der Landkreis Stade mittlerweile niedersachsenweit das Schlusslicht bei der Unterrichtsversorgung bildet. Mit einer Versorgungsquote von lediglich 90,3 Prozent zum Stichtag 31. August 2023 liegt der Landkreis Stade auf dem letzten Platz. Im Schuljahr zuvor waren es noch 92 Prozent. Der Landesdurchschnitt liegt in diesem Schuljahr bei 96,9 Prozent. Seefried hat den Brief mit seinem Cuxhavener Amtskollegen Thorsten Krüger verfasst. Dort ist der Versorgungsgrad mit 93,3 Prozent ein wenig höher.  

"Katastrophale Unterrichtsversorgung"

"So dramatisch schlecht wie jetzt ist die Unterrichtsversorgung im Landkreis Stade noch nie gewesen", sagt Seefried angesichts dieser erschreckenden Zahlen. Daher hat er den Brief auch mit der Überschrift "katastrophale Unterrichtsversorgung" versehen. Der Landrat zeigt sich besorgt, dass sich die Lage in diesem Jahr noch verschlechtern wird. Die Berichte von den jeweiligen Schulträgern würden jedenfalls Anlass zu dieser Sorge geben.

Verschlechtert statt verbessert

Immer weniger Referendare am Stader Studienseminar

Ein wesentlicher Grund für die Versorgungsmisere beim Unterricht ist laut Seefried der Nachwuchsmangel: In der Region werden zu wenig neue Lehrkräfte ausgebildet. Der Zahl der examinierten Referendare am Stader Studienseminar sei in den vergangenen vier Jahren um fast zwei Drittel zurückgegangen, so der Landrat. Fehlen aber die Junglehrer, können an den Schulen vor Ort auch keine Planstellen nachbesetzt werden. Oftmals bleiben die Lehrkräfte dort, wo sie als Referendare ausgebildet werden. "Klebeeffekt" nennt sich das. Doch im Landkreis verpufft dieser Effekt mangels Masse. 

Vorschläge zur Verbesserung der Situation

Der Stader Landrat und sein Cuxhavener Kollege belassen es aber nicht beim bloßen Meckern. Sie haben Vorschläge, wie man die Situation entschärften könnte. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehört u.a. die Zuweisung von Referendaren aus Regionen mit besserer Bewerberlage an das Studienseminar Stade, das noch über zahlreiche freie Plätze verfügt. Das ist in der Vergangenheit auch schon so praktiziert worden. Außerdem könnte die Ausbildung in Mangelregionen (wie dem Landkreis Stade) für Referendare attraktiver gemacht werden, wenn finanzielle Zulagen gewährt werden. Eine weitere Überlegung wäre, in Kooperation mit der Landesschulverwaltung eine Art Willkommenskultur für Referendare und Lehrkräfte in zu etablieren. Denkbar sei, mit "gezielte Marketingmaßnahmen" auch in Hamburg und Bremen neue Lehrer anzuwerben.

Für die beiden Landräte steht jedenfalls fest: "Ohne regulatorische Maßnahmen" werde sich die jetzige Situation nicht verbessern. Das wiederum verstärke die Frustration der Bürger angesichts der staatlichen Handlungsfähigkeit.


So sieht die Unterrichtsversorgung bei den Schulen im Landkreis Stade im Sekundarbereich aus:

(Stand 31.8. 2023)

Gymnasien:

  • VLG Stade: 95,2 %
  • Athenaeum Stade: 98,4 %
  • AGG Harsefeld: 93,7 %
  • Buxtehude-Süd: 92,1 %
  • Halepaghenschule Buxtehude: 95,9 %
  • IGS Buxtehude: 92,3 %
  • IGS Stade: 85,7 %
  • KGS Drochtersen: 91,5 %

Oberschulen:

  • Geestlandschule Fredenbeck: 77,5 %
  • Porta-Coeli-Schule Himmelpforten: 85,5 %
  • Oberschule Stade: 82,7 %
  • Oberschule Harsefeld: 79,4 %
  • Oberschule Ahlerstedt: 82,6 %
  • Oberschule Steinkirchen: 77,8 %
  • Oberschule Horneburg: 80,2 %
  • Oberschule Apensen: 84,5 %
  • Oberschule Jork: 86,5 %

Realschulen:

  • Realschule Camper Höhe, Stade: 93,7 %
  • Realschule Buxtehude-Süd: 77,8 %

Hauptschulen:

  • Hauptschule Stade: 84,9 %
  • Hauptschule Buxtehude: 78,7 %
Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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