Wenn die Stromsperre droht
Landkreis Stade wird Härtefallfonds einrichten
Niemand soll im Dunkeln sitzen oder frieren: Wenn Privatpersonen in Zeiten der Inflation ihre Strom- oder Gasrechnung nicht mehr bezahlen können und eine Versorgungssperre droht, wird in Niedersachsen künftig die öffentliche Hand einspringen. Das Landes-Sozialministerium hat dafür den Härtefallfonds auf den Weg gebracht. Das Land übernimmt bei säumigen Zahlern, die sich in finanzieller Not befinden, ein Drittel der Kosten, sofern die Landkreise und die Energieversorger für die anderen beiden Drittel aufkommen. Der Landkreis Stade wird mitmachen. Ein entsprechender Grundsatzbeschluss wurde auf Antrag der SPD bereits im Dezember gefasst. Im Landkreis Harburg gibt es hingegen noch keine politische Initiative in diese Richtung.
Land finanziert Fonds mit 50 Millionen Euro
Das Land stellt für den Härtefallfonds insgesamt 50 Millionen Euro bereit, davon werden rund 1,3 Millionen Euro an den Landkreis Stade fließen - wenn die Summe in dieser Höhe überhaupt abgerufen wird. Denn dieser Hilfsfonds greift erst, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Dazu zählen Stundung der Stromrechnung oder Ratenvereinbarungen genauso wie die Beantragung von Wohngeld oder anderen sozialen Hilfen. Auch die Strom- bzw. Gaspreisbremse haben inzwischen zur Entspannung beigetragen.
Stades Landrat Kai Seefried (CDU) rechnet daher mit geringen Fallzahlen: "Wir gehen davon aus, dass Energiesperren durch die jüngsten Sozialreformen verhindert werden.“ Im Sozialrecht gebe es jetzt Möglichkeiten, erhöhte Energiekosten (Abschläge, Nachzahlungen) zu übernehmen. Die Zahl der Härtefälle dürfte entsprechend niedrig ausfallen.
Seefried sieht seine Einschätzung seitens der Energieversorger bestätigt. Vertreter der örtlichen Versorgungsunternehmen haben signalisiert, dass es bisher kaum Probleme durch eine drohende Zahlungsunfähigkeit bei Privatkunden gibt. In einzelnen Fällen sind Ratenzahlungen vereinbart worden. Energiesperren drohen offenbar auch nicht. Auch der Chef der Stader Stadtwerke, Christoph Born, verweist auf die umfangreichen staatlichen Hilfen: "Ich gehe nicht davon aus, dass es viele Betroffene gibt, bei denen der Härtefallfonds greifen könnte."
Landkreis Harburg sieht den Fonds kritisch
Auch beim Landkreis Harburg rechnet man nur mit sehr wenigen Personen, die letztlich zum Kreis der Berechtigten zählen. "Im Übrigen sehen wir die vom Land festgelegte Finanzierung mit einer Drittelung der Kosten zwischen Land, Landkreis und Energieversorger sehr kritisch", sagt die Pressesprecherin des Landkreises Harburg, Katja Bendig. Gleichzeitig bestehe ein sehr hoher bürokratischer Aufwand mit großem Abstimmungsbedarf zwischen allen Beteiligten, wobei die jeweiligen Aufgaben von Energieversorgern und Landkreisen noch nicht endgültig geklärt seien.
Dass der bürokratische Aufwand am Ende höher als der Nutzen sein könnte, wird auch beim Landkreis Stade so gesehen. Doch der Vize-Chef im Stader Kreishaus, der Erste Kreisrat Thorsten Heinze, gibt zu bedenken: "Wir wissen nicht, wie sich die Preise bei Strom und Gas im nächsten Winter entwickeln. Vielleicht sind dann alle froh, dass ein solcher Fonds aufgelegt wurde." Dennoch bleibt beim Landrat eine gewisse Grundskepsis: "Ich halte es für falsch, den Härtefallfonds auf kommunaler Ebene einzurichten. Wenn finanzielle Hilfen gewährt werden, darf dies doch nicht davon abhängig sein, in welchem Landkreis jemand wohnt."
Der Sozialausschuss wird sich auf seiner Sitzung am Dienstag, 21. Februar, mit dem Thema Härtefallfonds befassen. Die endgültige Entscheidung fällt dann der Stader Kreistag, der am Montag, 20. März, tagt.
Die wichtigsten Informationen zum Härtefallfonds
Das WOCHENBLATT beantwortet die wichtigsten Fragen in Bezug auf den Härtefallfonds:
Wer hat Anspruch auf Leistungen aus dem Härtefallfonds?
Nur bedürftige Personen, die ihren Wohnsitz in der jeweiligen Kommune haben und bei denen im Zeitpunkt der Antragstellung eine finanzielle Notlage besteht, können Unterstützungsleistungen erhalten. Eine finanzielle Notlage liegt dann vor, wenn es der bedürftigen Person aufgrund der Preissteigerungen nicht möglich ist, die Energiekosten aus ihrem Einkommen zu decken und deshalb die Verhängung einer Energiesperre konkret droht. Es darf auch kein Vermögen mehr vorhanden sein. #+Unter welchen Voraussetzungen greift der Härtefallfonds?
Vor der Inanspruchnahme des Härtefallfonds müssen alle anderen Unterstützungsmöglichkeiten (z.B. Sozialleistungen oder Wohngeld) ausgeschöpft werden. Hierzu zählen auch Vereinbarungen mit dem Energieversorger zur Verhinderung einer konkret drohenden Energiesperre.
Welche Obergrenze gibt es beim Verdienst?
Von Unterstützungsleistungen ausgeschlossen sind Haushalte, die über mehr als das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen vergleichbarer Haushalte in Niedersachsen verfügen. Für eine alleinstehende Person liegt das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen bei 1.862 Euro. Für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren beträgt das Nettoeinkommen für einen Haushalt im Durchschnitt 3.910 Euro.
Welche Form der Unterstützung bietet der Härtefallfonds?
Die Unterstützungsleistung aus dem regionalen Härtefallfonds kann pro Haushalt und pro Energieart (Strom, Gas oder Fernwärme) einmalig gewährt werden. Neben den bis zur Gewährung aufgelaufenen Abschlagsbeträgen können auch maximal zwei zukünftige Abschläge als Unterstützungsleistung gewährt werden. Die konkrete Zahlungsaufforderung darf erstmals nach dem 1. Oktober 2022 und muss bis zum 31. Dezember 2023 erfolgt sein.
Wo und wie können die Unterstützungsleistungen aus dem Härtefallfonds beantragt werden?
Vorgesehen ist, dass die Meldung von Unterstützungsfällen und die Einleitung des Antragsverfahrens für Härtefälle in der Regel über die Energieversorger erfolgt.
Wie wird die Unterstützung ausgezahlt?
Die Unterstützungsleistungen im Rahmen des regionalen Härtefallfonds werden vom Landkreis direkt auf das Kundenkonto beim Energieversorgungsunternehmen überwiesen.
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