Vorschlag aus der Kreis-Politik: Fünf Millionen Euro für 50 Prozent der Anteile an den Elbe Kliniken
Landrat Roesberg: Elbe Kliniken wieder in ruhiges Fahrwasser bringen
jd. Stade. Die Teilhaberschaft der Stadt Stade an den Elbe Kliniken dürfte im kommenden Jahr Geschichte sein. In diesen Tagen werden für den Ausstieg der Hansestadt aus der Klinik-Gesellschaft die Weichen gestellt - zumindest auf Kreisebene: Am Montag sprachen sich die Vertreter der Fraktionen im nicht-öffentlichen Kreisausschuss mit breiter Mehrheit dafür aus, dass der Landkreis die städtischen Anteile zum Buchwert von fünf Millionen Euro übernimmt. Ein entsprechender Beschluss des Kreistages auf seiner Sitzung am Montag, 12. Juli, um 9 Uhr im Hansesaal des Stadeums dürfte dann nur noch reine Formsache sein.
"Ich hoffe, das Thema Elbe Kliniken gerät jetzt wieder wieder in ein ruhigeres politisches Fahrwasser", sagt Landrat Michael Roesberg. Er stellte noch einmal klar: Der Landkreis stehe zu seiner Verantwortung gegenüber dem Krankenhaus, das in öffentlicher Trägerschaft bleiben soll. Dies sei ein wichtiges Signal an die Beschäftigen und auch an die Bürger, die Anspruch auf eine zuverlässige Krankenhausversorgung haben. Der Landrat verwies darauf, dass es bei der ganzen Diskussion nur um künftige Investitionskostenzuschüsse gehe. Das Geld zur Deckung der Betriebskosten erwirtschafte das Krankhaus selbst, so Roesberg: "Die Elbe Kliniken sind gesund und schreiben schwarze Zahlen."
Es sieht nun tatsächlich danach aus, dass die Stadt Stade noch in diesem Jahr diese ungeliebte Zweckehe beenden kann: Ein Vorstoß des sogenannten "bürgerlichen" Lagers im Kreistag macht die Wahrscheinlichkeit für einen Ausstieg der Hansestadt aus den Elbe Kliniken höher. In den Wochen zuvor gab es Streit zwischen den beiden Gesellschaftern, zu welchen Bedingungen eine Abgabe des 50-prozentigen Stader Anteils an der Klinik-Gesellschaft an den Landkreis erfolgen kann.
Knackpunkt war dabei das Geld: Die Stadt möchte ihre Einlage in Höhe von fünf Millionen Euro erstattet bekommen, um diese Summe nicht als Verlust verbuchen zu müssen. Außerdem würde das Finanzamt bei einem Besitzerwechsel die Hand aufhalten: Wenn der Landkreis den städtischen Anteil erwirbt, wären wohl sieben Millionen Euro an Grunderwerbssteuer fällig. Unterm Strich wären das zwölf Millionen Euro, die der Landkreis berappen müsste, ohne dass davon auch nur ein Cent den Elbe Klinik zugutekäme. Das wäre aus Sicht der Verantwortlichen im Kreishaus ein schlechter Deal.
Vorstoß des "bürgerlichen" Lagers
Dennoch ist eine Mehrheit im Kreistag dazu bereit, in diesen sauren Apfel zu beißen. Im Kreisausschuss wurde ein Antrag der Fraktionen von CDU und FWG sowie der Gruppe von FDP und Piraten abgesegnet, dass der Landkreis den städtischen Gesellschaftsanteil an der Klinik-GmbH übernimmt und dafür die fünf Millionen Euro zahlt. Die Übergabe der Anteile soll zum 1. Januar 2022 erfolgen. Das wäre sozusagen eine Scheidung im Schnellverfahren.
Gleichzeitig beinhaltet dieser Antrag ein Bekenntnis, die Elbe Kliniken in öffentlicher Trägerschaft zu belassen. Mit dem Antrag soll eine sich über Monate hinziehende Debatte vermieden werden, die dem Ruf der Elbe Kliniken dauerhaften Schaden zufügen könnte. Es bleibt noch das Problem der Grunderwerbssteuer. Diese müsse wohl oder übel gezahlt werden, so der CDU-Landratskandidat Kai Seefried. "Wir sind aber in Gesprächen mit dem niedersächsischen Finanzministerium, hier eine Lösung zu finden." Es sei denkbar, dass diese Zahlung durch eine finanzielle Zuwendung des Landes kompensiert werde.
Landrat Michael Roesberg wiederum will ein anderes "Schlupfloch" prüfen: Mit der Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR), die für den Landkreis mindestens 10,1 Prozent der Anteile hält, könnte womöglich die Steuerlast entfallen. Ob dieser Weg gangbar ist, soll bis Ende des Jahres feststehen.
Allerdings muss die Stadt nach dem Willen der Kreispolitik eine Kröte schlucken: Im Falle eines - von allen Beteiligten aktuell nicht gewollten - Verkaufs der Kliniken würde die Hansestadt leer ausgehen. Denn der Antrag sieht vor, dass mit der Zahlung der fünf Millionen Euro alle künftigen Ansprüche abgegolten sind.
Betriebsratschef mit eigenem Vorschlag
Mit dem Kreistagsbeschluss dürfte sich auch ein Vorschlag erledigt haben, mit dem sich der SPD-Politiker Kai Holm - er sitzt sowohl im Kreistag als auch im Stader Stadtrat - in seiner Eigenschaft als Gesamt-Betriebsratsvorsitzender der Elbe Kliniken in die Diskussion eingebracht hat. Er hatte angeregt, dass Stade künftig nur noch als "stiller Teilhaber" an den Elbe Kliniken beteiligt ist. Der Anteil der Stadt würde beim Krankenhaus verbleiben, es wären keine Steuern fällig. "Das Thema der stillen Teilhaberschaft ist vom Tisch", sagt Roesberg. Die Vertreter der Stadt hätten ihm gegenüber erklärt, komplett aus der Gesellschaft aussteigen zu wollen.
Weiterhin hatte Holm die Überlegung geäußert, in die Vereinbarung zwischen Stadt und Landkreis über die Übertragung der Anteile einen sogenannten Besserungsschein aufzunehmen. Dieser würde eine Art Garantie darstellen: Sollte der Landkreis die Elbe Kliniken oder Teile davon wider Erwarten doch verkaufen, müsse die Hälfte des Erlöses an die Stadt fließen. Holm mahnte an, keine voreiligen Entscheidungen zu treffen.
Stadt hat drei Minimalpositionen
Mit Bedacht möchte man auch bei der Stadt Stade vorgehen. "Wir wollen in jedem Fall vermeiden, den Gesellschaftsvertrag einseitig zu kündigen", erklärt Stades Bürgermeister Sönke Hartlef (CDU). Allerdings habe sich die Politik in der Hansestadt auf drei Minimalpositionen verständigt, die auch dem Landrat vorgetragen wurden, so Hartlef: Erstens werde es keine Zahlung von Zuschüssen an die Elbe Kliniken durch die Stadt geben. Dass müsste allerdings auch nicht eigens betont werden: Denn die Aussicht, dass die Elbe Kliniken bis 2030 Zuschüsse in Höhe von bis zu 36 Millionen benötigen, um ihre rund 200 Millionen Euro teuren Investitionen für geplante Baumaßahmen, ist ja letztlich der ausschlaggebende Grund für die Stadt, ihre Klinik-Anteile loszuwerden.
Zweitens sollte der besagte Besserungsschein greifen, sofern der Landkreis das Krankenhaus später verkauft. Doch hier stellt Roesberg unmissverständlich klar, dass die Kreis-Politik keine Zugeständnisse machen wird. Der Landkreis komme doch nicht auf die Idee, Vermögen der Elbe Kliniken zu veräußern. "Diese Diskussion um den Besserungsschein wirkt auf mich doch ein wenig gekünstelt", so Roesberg.
Über die dritte Forderung der Stadt herrscht wiederum Einigkeit: Die fünf Millionen Euro für die Erstattung der städtischen Anteile sollen fließen, um einen Bilanzschaden zu vermeiden. Dabei gehe es ihm nur um den Bilanzposten, so Hartlef. Das Geld könnte als langfristiges Darlehen beim Landkreis bzw. bei der Klinik verbleiben.
Grüne kritisieren Eile in Sachen Elbe-Kliniken-Anteile
Die Grünen sehen den Vorstoß der "bürgerlichen" Fraktionen im Kreistag, die Causa Elbe Kliniken möglichst schnell vom Tisch zu bekommen, kritisch.
"Auch wir können uns vorstellen, die Anteile der Stadt Stade durch den Landkreis zu übernehmen", betont Verena Wein-Wilke, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen-Kreistagsfraktion. "Aber alle anderen Punkte müssen sorgsam geklärt und abgewogen werden." Der Vorschlag von CDU und Co. sei ein "Schnellschuss", der zwölf Millionen Euro koste, ohne dass davon etwas der Gesundheitsversorgung der Menschen im Landkreis zugutekomme.
Die Grünen fordern, offene Fragen zur Übernahme der Gesellschaftsanteile der Elbe Kliniken prüfen zu lassen. Zu diesem Zweck haben sie beantragt, die Übernahme der Klinik-Grundstücke in eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) zu prüfen. Dies wird nun auch geschehen.
Man sehe das steigende Risiko einer Privatisierung, so die Grünen in ihrer Mitteilung. Denn mit dem Landkreis als alleinigen Gesellschafter sei nur noch ein Gremium - nämlich der Kreistag - erforderlich, um mit Zweidrittelmehrheit einen Verkauf an einen privaten Investor zu beschließen.
Für die Grünen-Kreistagsfraktion ist die Prüfung der offenen Fragen Voraussetzung für eine Unterstützung, wenn es zu einem schnellen Übernahmebeschluss kommen soll. Wein-Wilke geht davon aus, dass sich das Land beim Thema Grunderwerbssteuer nicht weiter bewegen wird: "Wir halten es deshalb aus haushaltspolitischer Sicht für unverzichtbar, zu prüfen, ob diese Kosten vermeidbar sind, wenn die vorgesehenen Ziele durch ein alternatives Modell in gleicher Weise erreicht werden können."
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