Landratswahl im Kreis Stade: Sie wissen nicht, wen Sie wählen sollen? Das WOCHENBLATT bietet die ultimative Entscheidungshilfe
jd. Stade. Im Kreis Stade wird am heutigen Super-Wahlsonntag auch der Landrat gewählt. Doch wo soll man sein Kreuzchen machen? Das WOCHENBLATT bietet für Unentschlossene die ultimative Entscheidungshilfe: Den drei Kandidaten, die sich um den höchsten politischen Posten im Landkreis bewerben, wurden jeweils fünf gleichlautende Fragen gestellt. Anhand der Antworten kann sich so jeder ein eigenes Bild vom betreffenden Bewerber machen.
Das sind die drei Kandidaten: Amtsinhaber Michael Roesberg ist zwar parteilos, wird aber von der CDU ins Rennen geschickt und von der Kreis-FWG unterstützt. Zunächst sah es so aus, dass Roesberg mit dem von der SPD nominierten Robert Crumbach nur einen Herausforderer hat. Crumbach bat die Grünen um Unterstützung. Doch die Öko-Partei zauberte in letzter Minute eine eigene Kandidatin aus dem Hut: die Landtagsabgeordnete Elke Twesten. Die wäre auch gern in ihrem Heimat-Kreis Rotenburg Landrätin geworden, doch sie scheiterte in der innerparteilichen Vor-Nominierung. Dort zogen die Grünen einen anderen Bewerber vor.
WOCHENBLATT:Es wird ständig über Autobahnbau, Kohlekraft und Willkommenskultur diskutiert. Was ist neben diesen Dauerbrennern Ihr wichtigstes Thema?
Michael Roesberg: Für die gute Zukunft unseres Landkreises gibt es eine Reihe weiterer Kernthemen. Dabei steht die Stärkung des Wirtschaftsstandortes in der Nachbarschaft zu Hamburg im Vordergrund. Zu nennen sind: der Erhalt des Industriestandortes in Stade, die Unterstützung der Landwirtschaft und des Obstbaues, die Förderung der kleineren und mittleren Unternehmen, die Verbesserung der Breitbandverkabelung im gesamten Landkreis und die Stärkung der Bildungslandschaft.
Robert Crumbach: Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Pflege und Gesundheit! Nach einer Studie der Prognos AG belegt der Landkreis Stade bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur Platz 342 von 402. Wir brauchen mehr Ganztagsbetreuung, mehr Kitaplätze, aber auch mehr Akzeptanz bei der Wirtschaft. Pflege und Gesundheit sind die Herausforderungen der nahen Zukunft, zum Beispiel Nachfolger für Hausärzte. Ich werde den Landkreis als Gesundheitsregion gestalten.
Elke Twesten: Die Schuldentilgung hat oberste Priorität, wir müssen die Finanzen des Landkreises in Ordnung bringen. Hier ist die Solidarität aller kreisangehörigen Städte und Gemeinden gefordert, wirtschaftlich starke Gemeinden müssen ihren Anteil für einen funktionierenden Kreishaushalt zahlen. Oberste Leitlinie sind Ausgabeentscheidungen mit Bedacht, mit Blick auf demografische Entwicklungen, auf Pensionslasten und in Verantwortung für nachfolgende Generationen.
WOCHENBLATT:Der Landkreis verkauft sich mit dem Kürzel STD gern als „Schönster Teil Deutschlands“. Wer aber hier unterwegs ist, muss feststellen, dass viele Straßen und Radwege marode sind. Sehen Sie Handlungsbedarf?
Michael Roesberg: Ja! - Die augenzwinkernde Bedeutung unseres Autokennzeichens STD hat zu Recht einen positiven Charme. Das heißt aber nicht, dass hier alles perfekt ist. Es gibt Vieles, um das sich Verantwortungsträger vor Ort kümmern müssen. Die Verkehrswege gehören u.a. dazu. Ich erwarte, dass das Land Niedersachsen alles für gute Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen tut. Der Landkreis, die Städte und Gemeinden kümmern sich um die anderen Wege.
Robert Crumbach: Ja. Eine gute Infrastruktur ist wichtig für Menschen und Wirtschaft im Landkreis. Gute Radwege sind für Tourismus und die Einwohner bedeutend. Der Landkreis muss helfen, neue Anforderungen z.B. durch E-Bikes zu meistern. Er darf nicht nur in den Straßenbau investieren. Die Autobahn müssen wir klug für die weitere Entwicklung des Landkreises nutzen. Schnelles Internet und Handynetze will ich ausbauen. Der Landkreis soll noch schöner und vor allem lebenswerter werden.
Elke Twesten: Ja, denn Erhalt und Sanierung von Straßen, Radwegen und Brücken gehen vor Neubau und nicht finanzierbaren Umgehungsstraßen und neuen Autobahnen. - Bei der Vielzahl von Schlaglöchern muss dringend saniert werden. Gerade die Menschen im ländlichen Raum benötigen gute Straßen und Sicherheit im Verkehr. Außerdem geht es gerade in touristischer Hinsicht um gut ausgebaute und mit der Region vernetzte Fahrradwege.
WOCHENBLATT:Es gibt große strukturelle Unterschiede zwischen den Regionen im Landkreis. Müssen „Fördergebiete“ eingerichtet werden?
Michael Roesberg: Nein! - Der Landkreis hat stets allen Gemeinden und Städten gleichermaßen Bedeutung und Unterstützung gegeben. Das soll auch so bleiben. Beispiele gibt es viele, von Balje (Natureum) bis Buxtehude (Kostenbeteiligung Jugendamt). Im Übrigen sind wir „Ein Landkreis mit vielen Stärken“. Diese gilt es insgesamt weiter auszubauen.
Robert Crumbach: Meine Aufgabe ist es, kreisweit für gleiche Chancen zu sorgen. Dazu braucht jede Region eigene Ansätze und Lösungen. Statt Fördergebiete einzurichten, werde ich Stärken stärken - nicht nur bei der Wirtschaftsförderung. Stadtferne Regionen haben auch „Vorteile“, nicht nur „Nachteile“. Gleiche Chancen schaffen wir durch Schülerbeförderung und Bürgerbusse, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier werde ich klare Prioritäten setzen.
Elke Twesten: Fördergebiete einzurichten macht nur dann Sinn, wenn es dafür zusätzliche Fördermittel vom Land oder Bund gibt und Städte und Gemeinden sich einig sind, wie strukturell benachteiligte Räume eine zukunftsfähige Perspektive bekommen. Insoweit kann der Landkreis seiner gesetzlichen Ausgleichsfunktion nur nachkommen, wenn alle Kommunen solidarisch handeln. Deswegen muss geprüft werden, ob eine nach Steuerkraft differenzierte Kreisumlage zu einer Verbesserung der Situation insbesondere im Nordkreis führen kann.
WOCHENBLATT:Wofür würden Sie gern mehr Geld im Landkreis ausgeben?
Michael Roesberg: In den nächsten Jahren eindeutig zur Schuldentilgung, ohne die Pflichtaufgaben zu vernachlässigen. Unsere Kinder dürfen von uns erwarten, dass die heutigen höheren Steuereinnahmen zuerst zum Abbau der Schulden einsetzt werden. Das erspart in der Zukunft hohe Zinslasten.
Robert Crumbach: Für die Bildung und die Chancen unserer Kinder und Jugend! Familie und Beruf vereinbar machen kostet Geld. Bei Pflege und Gesundheit werden wir mehr Geld ausgeben. Bei dem hohen Schuldenstand des Kreises geht es vor allem darum, das Geld anders auszugeben. Weniger für Gebäude, mehr für Menschen. Mir geht es um mehr Nachhaltigkeit! Über Ausgaben und Investitionen sollen die Bürgerinnen und Bürger mitentscheiden. Sie bezahlen es schließlich auch mit ihren Steuern.
Elke Twesten: Für alle Anstrengungen auf dem Weg zum Welterbe. Für Bildung, Kultur, den Nahverkehr, schnelles Internet auf den Dörfern, soziale Integration, eine gesicherte Gesundheitsversorgung, Familienhilfe und Tierschutz. Um gemeinsam mit BürgerInnen, Städten und Gemeinden ein dezentrales Energieversorgungskonzept auf die Beine zustellen, bei dem die Wertschöpfung im Landkreis verbleiben kann.
WOCHENBLATT:Warum meinen Sie, dass Sie die bessere Wahl für den Landrats-Posten sind?
Michael Roesberg: Ich bin seit 22 Jahren in der Kreisverwaltung in leitender Funktion tätig, davon fast acht Jahre als Landrat. Ich bin im Landkreis Zuhause, kenne den Landkreis wie meine Westentasche, und die Menschen, die Institutionen und Themen sind mir bestens präsent, und ich habe langjährige Erfahrung als Chef der Kreisverwaltung und als Repräsentant unseres Landkreises. Viele Menschen haben großes Vertrauen in meine Arbeit.
Robert Crumbach: Der Landkreis Stade kann mehr. Als Landrat will ich nicht nur die Verwaltung führen, sondern ganz konkret den Rahmen für das Zusammenleben der fast 200.000 Menschen gestalten. Ein Landrat braucht dafür einen klaren inneren Kompass. Mein Kompass steht auf: gerecht, sozial, menschlich. Ein Landrat braucht eine genaue Vorstellung von dem, was nötig und machbar ist. Die habe ich. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern will ich den Landkreis voran bringen.
Elke Twesten: Ich traue mir zu, verkrustete Strukturen aufzubrechen und neue Wege zu gehen, statt den Landkreis nur zu verwalten. Die dafür notwendige Unabhängigkeit, Kreativität und politische Erfahrung bringe ich mit. Ich bin die bessere Wahl, weil ich die Stärken dieses Landkreises zusammenführen kann. Meine Politik orientiert sich am Bedarf der Menschen, an der Sicherung ihrer Daseinsvorsorge, dem Schutz unserer Umwelt.
WOCHENBLATT:Einen Satz bitte: Darum will ich Landrat werden bzw. bleiben!: „Weil ich...“
Michael Roesberg: Weil ich die tägliche Arbeit des Landrates gerne weiterhin mit entschlossenem Willen, Tatkraft, positivem Denken, Herz und Gottvertrauen erfüllen möchte.
Robert Crumbach: Weil ich mit meiner klaren, direkten und offenen Art die Wahl für einen besseren Landkreis Stade bin.
Elke Twesten: Weil ich bin die richtige Frau zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin, denn ich kenne alle politischen Ebenen, bin landesweit gut vernetzt und bereit, die Verantwortung für einen Landkreis zu übernehmen, der mehr kann.
• Persönliches:
Michael Roesberg (56) ist verheiratet, Vater dreier erwachsener Kinder und bereits Opa. Der Rheinländer arbeitete nach seinem Jura-Studium zunächst beim Landkreis Harburg. 1992 wurde er Schul- und Sozialdezernent beim Landkreis Stade und übernahm 1999 den Posten des Ersten Kreisrates. Seit 2006 bekleidet der parteilose Roesberg das Amt des Landrates. Er wohnt mit seiner Frau in Harsefeld.
Robert Crumbach (51) ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Das SPD-Mitglied arbeitet als Richter am Arbeitsgericht Potsdam und ist außerdem als Mitarbeiter der SPD-Fraktion im Landtag von Brandenburg tätig.
Elke Twesten (50) ist Mutter dreier Töchter und gelernte Fremdsprachensekretärin. An der Fachhochschule des Bundes machte sie ihren Abschluss als Diplom-Finanzwirtin und arbeitete bei der Zollverwaltung. Seit 2008 sitzt Twesten für die Grünen im niedersächsischen Landtag. In ihrer Fraktion ist sie für Frauen und Finanzen zuständig. Sie wohnt in Scheeßel (Kreis Rotenburg).
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