Schadensersatz des Landes nur aus Kulanz
Lühe-Flut: Anwalt sieht Haftung beim NLWKN
Vor dem Sommer soll es für die Betroffenen der Lühe-Flut keine Entschädigung vom Land geben - und dann auch nur aus Kulanz. Der für die Schließung der Fluttore am Lühe-Sperrwerk verantwortliche Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) sieht sich nach Auffassung seiner Direktorin Anne Rickmeyer nicht in der Haftung - mit der eigenwilligen Begründung, es habe sich um einen technischen Fehler gehandelt. Rickmeyers Behauptung, ihre Behörde sei rechtlich gesehen nicht schadensersatzpflichtig gegenüber den Lühe-Anwohnern, wurde bereits von Stades Landrat Kai Seefried angezweifelt. Diese Aussage der NLWKN-Chefin hat auch einen Rechtsanwalt aus der Region auf den Plan gerufen. Der Drochtersener Kommunalpolitiker Cornelius van Lessen, der als streitbarer Jurist und Mann der klaren Worte gilt, sieht den NLWKN bzw. dessen Direktorin durchaus in der Haftung, da es nach seiner Ansicht Hinweise gibt, dass eine Amtspflicht gegenüber den Geschädigten verletzt worden ist.
Wenn - wie von Rickmeyer ausgeführt - ein technischer Fehler vorliege und den Sperrwerkswärter keine Schuld treffe, dann müsse genau hingeschaut werden, an welcher Stelle die Technik versagt haben soll, so van Lessen. Für ihn ist der Hinweis der Staatsanwaltschaft, im Rahmen der Meldekette für das Lühe-Sperrwerk seien ältere Mobiltelefone eingesetzt worden, ein wichtiger Anhaltspunkt. Wie berichtet, geht der NLWKN davon aus, dass aufgrund störender Signale beim Mobilfunk die automatisierte Meldung an den Sperrwerkswärter zur Schließung der Fluttore fälschlicherweise quittiert worden sei. Der Wärter behauptet nämlich, dass nie eine entsprechende Benachrichtigung bei ihm angekommen sei.
Aus diesen Angaben schließe er, so van Lessen, dass "der NLWKN sich digitaler Hilfe bei der Überwachung des Sperrwerks bedient". Die verwendeten digitalen Geräte - sprich die Mobiltelefone - müssen aber funktionstüchtig sein. Weil aber ein solches funktionsfähiges Gerät nicht vorhanden gewesen sei bzw. zur Verfügung gestellt worden sei, könne Rickmeyer oder ein von ihr beauftragter Amtsträger haftbar gemacht werden, meint van Lessen - nach dem Motto: "Wenn das Sperrwerk schon vor Ort nicht personell überwacht wird, muss wenigstens die digitale Überwachung uneingeschränkt und störungsfrei funktionieren."
Wenig Geld für viel Verantwortung
Die Lühe-Flut im Mai vergangenen Jahres ging noch verhältnismäßig glimpflich aus. Sie ereignete sich außerhalb der klassischen Sturmflutsaison und das Wasser lief nicht so hoch auf. Doch was passiert, wenn eine schwere Sturmflut tobt und es versäumt wird, die Fluttore zu schließen? Auf den Sperrwerkswärtern des NLWKN ruht eine hohe Verantwortung für die Menschen hinter den Deichen und deren Besitz. Doch in der Bezahlung spiegelt sich diese verantwortungsvolle Aufgabe nicht wider, wie eine Stellenausschreibung des NLWKN zeigt.
Lesen Sie hier alle Artikel zum Thema "Lühe-Flut"Demnach erfolgt eine Vergütung in der Entgeltgruppe E5 nach dem Tarifvertrag für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TV-L), was rund 1.700 Euro netto bei Steuerklasse 1 bedeutet. Das ist die unterste Stufe für Beschäftigte mit einer Ausbildung. Schlechter bezahlt werden nur noch ungelernte bzw. angelernte Kräfte. Zum Vergleich: In anderen Behörden sind in dieser Entgeltgruppe oftmals Hausmeisterassistenten oder Büroboten eingestuft.
Im Gegenzug erwartet der NLWKN aber eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bereich Elektrik, Mechatronik, im nautischen Bereich oder in der Landwirtschaft. Der Besitz von Führerschein und privatem Pkw ist ebenfalls Voraussetzung. Außerdem sollten Bewerber nicht mehr als zehn Kilometer vom Lühe-Sperrwerk entfernt wohnen. Und eine weitere Voraussetzung für eine Einstellung als Sperrwerkswärter: "ein Nachweis der Schwimmbefähigung".
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