Newcomer als Fraktionschef im Stader Kreistag
Björn Protze führt jetzt die SPD-Fraktion im Kreistag / Kritik an Landrat Roesberg
jd. Stade. Ein Newcomer löst den gestandenen Funktionär ab: Björn Protze steht ab sofort an der Spitze der SPD-Kreistagsfraktion. Der Kommunalpolitiker aus Stade, der seit Herbst 2016 dem Kreistag angehört, ist von der 16-köpfigen Fraktion zum Nachfolger von Heino Baumgarten gewählt worden - laut offizieller Mitteilung "mit deutlicher Mehrheit". Baumgarten, der hauptamtlich für die SPD als Bezirksgeschäftsführer tätig ist, habe seinen Stuhl in der Mitte der Wahlperiode geräumt, um einem Jüngeren Platz zu machen, heißt es seitens der Genossen.
Mit seinen 37 Jahren gehört Protze tatsächlich zu den ganz wenigen U 40-Mandatsträgern in der Kreispolitik. Allerdings ist er dort noch nicht als "junger Wilder" in Erscheinung getreten wie der Linken-Politiker Benjamin Koch-Böhnke. Mit diesem verbindet Protze eine Freundschaft aus vergangenen Juso-Zeiten, auch wenn sie inzwischen unterschiedliche politische Ansichten vertreten. "Benny schießt mit seinen Forderungen oft über das Ziel hinaus", meint Protze, der sich für das ruhige Fahrwasser der Sozialdemokratie entschieden hat.
Eine Kursänderung ist bei den Genossen mit Protzes Amtsantritt nicht zu erwarten. So will der neue Fraktionschef auch beim aktuellen Lieblings-Reizthema des alten Juso-Kumpels "Benny" die eingeschlagene Linie beibehalten: "Die SPD hat ein klares Bekenntnis zum LNG-Terminal in Stade abgegeben und gemeinsam mit der CDU eine entsprechende Resolution eingebracht."
Auch wenn bei dem Thema LNG Einigkeit mit den Christdemokraten herrsche, so Protze: "Manchmal ist es auch wichtig, klare Kante zu zeigen und Diskussionen zuzuspitzen." Die SPD im Landkreis müsse künftig in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden. Als Beispiel nennt er den SPD-Antrag, den Elbe Kliniken einen zusätzlichen Zuschuss zu zahlen, damit diese die Kosten für die Brandwache decken können. Der Antrag sei zwar abgelehnt worden, doch die SPD habe hier klar Position bezogen.
"Das Patt zwischen dem konservativen und dem progressiven Lager im Kreistag zwingt uns bei vielen Sachthemen aber oftmals dazu, aufeinander zuzugehen und einen Konsens zu finden", meint Protze. Allerdings lehnt er jegliche Zusammenarbeit mit der AfD und ihrer Abspaltung AfS ab: "Diese Truppe, die gegen Ausländer hetzt und sich gegen Europa stellt, braucht niemand. Schon rein menschlich gesehen will ich mit diesen Leuten, deren Redebeiträge oft von einem geradezu menschenverachtenden Duktus geprägt sind, nichts zu tun haben."
Welche Themen die SPD-Fraktion unter Protzes Führung noch bis zum Ende der Wahlperiode angehen will, soll auf einer Klausurtagung geklärt werden. "Dann werden wir gemeinsam das Arbeitsprogramm festlegen", so der Fraktionschef: "Auf keinen Fall werde ich allein die Marschrichtung vorgeben." Als langjähriger Fußballer sei er es gewohnt, als Teamplayer zu agieren.
Aufgrund seines Postens als ehrenamtlicher Kassenwart des Kreissportbundes ist Protze mit dem Thema Finanzen bestens vertraut. Zwar gelten Kassenwarte gemeinhin als besonders knauserig, doch dieses Image will Protze für sich nicht gelten lassen: "Man kann öffentliche Einrichtungen auch zu Tode sparen." Die ständige Forderung gerade seitens der FWG, freiwillige Leistungen des Landkreises auf den Prüfstand zu stellen und Zuschüsse für das Natureum oder das Schloss Agathenburg zu kürzen bzw. ganz zu streichen, hält Protze für abwegig: "Dieses kulturelle Angebot trägt schließlich dazu bei, dass unser Landkreis lebenswert ist."
In dieser Hinsicht würde er sich mehr Engagement von Landrat Michael Roesberg wünschen, so der SPD-Fraktionschef: "Er ist ein guter Landrat, aber ihm fehlt der politische Gestaltungswille." Roesberg sei zu sehr Verwaltungschef. Wenn später mal gefragt werde, welche Projekte man mit Roesbergs Namen verbinde, was falle einem dann ein außer dem "Verwaltungs"-Neubau? Der 37-jährige ist zwar im Kreistag ein Neuling, aber nicht in der Kommunalpolitik. Er gehörte den Räten der Samtgemeinde Horneburg und der Gemeinde Bliedersdorf an, war dort von 2011 bis zu seinem Umzug nach Stade 2013 sogar stellvertretender Bürgermeister.
Protze ist studierter Sozialpädagoge und war in verschiedenen sozialen Einrichtungen im Landkreis tätig. Derzeit befindet er sich in Elternzeit und betreut als Hausmann seine beiden Töchter. Seine Frau Annika ist ebenfalls bei der SPD aktiv und gehörte dem Kreistag in der vergangenen Wahlperiode an. Momentan in Elternzeit
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