Urteilsbegründung liegt jetzt vor
Oberverwaltungsgericht: Stader Surfpark passt nicht in ein Industriegebiet

Der Surfpark in Stade soll ähnlich aussehen wie diese vergleichbare Anlage im englischen Bristol | Foto: The Wave Bristol
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Der Bebauungsplan für den Stader Surfpark ist unwirksam. Dieses Urteil fällte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg Anfang Oktober. Jetzt liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor. Darin monieren die Richter neben einer falschen Einschätzung hinsichtlich der negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild und einem "handwerklichen" Fehler beim nicht erfolgten Ausschluss von Bordellen als wichtigsten Punkt einen Konflikt mit den Zielen der sogenannten Raumordnung. Während sich die Kritikpunkte Landschaftsbild und Bordelle wahrscheinlich durch die Aufstellung eines entsprechend angepassten Bebauungsplans "heilen" lassen, könnte es beim Thema Anpassung an die Raumordnung schwieriger werden. Dabei geht es um die bestehende Festsetzung eines 165 Hektar großen Areals im südlichen Stader Stadtgebiet - dieses umfasst auch die zehn Hektar des geplanten Surfparks - als Vorranggebiet für die (Schwer-) Industrie. Diese Festsetzung findet sich im aktuell gültigen Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Stade. Die Vorgaben im RROP sind bindend für die weitere Bauleitplanung in den Städten und Gemeinden (Flächennutzungs- und Bebauungspläne). 

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Beeinträchtigungen des Vorranggebietes

Die Lüneburger Richter sehen einen klaren Verstoß durch die Hansestadt Stade, wenn auf den ausgewiesenen Industrieflächen ein Surfpark entstehen soll. „Die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Vorranggebiets sind substantiell“, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Richter verweisen darauf, dass das Gebiet im RROP sogar als industrieller "Premiumstandort Stade-Steinbeck" bezeichnet wird. Solche Premiumstandorte seien prädestiniert für industriellen (Groß-)Ansiedlungen. Tatsächlich gab es vor rund 20 Jahren ernsthafte Pläne, dort ein BMW-Werk anzusiedeln. Dieses Vorhaben hat sich allerdings schnell zerschlagen. Geblieben ist aber die Absicht, die Fläche als Industrieareal zu nutzen.  

Abstände müssen eingehalten werden

Doch für das OVG ist nicht nachvollziehbar, wie eine Freizeitanlage wie der Surfpark in ein solches Industriegebiet passen soll: „Mit dem Surfpark, der Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten in größerem Umfang einschließen soll, wird vielmehr eine Freizeiteinrichtung zugelassen, die einen Schutz vor Immissionen beanspruchen kann.“ Damit wäre die Nutzung der umliegenden Flächen als Industriegebiet gravierend eingeschränkt, so die Argumentation der Lüneburger Richter. Denn es gehört nun einmal zur Natur der Sache, dass Betriebe der Schwerindustrie, wie sie laut RROP im Stader Süden zugelassen sind, Lärm verursachen und für unangenehme Gerüche sorgen. Hinzu kommt, dass je nach Art der Industrieproduktion ausreichend Abstand zum Surfpark vom mehreren hundert Metern eingehalten werden müsste - als zusätzlicher Sicherheitspuffer für eventuelle Störfälle.

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Einschränkungen für die Industrie

Die Richter kommen zu dem Schluss, dass durch die Errichtung des Surfparks etwa die Hälfte des Vorranggebiets für Industrie allein durch die Abstandsgebote entfallen müsste. Das stünde aber im Widerspruch zu der Vorgabe, dass sich die sonstige Nutzung  - wie eben der Surfpark - in einem Vorranggebiet für Industrie den Belangen der Industriebetriebe unterordnen muss und deren Entwicklung nicht behindern darf, so das OVG. Doch genau dies wäre der Fall, wenn der Surfpark gebaut werden sollte. Daher sei die Schlussfolgerung der Stadt, die industrielle Entwicklung der Flächen werde durch den Surfpark nicht wesentlich eingeschränkt, falsch, heißt es aus Lüneburg. 

Falsche Einschätzung durch die Stadt

Somit liegt die Stadt mit ihrer Einschätzung, dass eine Freizeitanlage wie der Surfpark und ein Industriegebiet weitgehend problemlos zueinander passen, nach Auffassung der Lüneburger Richter grundlegend verkehrt. Offenbar hatte auch der Landkreis im Vorfeld keine Einwände gegen den jetzt für unwirksam erklärten B-Plan. "Die Stadt und der Landkreis Stade als Planungsträger waren sich vorab einig, dass das Ziel der Raumordnung (Entwicklung eines Industriegebietes) durch die Planungen zum Surfpark nicht beeinträchtigt" werden, erklärte Stades Erster Stadtrat Lars Kolk gegenüber der örtlichen Politik. Das Gericht sieht das bekanntlich anders.

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Zielabweichungsverfahren als mögliche Lösung?

Soll der Surfpark weiterhin am geplanten Standort entstehen, müssen sich die Verantwortlichen überlegen, wie sie die Kuh vom Eis bekommen. Kolk bringt hier ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren ins Spiel, um Surfpark und Industriegebiet doch noch unter einen Hut zu bekommen, indem für das Projekt Surfpark ausnahmsweise vom Ziel der Raumordnung (Industriegebiet) abgewichen wird. Das Gericht habe ein solches Verfahren als erforderlich angesehen, erklärt Kolk. Allerdings findet sich in der gesamten Urteilsbegründung kein einziger Hinweis des OVG, dass das Problem mit diesem Zielabweichungsverfahren zu lösen wäre.

Landkreis zeigt sich skeptisch

Auch der Landkreis sieht laut Pressesprecher Daniel Beneke "zunächst noch weiteren Klärungsbedarf, inwieweit ein Zielabweichungsverfahren das beste Mittel zum Heilen des vom Gericht festgestellten Verstoßes gegen Ziele der Raumordnung ist". Von der Stadt hingegen heißt es schon jetzt, dass man ein Zielabweichungsverfahren beantragen wird. "In dazu bereits mit dem Landkreis geführten Gesprächen hat dieser zugesagt, in dieser Hinsicht zu unterstützen", erklärt Stades Pressesprecher Stephan Voigt auf WOCHENBLATT-Nachfrage. Beide Aussagen passen eigentlich nicht zusammen. Zwischen Stadt und Landkreis dürfte demnach noch erheblicher Gesprächsbedarf bestehen.

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Redakteur:

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