Polizei rechnet mit Verkehrsbehinderungen
Protestaktionen der Landwirte im Kreis Stade
Der angekündigte Protest der Landwirte für die kommende Woche (8. bis 12. Januar) hat schon im Vorfeld seine Wirkung gezeigt. Die Bundesregierung ist - zumindest teilweise - zurückgerudert. Die Ampelkoalition hat ihre Entscheidung, die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge zu streichen, revidiert. Und die Agrardieselvergütung soll nun schrittweise innerhalb von drei Jahren auf Null zurückgefahren werden. Den Bauern reicht das aber nicht aus. Sie fordern grundsätzliche Änderungen in der Agrarpolitik. Die jetzigen Nachbesserungen könnten "nur ein erster Schritt" sein, so Bauern-Präsident Joachim Rukwied. Daher halten die Landwirte an den geplanten Protestaktionen fest - auch im Landkreis Stade. Am Montag, 8. Januar, soll es gleich frühmorgens losgehen: Es ist damit zu rechnen, dass überall im Kreisgebiet Bauern mit ihren Treckern unterwegs sein werden. Autofahrer sollten sich auf erhebliche Verkehrsbehinderungen einstellen.
Alle aktuellen Infos zu den Protestaktionen am Montag im Kreis Stade gibt es hier:
Züge werden nicht ausfallen
Am Montag endet der sogenannte Weihnachtsfrieden zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführer-Gewerkschaft GDL. Doch Streikmaßnahmen soll es dann noch nicht geben. Laut einer Ankündigung der GDL soll der Eisenbahner-Streik erst in der Nacht zu Mittwoch (10. Januar) ab 2 Uhr beginnen. Ein Ende ist für Freitag, 12. Januar, um 18 Uhr vorgesehen. Im Landkreis Stade wäre die Strecke nach Hamburg betroffen. Dort verkehren die S-Bahnen und Züge von Start Unterelbe. Beide Unternehmen sind Bahntöchter.
Schlepper sind im gesamten Kreisgebiet unterwegs
Wo genau sich die Landwirte im Landkreis Stade mit ihren Schleppern auf den Weg machen, sei auch ihm nicht bekannt, erklärt der Stader Landvolk-Geschäftsführer Christoph Wilkens. Es werde wohl ein paar größere Konvois geben, aber es könne durchaus sein, dass sich auch mal drei, vier oder fünf Schlepper zu kleineren Protestfahrten zusammenfinden. Wilkens rechnet damit, dass im gesamten Kreisgebiet Traktoren auf Achse sein werden. Hinzu kommt, dass bereits andere Branchen angekündigt haben, sich dem Protest anzuschließen. "Vielleicht sind ja auch Landmaschinenhändler, Futtermittelfirmen oder Spediteure mit eigenen Fahrzeugen dabei", meint Wilkens.
Konvoi rollt über die B73 nach Hamburg
Fest steht auf jeden Fall, dass Landwirte aus der Region mit ihren Treckern über die B73 nach Hamburg fahren werden. Diese Fahrt ist auch bei den Behörden angemeldet. Es werde "eine Schlepper-Demo im Großraum Hamburg geben. Dazu gehören auch Jork, Buxtehude, Neu Wulmstorf, Harburg und Hamburg City", teilt der Landvolkverband mit. Gefahren werde nur auf Kreis-, Land- und Bundesstraßen. "Der Verkehr soll beruhigt werden, d.h. wir fahren langsam und entschleunigen. Blockaden und/oder Befahren von Autobahnen sind dabei nicht gestattet", heißt es weiter in der Landvolk-Info.
Geplant ist, dass sich die Landwirte am Montag in aller Frühe auf der B73 bei Agathenburg treffen. Sammelpunkt ist die Strecke zwischen Kreisel B73/L111/K30 und Agathenburg. Von dort sollen drei Konvois in halbstündlichem Takt in Richtung Hamburg starten. Die Abfahrten sind für 5.30 Uhr, 6 Uhr und 6.30 Uhr vorgesehen. Die Trecker werden auf der B73 aber nicht nur in Richtung Hamburg rollen: In Cuxhaven soll um 8 Uhr eine Kolonne mit dem Ziel Stade losfahren. Eine interaktive Karte mit angemeldeten Versammlungsrouten ist unter anderem auf der Homepage der Polizei Hamburg (www.polizei.hamburg/-verkehrshinweis--688668) zu finden.
Harsefelder Landfrauen bilden Menschenkette
Die Landwirte aus dem Stader Südkreis wollen sich am Montagmorgen ebenfalls auf den Weg nach Hamburg machen. Um 8 Uhr treffen sich die Bauern mit ihren Schleppern in Ahlerstedt. Von dort geht es weiter nach Harsefeld, sich die Landwirte bis 8.30 Uhr sammeln. Die Kolonne will dann über Hedendorf zur B73 und weiter nach Hamburg fahren. Die Landfrauen in der Region zeigen ebenfalls solidarisch: Sie organisieren um 9 Uhr auf dem "Roten Platz" (Kreisel Herrenstraße/Friedrich-Huth-Straße/Marktstraße) eine Menschenkette.
Schule soll nicht ausfallen
Zunächst hieß es, dass wegen des Bauernprotests am Montag womöglich auch die Schule ausfallen könnte. Hintergrund der Überlegungen: Der Schulbusverkehr wäre wegen der blockierten Straßen nicht gewährleistet. Die Landkreise dürfen von sich aus aber nur wetterbedingte Schulausfälle anordnen. Daher muss eine Abstimmung mit der Landesschulbehörde erfolgen. Aus dem Stader Kreishaus heißt es, dass "die Schülerbeförderung nach derzeitigem Kenntnisstand wie geplant" stattfinde. Es könne aber zu Verspätungen bei den Abfahrten der Schulbusse und zu längeren Fahrtzeiten kommen.
„Eine Grundlage für einen flächendeckenden Ausfall des Präsenzunterrichts im Landkreis Stade sehen wir aktuell nicht“, erklärt der Erste Kreisrat Thorsten Heinze. „Eine akute Gefährdungslage entsprechend der gültigen Erlasslage des Kultusministeriums für eine Anordnung des Ausfalls der Schülerbeförderung – wie sie etwa bei Blitzeis vorliegen würde – ist nicht zu erwarten.“
Verzögerungen beim Busverkehr
Die KVG warnt auf ihrer Homepage bereits vor Verzögerungen im Linienbusverkehr: Wegen der "Treckerdemos der Landwirte" könne es "zu hohen Verspätungen und Ausfällen in unserem gesamten Verkehrsgebiet kommen", heißt es auf der KVG-Homepage.
Demo beim IHK-Empfang in Stade
Die Landwirte haben für die gesamte kommende Woche Proteste angekündigt. So soll es am Dienstag, 9. Januar, Aktionen des Landvolks im gesamten Kreisgebiet geben. Genaue Strecken sind nicht bekannt. Zentraler Anlaufpunkt wird Stade sein, wo eine Protestfahrt mit Treckern anmeldet ist. Es stehen auch Pläne im Raum, den IHK-Neujahrsempfang im Stadeum zu "besuchen", um dort Äpfel und Infomaterial zu verteilen. Dort ist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Gastrednerin.
Keine Haushaltslöcher auf Kosten der Bauern stopfen
Auch Kreislandwirt Johann Knabbe will sich am Montagmorgen in seinen Schlepper setzen und mitfahren. "Mal sehen, in welcher Kolonne ich mich dann wiederfinde." Es hält es für richtig, die geplanten Protestaktionen durchzuführen, auch wenn Berlin jetzt Zugeständnisse gemacht hat. "Dieses Taktieren der Ampel kommt bei uns Landwirten nicht gut an." Die Regierung habe den Bauern umgerechnet ein ganzes Monatsgehalt wegnehmen wollen, weil sie nicht in der Lage sei, gesetzeskonform zu haushalten, und nun Haushaltslöcher stopfen müsse. Die schwierige Lage der deutschen Landwirtschaft - gerade in Hinblick auf die Subventionierung des Agrarsektors in anderen EU-Ländern wie Frankreich und den dadurch bedingten Wettbewerbsverzerrungen - sei hinlänglich bekannt, so Knabbe. "Ich will hier jetzt gar nicht wieder alle Ungleichbehandlungen aufzählen." Die angekündigten Streichungen der Steuerbefreiung und der Agrardieselvergütung hätten aber das Fass zum Überlaufen gebracht.
Polizei setzt auf Deeskalation
Knabbe geht davon aus, dass die Protestaktionen friedlich verlaufen werden. "Wir Landwirte wollen keinen Krawall machen." Auch der Treckerkonvoi auf der B73 soll so organisiert werden, dass zwischen den Schlepperkolonnen immer genügend Platz für andere Autos ist. Laut Stades Polizei-Sprecher Rainer Bohmbach könnte es aber durchaus sein, dass sich die Landwirte an einigen neuralgischen Punkten im Kreisgebiet postieren werden, um den Verkehr zu blockieren. Die Polizei setzt aber auf Deeskalation. "Wir bitten die Autofahrer, sich in Geduld zu üben, wenn Straßen oder Kreuzungen blockiert sind", sagt Bohmbach. Sein Appell an beide Seiten: "Bitte gelassen reagieren und sich nicht zu Provokationen hinreißen lassen." Der Polizei-Sprecher rät allen Berufspendlern, sich auf Verzögerungen auf dem Weg zur Arbeit einzustellen und deutlich früher als sonst loszufahren. Wer die Möglichkeit hat, sollte Homeoffice machen.
Hinweise der Polizei anlässlich der Bauernproteste
Die Polizeidirektion Lüneburg - in deren Zuständigkeitsbereich liegt auch der Landkreis Stade - hat anlässlich der geplanten Protestaktionen Hinweise sowohl an die demonstrierenden Landwirte als auch an die Bürger veröffentlicht:
Hinweise an die protestierenden Landwirte
"Bitte bewegen Sie sich bei Ihren Meinungskundgebungen im rechtlich zulässigen Rahmen und vermeiden Sie Gefahrensituationen für Unbeteiligte. Bitte bedenken Sie: Ein spontanes Auffahren auf eine Autobahn mit landwirtschaftlichen Zugmaschinen kann zu erheblichen Gefahrensituationen führen, die schwerste Verkehrsunfälle zur Folge haben können. Durch die Schaffung entsprechender Gefahrensituationen können Straftatbestände wie ein "Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr" oder eine "Nötigung" erfüllt sein, was strafrechtliche Konsequenzen zur Folge hätte.
Halten Sie die Anschlussstellen frei, um einen Rückstau auf Autobahnen zu vermeiden. Ferner ist die Nutzung der Bundesautobahn im Rahmen einer Versammlung nach Rechtsprechung des OVG Lüneburg nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich. Hinweise zu landwirtschaftlichen Fahrzeugen auf Autobahnen werden zudem an die Führerscheinstellen übermittelt. Bei Zusammenkünften von beispielsweise mehreren Traktoren aus unterschiedlichen Regionen wird ein gewisser Planungsaufwand angenommen, der zur Folge hat, dass es sich hier um keine Spontanversammlung handeln kann und diese im Voraus bei der zuständigen Versammlungsbehörde angezeigt werden müssen. Bei Nichtbeachtung ist mit der Einleitung von Bußgeldverfahren zu rechnen."
Hinweise an die Bürger und Verkehrsteilnehmer
"Alle Verkehrsteilnehmenden haben am kommenden Montag mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen. Prüfen Sie bitte genau, ob Sie Ihren Weg zur Arbeit, zur Schule, zum Kindergarten oder zur täglichen Versorgung zwingend mit dem Auto antreten müssen. Wenn ja, stellen Sie sich auf erhebliche Verzögerungen und Wartezeiten ein und verhalten Sie sich aus Rücksicht auf Ihre Mitmenschen geduldig. Trotz der besonderen Umstände gelten weiterhin alle Verkehrsregeln und das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Die Polizeidirektion Lüneburg ist mit allen verfügbaren Kräften für die möglichst reibungslose Durchführung der Versammlung sowie die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden im Einsatz und bittet alle Beteiligten um einen respektvollen Umgang miteinander."
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