Was soll der Jubel über die Vermarktungspause?
Scheinheilige LNG-Aussage von Grünen-Minister Meyer
Genau vor einem Jahr ließ sich Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) von der versammelten Presse vor dem damals gerade fertiggestellten neuen Energiehafen in Stade ablichten. Dieser Hafen für den Import verflüssigter Gase war von der landeseigenen Hafengesellschaft NPorts in Rekordzeit errichtet worden, damit dort das schwimmende LNG-Terminal andocken kann. Das Spezialschiff "Energos Force", das verflüssigtes LNG regasifiziert, liegt zwar seit dem Frühjahr im Stader Energiehafen, hat aber noch keinen einzigen Kubikmeter Gas ins Netz eingespeist, da sich Restarbeiten an der Terminal-Infrastruktur weiter verzögern. Die Betreiber- und Vermarktungsgesellschaft Deutsche Energy Terminal (DET) hatte angekündigt, man rechne mit einer Inbetriebnahme des schwimmenden Terminals noch in diesem Jahr. Doch das wird wohl nicht mehr klappen. Wenn es nach Meyer geht, soll womöglich gar kein LNG in Stade umgeschlagen werden.
Vermarktungspause für drei Monate
Denn anders lassen sich Meyers Aussagen am Rande des niedersächsischen Grünen-Wahlparteitages am Samstag in Hannover kaum interpretieren. Dort sprach sich der Minister gegen die Schaffung weiterer LNG-Kapazitäten aus. Mehrere Medien, darunter der NDR, zitieren ihn mit den Worten "Ich sage, jetzt reicht es auch." Die Kapazitäten für den LNG-Import seien ausreichend. Hintergrund ist die Ankündigung der bundeseigenen DET, über das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven im ersten Quartal 2025 kein weiteres aus LNG gewonnenes Gas ins Netz einzuspeisen. Die Kapazitäten des Terminals werden in diesem Zeitraum laut DET nicht vermarktet. Gerüchten zufolge sollen die Gebühren zu hoch sein, um das Gas derzeit zu auskömmlichen Preisen auf dem Markt platzieren zu können. Das wird aber nicht von offiziellen Stellen bestätigt. Ein anderer möglicher Grund könnte sein, dass die Gasspeicher im Moment mit einem Füllstand von 84 Prozent ausreichend gefüllt sind.
LNG ist bis 2043 genehmigt
Meyer bezeichnete den dreimonatigen Lieferstopp für das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven als "gut für die Umwelt und gut fürs Klima, weil wir ja langfristig rauswollen aus fossiler Versorgung und uns mit erneuerbaren Energien versorgen wollen". Zu Wahrheit gehört aber auch, dass die auf zehn Jahre gepachteten schwimmenden Terminals gar nicht in der Lage sind, klimafreundliche "grüne" Gase zu verarbeiten. Zudem hat das landseitige Stader Terminal, dessen Bau in diesem Jahr begonnen hat, eine bis Ende 2043 laufende Genehmigung, die Anlage mit verflüssigtem Erdgas zu betreiben. Erst danach besteht die Pflicht, auf umweltfreundliche Gase umzusteigen. Meyers Frohlocken über das dreimonatige Aussetzen der LNG-Vermarktung klingt angesichts dieser Tatsachen doch ein wenig heuchlerisch.
Kommentar:Symbolpolitik statt Pragmatismus
Der Fall des seit einem Jahr ungenutzten Stader Energiehafens und das Gerede von Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer zeigen mal wieder, dass Symbolpolitik in diesem Land wichtiger ist, als echte Herausforderungen zu bewältigen. Da liegt ein hochmodernes LNG-Spezialschiff am Kai, während Meyer triumphierend verkündet: "Jetzt reicht es auch" mit dem LNG-Ausbau. Angesichts des globalen Wettlaufs um Energiesicherheit und der nach wie vor wackeligen Versorgungssituation in Europa wirkt diese Haltung realitätsfern.
Natürlich ist der Ausbau erneuerbarer Energien essenziell – aber dies erfordert Zeit, Infrastruktur und Geld. LNG-Importe sind keine perfekte Lösung, aber sie sind momentan ein wichtiger Baustein für die Energiesicherheit. Meyers vermeintlicher Erfolg über drei Monate Lieferstopp klingt hohl, wenn man bedenkt, dass die Terminals wohl noch bis 2043 fossiles Erdgas verarbeiten dürfen. Der Minister hat eigentlich nur eine grüne Nebelkerze gezündet.
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