Nach Kita-Brandbriefen aus Stade
SPD-Politikerin verweist auf Gesetzentwurf zu flexiblerer Personalplanung
Der Personalmangel in den Kindergärten wird zu einem immer größeren Problem. Die dramatische Situation in vielen Kitas war zuletzt Thema von drei Brandbriefen, die Stader Kita-Leitungen und Elternvertreter sowie die Bürgermeister aus dem Landkreis Stade an die niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) geschickt haben. Darin wird ein Vorschlag unterbreitet, wie sich Einschränkungen bei der Kita-Betreuung durch eine konkrete personelle Maßnahme verhindern lassen: Sozialpädagogische Assistenzkräfte sollen auch in Kernzeiten einspringen dürfen, wenn in einer Einrichtung wegen des Fachkräftemangels oder aus Krankheitsgründen Erzieher fehlen. Damit rennen die Verfasser der Brandbriefe offene Türen bei der rot-grünen Koalition ein. Denn ein entsprechender Gesetzesentwurf ist in den Faktionen von SPD und Grünen bereits in Arbeit.
Mehr Flexibilität ermöglichen
Auf die geplante Reform des niedersächsischen Kindertagesstättengesetzes (NKiTaG) weist die SPD-Landespolitikerin Corinna Lange aus Fredenbeck hin. Ziel sei es, den Einrichtungen generell mehr Flexibilität bei der Personalplanung zu ermöglichen, um in Zeiten des Fachkräftemangels verlässliche Betreuungsangebote zu schaffen, so die direkt gewählte Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Stade. So soll es künftig möglich sein, Vertretungen von Regelkräften zeitlich zu erweitern. Unter bestimmten Voraussetzungen soll auch die Vorgabe entfallen, dass in Krippengruppen eine dritte Kraft eingesetzt werden muss.
Einsatz von erfahrenen Assistenzkräften
"Fehlende Fachkräfte sind aktuell die größte Herausforderung für die Kindertagesbetreuung in Niedersachsen", sagt Lange, die Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion für frühkindliche Bildung ist. "Wir haben mit den pädagogischen Fachkräften, Trägern und Kommunen gesprochen und die Bedarfe erkannt."
Drei Punkte seien besonders hervorzuheben, so Lange: Zum ersten können pädagogische Assistenzkräfte mit einschlägiger Berufserfahrung laut Gesetzentwurf ab August als Gruppenleitungen eingesetzt werden, wenn sie sich in einer entsprechenden Qualifikationsmaßnahme befinden. In der Praxis gebe es oft sehr erfahrene Assistenzkräfte, die durchaus auch in der Lage seien, eine Kindergartengruppe zu leiten. Geeignete Personen sollen die Kita-Leitungen und Träger künftig selbst bestimmen.
"Zweitens haben wir uns dafür eingesetzt, dass die pädagogischen Assistenzkräfte, die künftig eine Kita-Gruppe leiten dürfen, durch den Bestandsschutz dies auch über das Jahr 2030 hinaus machen dürfen", so Lange. Das sei der logische Schritt, verantwortungsbewusst mit diesen Fachkräften umzugehen. Als dritten Punkt nennt sie eine "angepasste Vertretungsregelung". Künftig soll es möglich sein, eine Vertretungskraft bei einer Vier-Gruppen-Kita fest als Vollzeitbeschäftigte anzustellen. "Somit lassen sich zum einen besser die benötigten Betreuungskräfte finden und zum anderen gibt dieser Schritt den Vertretungskräften die nötige berufliche Sicherheit", meint die SPD-Politikerin.
Das sind die Pläne im Einzelnen:
● Bis 31. Juli 2030 kann in Kindergartengruppen, Hortgruppen und altersstufenüber-greifenden Gruppen bei Fachkräftemangel anstelle einer pädagogischen Fachkraft eine pädagogische Assistenzkraft regelmäßig tätig sein. Voraussetzung dafür ist, dass die pädagogische Assistenzkraft über einschlägige Berufserfahrung im Umfang von mindestens fünf bzw. zehn Jahren verfügt und eine spezifische Weiterbildungsmaßnahme absolviert.
Der Einsatz dieser Kräfte ist auch direkt von Beginn der Qualifikationsmaßnahme an möglich, theoretisch also bereits vom kommenden Kita- bzw. Schuljahr an. Die pädagogischen Assistenzkräfte in Weiterbildung können auch als Gruppenleitung eingesetzt werden.
● In Randzeiten können bei Fachkräftemangel weiterhin zwei Assistenzkräfte anstelle pädagogischer Fachkräfte eingesetzt werden. Die hierzu vorübergehend bis Mitte 2025 geltende Regelung wird um ein Jahr bis 31. Juli 2026 verlängert. Außerdem ist es ebenso bis zu diesem Datum vor und nach den Kern- und Randzeiten ausreichend, wenn eine Gruppe von Kindern älter als drei Jahre von einer pädagogischen Assistenzkraft und einer sonstigen geeigneten Person gleichzeitig beaufsichtigt wird. Voraussetzung ist hier aber, dass in der Kita eine weitere pädagogische Kraft bei Bedarf zur Verfügung steht.
● Bei unvorhergesehener Abwesenheit einer erforderlichen Regelkraft kann an fünf statt bisher drei Tagen je Kalendermonat und Gruppe eine Vertretung durch eine sonstige geeignete Person erfolgen. Diese Regelung gilt vorübergehend bis zum 31. Juli 2026. Somit kann ein Viertel der Betreuungstage vertreten werden; das Vorhalten einer Kraft ermöglicht so in einer Vier-Gruppen-Kita theoretisch die Vertretung während eines ganzen Monats.
● Bei anhaltendem Fachkräftemangel kann bis zum 31. Juli 2026 von der ansonsten verpflichtenden dritten Kraft in Krippengruppen abgesehen werden. Der Einsatz dritter Kräfte in diesen Gruppen wird nicht weiter verschoben, viele Träger setzen die dritte Kraft in Gruppen mit Kindern jünger als drei Jahre längst sein. Weil es in einigen Regionen Fachkräfte aber schlicht nicht gibt, sollen Ausnahmen möglich sein.
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